Liebe Mause,
ich verstehe dich sehr gut. Ich habe diese Gedanken auch gehabt, als meine Mama erkrankt war. Auch ich wollte gern über das Leben sprechen, als die Diagnose noch recht frisch war. Ich wünschte mir, daß sie das Leben genießt! Und doch kam das Thema Tod immer wieder vor. Manchmal war sie selbst genervt von dem Thema Krebs, doch das ließ sich nun mal nicht ausblenden. Ich habe mich ihren Wünschen und ihrem Tempo angepaßt. Einmal saßen wir, nach einem sehr anstrengenden Arbeitstag für mich, gemütlich beim essen, es lief fast fröhliche Musik, ich war erschöpft und fing gerade an, mich etwas zu entspannen. Sie begann, mich nach einem Hospiz zu befragen, was ich darüber wüßte. Mir ist fast der Bissen im Halse stecken geblieben. Es war so makaber, in dieser Stimmung. Ich habe all meine Kraft zusammengenommen, und bin auf ihre Fragen eingegangen. Hätte ich das nicht getan, hätte ich ihr die Möglichkeit genommen, über das zu sprechen, was ihr wichtig ist, im Falle eines Falles. Was ich ihr erzählen konnte, hat sie sehr beruhigt.
Auch ich war manchmal traurig, so wie du, daß sie scheinbar das Leben nicht so genießen konnte, die guten Seiten daran. Es war alles ein wenig mit Wehmut und vielen Fragezeichen behaftet. Ich hatte aber den Eindruck, wenn wir ausgiebig darüber gesprochen hatten, daß sie sich entspannen konnte, und dann die glücklichen Momente besser genießen.
Wir haben viele gute, liebevolle, ernste und fröhliche Gespräche gehabt in dieser Zeit. Keines davon möchte ich missen. Unsere Offenheit miteinander und ihr Vertrauen haben mich sehr glücklich gemacht. Ich wußte und spürte einfach, was sie brauchte, und was ihr wichtig war.
Warum erzähle ich dir das alles? Um dir Mut zu machen.
Liebe Mause, du schaffst das. Zusammen mit deiner Mama. Ich wünsche ihr und dir, daß es ihr nach der Chemo besser geht, sie ihren Lebenswillen wiederfindet, und ihr ganz viele schöne Dinge zusammen erleben könnt.
Fühl dich umarmt

Blume