Thema: Myriam
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Alt 25.06.2009, 16:23
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HelmutL HelmutL ist offline
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Daumen hoch AW: Myriam

Normalität.

Was ist eigentlich normal? Normal ist alles, was der Norm entspricht. Welcher Norm? Wer hat die festgelegt? Gibt es überhaupt eine Norm für das Leben?

Normal im Leben sind doch eigentlich nur 3 Dinge: die Geburt, die Zeit dazwischen und der Tod.

Die Geburt, meist geht alles glatt, der kleine Mensch ist gesund und munter, Mama und Papa auch. Jedoch kann bereits hier schon was schieflaufen, bzw. bereits vorher zwischen Befruchtung und und Geburt. Wo ist da eine Norm?

Der Tod, das Ende unseres irdischen Lebens, der Körper stirbt. Manchmal ganz schnell und schmerzlos, manchmal verbunden mit jahrelangen Kämpfen und Schmerzen. Mal früher, mal später. Wo ist da eine Norm?

Die Zeit dazwischen, manchmal schön und erfüllt, manchmal mehr schlecht als recht. Ich hatte das Glück, wenigstens einen Teil dieser Zwischenzeit mehr recht als schlecht erleben zu dürfen. Zusammen mit meiner Frau, meinen Kindern. Jedoch auch da gibt es Höhen und Tiefen, wobei halt die Höhen überwiegen. Nur deshalb erhält die Summe dieser Zeit ein positives Vorzeichen. Bei vielen anderen ist das nicht so, da ist die Summe negativ. Dieser Teil ist jedoch nicht das ganze Leben Es gibt noch einen Teil davor und, in meinem Falle, ein drittes Teil. Ob das ganze Leben positiv verlief wird sich also erst bei meinem Tod berechnen lassen.

Die Zeit dazwischen, sie kann kurz sein oder lang. In manchen Fällen gibt es sie erst garnicht. Ein Mass für die Schönheit des Lebens ist die Differenz zwischen allen Höhen und Tiefen. Was natürlich auch nicht unmassgeblich beeinflusst wird vom sozialen Status, in den man hineingeboren wird. Das muss natürlich nicht heissen, das das Leben automatisch schön verläuft, nur weil man einen hohen sozialen Status als Vorgabe erwischt hat, oder umgekehrt. Ist z.B. die Abwesenheit von Krieg seit über 50 Jahren normal für Europa? Eher die Ausnahme.

Die Zeit dazwischen, da gibt es keine Norm. Bereits die Vorgaben für das Leben des Einzelnen sind zu unterschiedlich und die Umstände, du zu seinem Tod führen, erst recht.

Es gibt also keine Norm für das Leben? Doch, ich behaupte, dass es eine solche gibt. Alles, was im Leben passieren kann, ist normal. Unterschiedlich vielleicht die Häufigkeit mit der es eintritt. Die Norm ist also, dass alles, was passieren kann auch irgendwann irgendwo passiert.

Es ist also normal, wenn wir so lange trauern, so lange brauchen um in's "normale" Leben (das es ja so nicht gibt) zurück zu finden. Es ist normal, dass viele andere das nicht verstehen. Es ist normal, dass Freunde das Interesse verlieren. Es ist normal, neue Freunde zu finden. Es ist normal, dass Menschen Fehler machen. Und, nicht zuletzt, es ist normal, dass einige diese schreckliche Krankheit überwinden und andere durch sie einen schrecklichen Tod sterben müssen.

Die Summe des Lebens lässt sich nicht errechnen, hat auch nichts mit der Anzahl an Jahren zu tun. Eine Mutter, deren Sohn im Alter von 20 Jahren verstarb, sagte mir mal: "Er hatte so ein erfülltes Leben, hat soviel Schönes erlebt, wie andere in 100 Jahren nicht."

Die Summe des Lebens ist das, was jeder für sich mit Hilfe seiner Vorgaben ereicht hat, was er daraus gemacht hat. Die Summe des Lebens liegt in der Erinnerung, die wir als Zurückgebliebene aufrechterhalten. Der Mensch ist erst dann wirklich verstorben, wenn niemand sich mehr an ihn erinnert.

Wir sind normal.


Alles Liebe

Helmut
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