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  #1  
Alt 15.11.2012, 23:26
luckycleo luckycleo ist offline
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Registriert seit: 02.10.2012
Beiträge: 2
Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

Hallo,

ich bin jetzt schon länger hier stiller Mitleser - genau eigentlich seitdem 15. September 2012, da hatte mein Papa die Diagnose kleinzelliges Bronchialkarzinom mit Lebermetas Endstadium bekommen.
in die Klinik ging er wegen Verdacht auf Gallenkolik und raus kam er mit dieser schrecklichen Diagnose.
Darauf begann dann der Wettlauf gegen die Zeit und ich bin während dieser ganzen Wochen mit ihm gewesen und war auch bei ihm als er seinen letzten atemzug getan hat.
Er starb am 8.11.2012 und er wollte nicht gehen. bis zum Schluss hat er immerwieder versucht uns noch ein paar Dinge zu sagen.
Morgen ist Beerdigung und ich WILL NICHT HIN!!!
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  #2  
Alt 17.11.2012, 23:35
Larimari Larimari ist offline
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Registriert seit: 22.08.2012
Beiträge: 156
Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

hmmm... wir intervenieren jetzt komisch... ich flieg morgen hin. er hat kommt im dezember her. und bleibt unter umstaenden eine laengere weile... und dann gucken wir, wie wir das ganze gedeichselt bekommen...

miri, du hast schon recht. es ist alles nicht so ganz schwarz oder weiss. und viel ist auch der aktuellen situation geschuldet. ich bin, ehrlich gesagt, auch unfair. ein bisschen zumindest. denn in der zeit, wo mein dad im krankenhaus abgebaut hat, haben wir jeden tag lange telefoniert. und ich hab ihm alles en detail geschildert. und weil er meinen dad mag, hat er heftig mitgelitten.

wir waren am freitag in einem super-duper heim. und der heimleiter meinte, er saehe keinen grund, warum mein bruder keinen platz bekommen sollte. sie sind zwar auf der "feststation" gerade ausgebucht, aber man koennte einen kurzzeitpflegeplatz, quasi anderer gang im haus, umfunktionieren. und dann halt im haus umziehen, wenn was frei wird. ich hoffe, dass es klappt. denn die mam koennte dann endlich die ihr so verhasste wohnung kuendigen, und weiterziehen. die ganze geschichte waere dann in der augsburger gegend, die mag meine mom ganz gerne, der wechsel waere also wirklich optimal.

richtig trauern koennen wir immer noch nicht so ganz... ich hab vorhin mein ipad zum ersten mal seit wochen wieder geladen, und habe mir die fotos angeschaut, die ich noch von meinem dad gemacht habe. als er noch fit war. da hats mich zerbroeselt... ich hab so eine reihe alberner eisessfotos geschossen, mein dad zieht grimassen wie ein grosser, das hat er immer gemacht. da hats mich zerbroeselt. er fehlt mir total...

es ist wirklich komisch... ich hab in letzter zeit so oft darueber nachgedacht, was einen menschen ausmacht. weil mein dad ja zum schluss, als er nur noch geschlafen und gelitten hatte, in irgendeiner komischen art und weise sich von meinem dad zu einem koerper, der sich quaelt, geworden ist. wenn ich mir die bilder anschaue, weiss ich, was meinen dad ausgemacht hat. und genau das ist es, was mir so ungeheuer fehlt. sein humor, dieses talent, immer im richtigen zeitpunkt total albern werden zu koennen. ich dachte, ich koennte das fehlen auf den aspekt der verbalen kommunikation reduzieren. nach dem motto, es ginge mir besser, wenn ich noch mit ihm sprechen koennte. aber es ist nicht nur das. ein skypen muesste es zumindest sein. damit wir uns unsere visagen entgegenstrecken koennten, und uns anbloedeln koennten.

das passiert aber nicht mehr. und das ist fuerchterlich. mir war nie bewusst, wie gross sein beitrag zu unserer froehlichkeit war.

