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Alt 08.01.2011, 13:42
SteffiJo SteffiJo ist offline
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Standard AW: Oro-Hypopharynx-Karzinom

Liebe Simone.
Deine Zeilen zu lesen betrübt mich sehr. Ich fühle mit Dir, von ganzem Herzen, auch wenn es meiner Mama im Moment "noch" halbwegs gut geht.
Auch sie ist unheilbar krank, aber bisher hat sie neben dem Kehlkopfkrebs "nur" Halsmetastasen außen, und braucht auch noch kein Morphium oder ähnliches. Aber wir wissen, dass der Krebs jederzeit streuen kann, neue Metastasen auftauche etc.. Der Kampf ist noch lange nicht ausgestanden.

Aber Du darfst eines nicht vergessen: Am 15.01.2009 hat Du geschrieben "Ich hab mich mittlerweile damit abgefunden, dass meine Mama eventuell nicht mehr lange bei uns ist". Und jetzt sind schon fast 2 Jahre vergangen. 2 nicht einfache Jahre mit vielen Qualen, aber 2 Jahre die DU mit deiner Mama noch verbringen durftest.
Meine Mama dachte auch im Juli 2009, dass sie nicht mehr lange lebt. Sie weinte viel und sagte "ich will doch noch Weihnachten erleben, und wie Ronja nächstes Jahr eingeschult wird". Und nach Weihnachten sagte ich ihr "siehst Du, Weihnachten hast Du geschafft!" Und im Sommer 2010 wurde meine Tochter Ronja eingeschult, und sie war auch dabei! Und so haben wir uns von Monat zu Monat durchgekämpt, und sie wurde immer mal wieder mit solchen Ereignissen für ihren Kampf belohnt.
Zuzusehen, wie ein Mensch leidet und stirbt, habe ich auch schon erfahren müssen. Mein Schwiegervater ist vor 2 Jahren an Lungenkrebs gestorben. All´ Deine Schilderungen, das der geliebte Mensch jetzt so abgemagert ist, teilnahmslos und vollgepumpt mit Medikamenten, kaum noch etwas mitbekommt....das alles habe ich auch schon erlebt und fühle deshalb ganz intensiv mit Dir. Alizée ist eine große Stütze für Dich und Deine Mama. Es ist erstaunlich, wie einfach und einfühlsam Kinder mit solch einer Situation umgehen können. Meine Tochter Ronja war fast 5, als ihr geliebter Opa starb. Es war so unglaublich zu sehen, dass es ihr gar nix ausmachte, dass der Opa so abgemagert war, und auch nicht mehr mit ihr sprechen konnte, aber immer noch genug Kraft hatte ihren Kopf zu streicheln. Und bei jedem Besuch rannte sie Freude strahlen an sein Bett und sagte "hallo Opa, gehts Dir besser? Ich habe dir wieder ein neues Bild gemalt!". Als er starb sagte sie "gell, jetzt ist der Opa glücklich, weil er keine Schmerzen mehr hat." Ich musste ganz viel weinen und hab sie ganz fest gedrückt!
Auch im Moment geht sie mit meiner Mama, die bei uns zur Pflege wohnt, ganz toll um! Irgendwann, wenn sie älter ist, werde ich ihr mal sagen müssen, wie unendlich dankbar ich ihr dafür bin bzw. immer war. Abends geht sie zu meiner Mama ans Bett und bringt ihr die Sondennahrung und die Schläuche dazu. Sie ist ganz stolz, dass sie mittlerweile sogar die elektrische Pumpe anstellen kann und darf. ...Unglaublich...

Ich wünsche Dir für die nächsten Tage oder auch Wochen alle Kraft dieser Welt, diesen Kampf tapfer bis zum Ende bringen zu können. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr ich mit Dir fühle. Und auch ich hatte schon Tage, an denen ich die Zimmertür zu meiner Mama aufgemacht habe und mir wünschte, sie wäre einfach Nachts eingeschlafen. Man erschrickt sich darüber, so zu denken, aber nach so langer Zeit ist das glaub ich normal - und auch absolut in Ordnung!

Ganz liebe Grüsse
Steffi
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