junge Frauen und der Tod der Mutter
Liebe Kerstin,
habe soeben Deinen Bericht gelesen, Du schreibst mir aus der Seele, ich weiß wovon ich spreche, wenn ich sage, ich verstehe Dich voll und ganz (meine Mum ist am 4.2.03 an Leberkrebs verstorben).
Auch ich bin mittlerweile 33 Jahre, also auch nicht mehr so jung, doch ich denke es ist egal wie alt man ist, seine Mum zu verlieren ist immer schlimm, vor allem wenn man, so wie Du und ich ein super Verhältnis zu ihr hat.
Ich finde es toll, dass Du immer zu ihr fahrst, auch ich bin jeden Tag bei meiner Mum gewesen, auch wenn sie es zum schluss nicht mehr mitbekommen hat. Aber mir hat es geholfen, einfach bei ihr zu sitzen und ihre hand zu halten, nebenbei habe ich ein buch gelesen, bzw. versucht es zu tun.
Du bist kein schlechter Mensch, wenn du überreagierst.
Ich kann dir nur sagen wie es bei mir war:
Meine ganze Zeit habe ich mit Mum verbracht, habe schon um 6 zu arbeiten begonnen um nicht so viele Minusstunden in der Arbeit zu bekommen, binn dann immer mittags in Spital gefahren und erst spät abends heim.
Ich hatte das Glück, dass mein Freund, verheiratet sind wir nicht, immer zu mir stand. Er verstand es auch mich in Ruhe zu lassen, wenn mir danach war.
Auch hatte ich eine super Freundin, die ich jederzeit anrufen konnte, wenn mir danach war.
Du schreibstDu hast einen Mann und einen Sohn, es scheint so, als ob Dein Mann Verständnis für die jetzige Situation hat, eine großes Lob an ihn, wenn dies so ist. Diese Situation kenn ich von mir, du funkionierst nur mehr und kannst nicht mehr wirklich denken.
Für mich war es wichtig und es stand an erster Stelle meine Mum, ich mußte Prioritäten setzen. Die Dinge die ich mit ihr in dieser letzten Zeit gesprochen und gequatscht habe, könnte ich leider jetzt nicht mehr nachholen, doch ich habe mir die Zeit genommen für sie. Da sind alle anderen Dinge nicht so wichtig, von wegen Freunde treffen, Wohnung sauber machen, ...
Zweifle bitte nicht an Dir, von wegen schlechter Mensch zu sein.
Ich konnte mich auch in der Arbeit nicht mehr konzentrieren und hatte echt Glück, tolle Kolleginnen zu haben, die mich auch hier unterstützt haben.
Auch ich wußte selbst, dass ich ein andere Mensch wurde in dieser Zeit, grantig, schlechte Laune (bin ich normalerweise auch nicht).
Ich beginne jetzt wieder schön langsam "die Alte" zu werden von meiner Art her.
Glaub mir, Du schaffst es und denke bitte daran kein schlechtes Gewissen zu haben den anderen gegenüber, jetzt zählen Du und Deine Mum. Schätze dich froh, wenn du einen Mann und einen Sohn hast, die in dieser sehr sehr schweren Zeit wirklich zu Dir halten.
WEnn Dir nach heulen ist, so tu es bitte, mir hat es sehr geholfen es "einfach raus zu lassen".
Ich hatte gestern so einen Tag, meine Mum hatte gestern Geburtstag, ihren 53. Ich war schon um 8 bei ihr und gratulierte ihr, bin schon mit Tränen aufgestanden. Am Grab mußte ich nur heulen und konnte mich den ganzen Tag nicht fangen. Es rollten immer wieder die Tränen.
Ich weiß nicht, ob Dir mit meinen Worten geholfen ist, aber glaub mir, ich weiß was Du in dieser Zeit durchmachst und ich sagte mir immer "Du schaffst es, und ich würde für Mum alles tun, so wie sie all die Jahre für mich alles getan hat".
Sei gedrückt und ganz ganz liebe Grüße
Toni
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