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Zitat von Wassertropfen
Hallo,
ich bin neu hier  Ich habe mich hier angemeldet, da ich mit der Krankheit meiner Mutter sehr schwer umgehen kann. Vor einem dreiviertel Jahr wurde bei meiner Mutter Lungenkrebs festgestellt. Ihr wurden die beiden linken Lungenlappen erfolgreich entfernt und nach der OP ging es ihr auch wieder ziemlich gut. Der Tumor wurde durch einen Zufall entdeckt. Zum Glück, sonst hätte sie keine großen Chancen mehr gehabt, wenn es zwei Monate später gefunden wurden wäre. Nach der OP wurde sofort mit einer Chemo bei ihr begonnen. In diesem Zeitraum ging es ihr sehr schlecht, sogar leichte Depressionen hatten sich eingestellt, da sie ein sehr Bewegungs- und Unternehmungsfreudiger Mensch ist, der es hasst im Bett zu liegen oder zu Hause rum zu sitzen. Kurz vor Weihnachten war dann die Chemo vorbei und es ging langsam bergauf. Bei den Untersuchungen war alles ok, es wurde nichts mehr gefunden oder festgestellt, was den Heilungsprozess belasten würde. Nun musste sie im April wieder zur Untersuchung, wo ein zu großer oder angeschwollener Lymphknoten in der Nähe der Lunge gefunden wurde. Nun hat sie endlich morgen einen Termin zum PET und wartet gespannt auf das Ergebnis und hofft, dass es nichts mit dem krebs zu tun hat. Die Ärzte meinten das die Chance 50 zu 50 % steht, dass es etwas mit dem Krebs zu tun hat.
Mein Problem ist, dass sie und mein Vater sich deswegen total fertig machen. Ich mache mir selbstverständlich auch meine Gedanken darüber, ob es etwas schlechtes ist und hoffe, dass es nur falscher Alarm war. Aber ich kann und will nicht ständig darüber nachdenken und reden, dazu kommt, dass ich mich auch auf eine große Prüfung vorbereiten muss und aufgrund dessen kaum den Kopf frei bekomme. Meine Eltern wollen viel darüber reden, was ja eigentlich auch gut ist sich das ganze von der Seele zu reden, aber mich belastet es zunehmend, dass ich dadurch nicht die Zeit für mich finde. Ich kann mich nicht so richtig ausdrücken, wie ich es beschreiben soll und vielleicht klingt es auch egoistisch, aber ich kann es ihnen auch nicht so sagen, wie ich es gerade geschrieben habe, das würde sie momentan verletzen  das will ich nicht.
Könnt ihr mich ein bisschen verstehen und eventuell Ratschläge geben wie ich besser damit umgehen kann? Habt ihr das selber erlebt, von solch einer Situation überfordert und vielleicht auch mal genervt zu sein? Ich fühle mich so schlecht deswegen.
Ich höre meinen Eltern gern zu und bin auch immer für sie da, aber ich habe das Gefühl, dass ich zu viel ab und zu da bin und mein Leben auf der Strecke bleiben könnte (man kling ich egoistisch). Ein kurzes Beispiel: Ich wollte vor ein paar Tagen eine kleine Pause nach dem Lernen machen und für eine Stunde abspannen um Luft zu holen. Meine Mama kam kurz vorbei um sich etwas abzuholen. Aus dem kurz wurde ziemlich lang, ich habe ihr wieder zugehört, mit ihr geredet, ihr Hoffnung gemacht und versucht ihr gut zu zureden, dass sie erstmal die Ergebnisse abwarten soll. Obwohl ich mir denken kann, dass sie Angst hat, dass alles wieder von vorn los geht. Ich auch! Ich wollte dann vom Thema ablenken, um sie auf andere Gedanken zu bringen, aber sofort waren wir wieder bei der Krankheit angelangt. Als sie dann wieder weg war, war ich dann sogar ein bisschen erleichtert. Ich fühl mich total mies.
Bitte helft mir.
LG
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Hallo Wassertropfen!
Im Moment schiebst Du merklich die Gedanken an ein Rezidiv von Dir weg. Das Verhalten ist normal. Gerade als Angehöriger. Man fängt erst wieder an, sich ausführlicher mit dem Thema zu beschäftigen, wenn man es schwarz auf weiß hat. Vorher gilt noch die Strategie, alles was ich nicht belegt bekomme, ist nicht existent.
Der Betroffene ist natürlich in Panik. Auch das Verhalten ist vollkommen normal. Der eine verbalisiert seine Panik, der nächste verhüllt sich in Schweigen.
Deine Mutter bzw. Deine Eltern als Betroffene suchen sich selbst verständlich ein Ventil. Deiner Mutter tut es bestimmt gut drüber zu quatschen. Sie redet im Augenblick über für Dich ungelegte Eier. Du versuchst die Thematik so gut wie es geht zu verdrängen.
Hier treffen zwei vollkommen unterschiedliche Verarbeitungstypen aufeinander. Für Deine Mutter befreiend, für Dich belastend.
Ich war Angehörige und bin nun wieder im Strudel drin. Glaub mir, ich genieße auch die Zeit, wo ich mich nicht mit dem Thema beschäftigen brauche. Diese Zeit braucht man auch für sich! Um neue Kraft zu tanken und um bereit zu sein, für das, was kommt.
Die Angehörigen werden tatsächlich oftmals vergessen. Als meine Eltern das erste mal gemeinsam erkrankten, rief jeder, aber auch wirklich jeder bei mir an und fragte nach, wie es meinen Eltern geht.
Ich stand jeden Morgen um 6 Uhr auf. Habe jeden Tag 7 Stunden gearbeitet. Bin im Anschluss 2 Stunden zu meiner Mutter ins Krankenhaus gefahren und im Anschluss noch 2 Stunden zu meinem Vater ins Pflegeheim. Ich war nie vor 22 Uhr zu hause und dann durfte ich noch Telefonate beantworten.... Na, vielen herzlichen Dank.
Da kam bei mir auch das eine oder andere Mal die Frage auf, wer fragt denn mal, wie es mir geht????? Niemand!!!!!!!!
Ich durfte gut funktionieren. Aber gut gegangen ist es mir nicht, nur gefragt hat niemand.
Es ist sehr schwer, da eine Gradwanderung zu vollziehen, zwischen selbst nicht unterzugehen und dem Betroffenen gerecht zu werden und zur Seite zu stehen.
Die Zeit für Dich selbst ist auch sehr wichtig!!!! Denn sie dient auch dem Betroffenen!!!! Es ist niemandem geholfen, wenn man als Angehöriger auch noch aus den Latschen kippt!
Du darfst es dem Betroffenen aber nie vor den Kopf knallen, dass Du im Moment eigentlich lieber nichts hören willst.
Den richtigen Weg musst Du für Dich selbst finden....
Dir alles Gute!!!!
Janette