Wie gehts weiter?
Hallo Dagi,
den ersten Tumor hatte er schon 1995, damals wurde Astrozytom II diagnostiziert. Die erste OP hat er recht gut verdaut, damals gab es auch nur kleine bleibende Schäden. Dann war 6 Jahre Ruhe bis dieses Scheißding wiederkam. Astro III hieß es dann. Die zweite OP war schwerer, es blieben massive Bewegungstörungen im Arm und der Bewegungsverlust der Hand. Probleme beim Gehen hatte er auch, mit viel Krankengymnastik haben wir´s wieder hingekriegt. Kaum 1 1/2 Jahre später war er wieder da, diesmal ging man von einem bösartigen Tumor aus. Es wurde bestrahlt, darauf hat er sehr gut angesprochen. Der Tumor hatte sich soweit verkleinert das noch mal operiert werden konnte. Von dieser OP hat er sich nicht mehr erholt. Richig laufen konnte er nicht mehr, nur ganz kurze Wege und auch nur wenn ich ihn am Arm gehalten habe. Die meiste Zeit war er im Rollstuhl unterwegs. Er hatte mir am 2.Weihnachtsfeiertag einen Heiratsantrag gemacht, die Hochzeit sollte am 04.07. stattfinden. Er wurde für 2 Tage von der Rehaklinik beurlaubt und wir haben standesamtlich geheiratet. Ich hatte immer noch Hoffnung das er wieder gesund wird, sonst hätte ich ihn nicht geheiratet. Aber es war eine merkwürdige Feier, viele Bekannte hatten ihn länger nicht gesehen und man merkte ihnen an wie erschrocken sie waren. Ich glaube ich war ziemlich blind in der Zeit - ich habe die ZEichen einfach nicht gesehen. Seinen schlechten Allgemeinzustand habe ich auf die Medikamentenumstellung vom Krankenhaus zur Rehaklinik geschoben. Ich habe dann eine Woche nach der Hochzeit einen Termin beim Chefarzt bekommen und wollte mit ihm über die Medikamente reden. Ich bin gar nicht zu Wort gekommen, er ging gleich mit den neusten CT Bildern zum "Schaukasten" und sagte: Sehen sie hier, wir haben 3 neue Tumore gefunden. Dabei haben wir nur ein CT gemacht, ich gehe davon aus das wir auf einem MRT noch mehr finden würden.
Tja, das war´s dann. Todesurteil. Meine Welt ist zerbrochen.
Zum Glück durfte er in der Rehaklinik bleiben, ich glaube seine private Zusatzversicherung hat das möglich gemacht. Ich hatte kurz überlegt ihn nach Hause zu holen, habe es mir aber nicht zugetraut. Rückblickend bin ich froh das ich´s nicht gemacht habe, es hätte mich sicher überfordert.
Die Auf und Ab´s kenne ich auch, zumindest am Anfang gabs auch mal Phasen in denen es ihm besser ging. Dann hatte er mehrere Tage hohes Fieber, die Ärzte meinten wir sollten uns auf das Ende einstellen. Aber zur Verblüffung der Ärzte hat er sich wieder berappelt, es ging ihm zeitweise richtig gut. Aber dann ging der körperliche Verfall sehr schnell. Ich denke es ging so schnell weil er mehrere Tumore hatte. Ein Tumor hat wohl auf das Atemzentrum gedrückt und so hat er am 03.08. aufgehört zu atmen. In der ersten Zeit nach seinem Tod gab´s natürlich erst mal eine Menge Papierkram zu erledigen. Und auch die Angst kam: schaffe ich das alles, wie soll´s weitergehen? Wir haben ´97 ein Haus gebaut, natürlich ist es noch nicht abbezahlt. Dank zweier Lebensversicherungen kann ich es mir leisten darin wohnen zu bleiben. In der ersten Woche nach seinem Tod konnte ich nicht zu Hause sein, in der Zweiten Woche habe ich auf der Terasse geschlafen, in unserem Bett hab ich es nicht ausgehalten! Aber mit der Zeit gings besser, ich habe mich einigermaßen zurecht gefunden. Aber die Traurigkeit bleibt, tief drinnen, ich möchte meine Gefühle auch nicht mit jedermann teilen. Verstehen kann das eh nur jemand der auch so einen Verlust erlebt hat. Heute habe ich manchmal Angst vor der Zukunft, vor allem ob ichs finanziell packen werde. Es ist ein ganz neues Leben, ich muß mich plötzlich um alles selber kümmern, früher konnte ich schwierige Dinge auf Matti abschieben, heute geht das leider nicht mehr. Es ist gut wenn du dir heute schon Gedanken machst wie die Zukunft aussehen wird. Der Schock betäubt eine Weile aber dann muß es halt weitergehen.
Wir haben leider selten über seine Krankheit und den Tod gespochen, und wenn habe ich immer gedacht, wenn er nicht mehr da ist will ich auch nicht mehr leben. Aber es stirbt sich nicht so leicht, dazu gehört auch eine Menge Mut. Den hatte ich nicht, also muß ich zusehen wie ich mein Leben wieder in den Griff bekomme. Ich verfolge deine Einträge schon sehr lange und glaube fast euch beide zu kennen. Es ist ein bischen wie bei einer Daily-Soap im Fernsehen ;- ), ich bin immer gespannt was es neues bei euch gibt. Du hast ja nicht nur deinen Mann der dir Sorgen macht sondern auch noch jede Menge anderer Probleme. Ich hoffe du hälst durch und wünsche dir von Herzen alles Liebe, viel Mut und viel, viel Kraft.
Heike
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