meine mom ist immer noch stabil. sie lernt grad, mit ihrem dasein als alleinstehende frau zurecht zu kommen. sie ist jetzt sehr mobil. zwangslaeufig, wegen meinem bruder. aber sie sieht es irgendwie auch als abenteuer. als positive herausforderung. so z.b. das entdecken neuer wege, der umgang mit den neuen ticketautomaten der bahn. klingt banal, aber fuer jemanden wie meine mutter tun sich da welten auf. ich bin sehr stolz auf sie. wir werden langsam richtig gute freundinnen.

cleo, ich hoffe, du hast die beerdigung halbwegs gut ueberstanden. ich glaube, das ist ne individuelle geschichte, aber fuer mich hatte das zeremoniell sowas befremdliches, dass es nicht schlimm war. und da ich, wenn ich an den koerper meines vaters denke, immer automatisch an den zerfall denke, also an das buchstaebliche verrotten, ist es fuer mich auch nicht schlimm, ihn dort unter der erde zu wissen. denn sein grinsen waere jetzt nicht mehr das von den fotos, und den rest von ihm trage ich in mir. ich denke mir manchmal, dass ich den ort, an dem er begraben wurde schoen finde, wegen der zuege. aber dann weiss ich doch, dass er nicht dort ist. oder nur, wenn ich auch dort bin. oder nur, wenn wir ihn uns dort wuenschen.
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  #3  
Alt 18.11.2012, 09:24
Benutzerbild von Mirilena
Mirilena Mirilena ist offline
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Ort: Schleswig-Holstein
Beiträge: 1.501
Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

Liebe Mari,

das freut mich, dass du heute fliegst! Es wird euch beiden bestimmt gut tun, euch wieder zu sehen und in die Arme zu nehmen. Ich könnte mir vorstellen, dass für deinen Freund auch echt schwer war, so weit von dir entfernt zu sein und zu wissen, dass es dir so schlecht geht und du so traurig bist. Da musste er sich unweigerlich sehr hilflos und ohnmächtig fühlen... Schön, dass ihr euch noch eine Chance gebt!

Und dass es dich beim Anblick der Fotos deines Dads zerbröselt... Kein Wunder! Als völlig fremder Mensch kann ich dir nur sagen, ich glaube, dass dein Dad dir seinen Humor sozusagen vererbt bzw. mitgegeben hat, denn zwischen aller Traurigkeit und Schwere blitzt bei dir immer auch der Humor zwischen den Zeilen durch und hat mich sehr oft zum Schmunzeln gebracht. Noch ist alles sehr frisch, sehr unwirklich und deshalb kann die Trauer auch noch nicht an die Oberfläche dringen... Aber sie wird sich ihren Weg bahnen und ich bin sehr sicher, dass du sie zulassen kannst, liebe Mari. Und du wirst deinen Weg finden mit deinem Papa im Herzen und all den schönen Erinnerungen, die ihr teilt.

Klasse, dass ihr einen guten Platz für deinen Bruder in Aussicht habt! Dann kann dein Ma auch durchatmen. Sie scheint auch eine ganz außergewöhnliche Frau zu sein. So, bevor ich hier nun einen Roman schreibe: Gute Reise, Mari! Und lass demnächst mal wieder von dir hören bzw. lesen...
Liebe Grüße
Miri
__________________
Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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  #4  
Alt 19.11.2012, 12:41
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Beiträge: 52
Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

Liebe Mari,

ich wünsche dir eine gute Zeit mit deinem Freund.
Und dass sich die Dinge zwischen euch beiden so entwickeln, wie ihr es euch wünscht.
Einerseits kann das Durchleben so einer Extremsituation zu einer Distanzierung voneinander führen, weil Erwartungen oder Hoffnungen nicht erfüllt werden oder Wertigkeiten und Blickwinkel verschoben werden.
Andererseits kann das gemeinsame Durchleben aber auch zusammenschweissen.
Ich wünsche euch wirklich das Beste.

Toll, dass ihr für deinen Bruder einen Platz gefunden und ein gutes Gefühl habt.
Du kannst zurecht stolz auf deine Mutter sein.
Und sie auf dich.


Grosse Grüsse

Carlos
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  #5  
Alt 25.11.2012, 14:44
Larimari Larimari ist offline
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Registriert seit: 22.08.2012
Beiträge: 156
Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

Bin wieder daheim. Alles gut soweit. Die Zeit mit meinem Freund war schön. Und ich kann's kaum erwarten, dass er herkommt. Und hoffentlich lange bleibt.

Ich funktioniere meistens recht gut. Nur manchmal überkommt mich das Gefühl von 'falscher Film' ganz arg. So lief heute etwa ein Bericht im Radio über die Entsorgung von Medikamenten. Und die interviewte Apothekerin erzählte etwas von einer Kundin, die kürzlich verstorben sei, und jede Menge Zeug übrig gelassen hätte. Da fiel mir meine Mom ein, die sich letzte Woche mit einem Riesensack Medis auf den Weg in die Apotheke gemacht hatte...

Diese Endgültigkeit ist frustrierend.
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  #6  
Alt 26.11.2012, 21:12
Benutzerbild von Mirilena
Mirilena Mirilena ist offline
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Ort: Schleswig-Holstein
Beiträge: 1.501
Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

Liebe Mari,

das ist ja schön, dass ihr so eine gute Zeit zusammen verbringen konntet und auch Pläne für die Zukunft habt! Das freut mich sehr für dich!

Ja, ich kann mir gut vorstellen, wie sich der falsche Film oft anfühlt... Dass völlig unverhofft das Elend über dich hineinbricht und dich voller Wucht an die Wand drückt. Das wird dir sicherlich noch häufig passieren. Mir ging es zumindest auch so... Tagsüber konnte ich den Anschein ganz gut wahren und funktionierte, doch wenn ich allein im Auto saß und im Radio ein Song lief, der mich an irgendeine Kleinigkeit erinnerte, dann flossen die Tränen. Manchmal traf mich diese Endgültigkeit auch einfach so. Mit der Zeit hat sich die Trauer verändert. Sie bricht nicht mehr wie eine Naturgewalt über mich hinein und ich kenne sie und mich jetzt besser. Das erleichtert mir den Umgang. Andererseits habe ich mir selbst gesagt, dass die Trauer nun einmal dazu gehört, denn sie ist ja auch ein Zeichen dafür, dass ich meinen Papa sehr geliebt habe und ihn nun einmal sehr vermisse. Jetzt empfinde ich nicht mehr so viel Bitterkeit. Meistens tut es jetzt gut, an meinen Vater zu denken und dann lächle ich vor mich hin. Oder ich erinnere mich gemeinsam mit meiner Ma an Begebenheiten und dann können wir auch zusammen lachen. Bei dir ist das alles ja noch so frisch, die Wunde klafft noch offen... Aber es wird irgendwann erträglicher, ganz bestimmt!

Liebe Grüße
Miri
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

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  #7  
Alt 29.11.2012, 12:15
Larimari Larimari ist offline
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Beiträge: 156
Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

Naja, Pläne für die Zukunft ist vielleicht etwas übertrieben. Dinge können passieren, müssen aber nicht. Mal gucken.

Gestern war meine Mom bei mir. Als übernachtungsgast. Sie hat mir Vorhänge genäht und so... Es war echt nett, aber sie tut mir so leid. Sie ist noch viel fertiger mit der Welt als ich. Wir haben die wohnungskündigung geschrieben, noch ein paar Sachen erledigt. Es ist wirklich anstrengend, zumal noch übhaupt nicht klar ist, wo sie im Endeffekt landen wird. Und wie sie das ganze finanziell stemmen wird. Ich hoffe, dass wir da bald eine Lösung finden, damit sie ein bisschen zur Ruhe kommen kann...

Mich hat's vorgestern wieder mal erschlagen. Ein Heimbewohner im Heim meines Bruders hat sich eine viertelkippe angesteckt. Das hat mein dad auch oft gemacht, dass er ne Zigarette auf mehrere Male raucht. Und allein dieses Bild hat mich zum heulen gebracht....

Naja, es hilft ja nix. Das leben ist grad so, wie es ist. Und es wird hoffentlich wieder weniger anstrengend.

Liebe Grüße!
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