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  #1  
Alt 10.09.2007, 19:13
Benutzerbild von PaulChang
PaulChang PaulChang ist offline
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Standard AW: Psychologische Probleme ?

Matthias,

Mein Hodenkrebs ist schon sehr lange her. Ich habe damals ziemliches Glück gehabt, weil der Tumor die Haut des testicle nicht durchdrungen hatte, daher auch nicht metastasiert hatte, obwohl es sich um eine weitaus aggressivere Form handelte, als Deine.

Eine Biopsie zu machen von einem gesunden Hoden, kann in manchem Fall auch gefährlich sein, weil ein evtl dort vorhandener Tumor zum Streuen angeregt werden könnte. Ohne Verdachtsmomente würde ich da Vorsicht halten lassen.

Sicher wird man so langsam "verrückt" ob all der Dinge, die da auf einen einstürzen.

Schreib dir das (so wie auch schon von dir gemacht) von der Seele, klön mit Gleichgestellten oder denen die ein Ohr dafür offen halten und/oder erzähl deine Geschichte so oft du die Möglichkeit dazu hast. Ein berufsmäßiger Zuhörer (Psychologe) wird da nur im Ausnahmefall eine bessere Alternative.

Alle Ratschläge (so gut sie auch gemeint sind), sind nur Ausdruck eigener Erfahrung, die wiederum an eigene (d.h. individuell sehr unterschiedliche) Gegebenheiten angelehnt sind.

Entscheiden kannst letztlich nur DU, denn auch die Ärzte bieten dir manchmal entgegengesetzte Therapien an, bzw raten von dem ab, was ein anderer gutheisst (obwohl sie beide DEINE Geschichte kennen(sollten)).: Daher ist es auch so wichtig, daß Dir ein breitgefächertes Spektrum an Argumenten angeboten wird, das du- wenn nötig nachfragend- in deine Entscheidungslogik einbaust.

Das macht das Ganze auch psychisch so belastend: Keiner weiss, was letztlich dabei herauskommt (es gab auch schon (unerklärbare) Spontanheilungen).

Aber dein Schicksal wird durch deine Entscheidung determiniert.



Viel Kraft und Mut wünscht Dir

Paul
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  #2  
Alt 11.09.2007, 00:04
haex haex ist offline
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Standard AW: Psychologische Probleme ?

Hallo Leuts,

zum Thema Psychologische Probleme kann ich auch was von meiner Seite sagen.
Hatte vor mittlerweile 10Jahren Hodenkrebs links. Der Hoden wurde entfernt, als
weiterer Schritte wurde mir damals die modifizierte RLA empfohlen. Mit der
Hodenentfernung konnte ich gut leben, nach der RLA kam der Schock. Samenerguss
geht in die Blase. Das war und ist für mich sehr schwer. Die Entfernung eines Hodens
ist ein Verlust, aber der Verlust von Körperfunktionen ist für mich eine ganz andere
Liga. Ich habe viel darüber gebrübelt, ob die RLA richtig war, ob die Ärtze überhaupt
versucht haben meine Nerven zu schonen un das das ganze andere Kopfkino.
Den einzigen Fehler, den ich mir eingestehe, war der Irrglaube ich könnte alleine
mit der Geschichte fertig werden. So ein Hodenkrebs kann das Selbstwertgefühl eines
Mannes schon empfindlich treffen. Jeder ist da anders, ich kann nur für mich sprechen.
Seit ein paar Monaten hat es bei mir Klick gemacht und ich merkte, dass ich
in meinem Leben etwas verändern muß. Bisher habe ich es nicht geschaftt, über
das so leicht verletzt werden, wegzukommen. Schon alleine wenn der Oliver Kahn
sagt, "da müssen wir Eier zeigen" verdirbt mir die Laune. Kumpels erzählen über
Sexerlebnisse, mir verdirbt es die Laune. Bald werde ich eine Psychotherape beginnen,
das ist meine letzte Chance, wieder aus meinem Leben was zu machen. Ich hab keinen
Bock mehr drauf, immer wieder negative Gedanken in meinem Kopf zu haben.

Ich könnte noch seitenlang mein Seelenleben ausschütten, aber das reicht erst mal.

Liebe Grüße
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  #3  
Alt 11.09.2007, 19:38
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PaulChang PaulChang ist offline
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Standard AW: Psychologische Probleme

Was

ist denn eine RLA?

Meinst Du damit dasselbe was bei mir gemacht worden ist: Lympfknotenentfernung?

Da hat man mich (allerdings vor mehr als 20 Jahren) (auch) nicht so aufgeklärt, daß ich die Chance gehabt hätte selbst abzuwägen...

Also, an diesen "TROCKENEN" Orgasmus (wie bei einer Frau), der durch die Durchtrennung der Nervenbahnen bei der 7 std OP entsteht, muß man sich ebenso gewöhnen wie an alle anderen Nebenwirkungen eines solchen Eingriffs.

Wenn ich allerdings einige andere Sektionen (zB Weichteilkrebs) hier durchlese, frage ich mich, ob ich nicht die letzten 20 Jahre zu viel gejammert habe...

P
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  #4  
Alt 12.09.2007, 00:15
haex haex ist offline
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Standard AW: Psychologische Probleme ?

Retroperitoneale Lymphadenektomie, ja Lymphknotenentfernung.
Ich wurde damals nicht richtig aufgeklärt, war ja mit 22 ein "unmündiger"
Patient, dem es natürlich den Boden unter den Füssen weggehauen hat, bei
der Diagnose.
Mann muß mit den Nachwirkungen leben, es hätte alles schlimmer kommen können.
Daran sollte ich denken. Leider vergleiche ich mich eher mit den Gesunden, als
mit denen, die es noch schwerer getroffen hat. Das ist glaube ich mein Problem.
Schließlich will ich, das alles wieder 'normal' ist, ist es aber nicht. Es ist gar nicht
'normal', aber das bin ich.

LG
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  #5  
Alt 12.09.2007, 11:06
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PaulChang PaulChang ist offline
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Standard AW: Psychologische Probleme

Genau deshalb

versuche ich hier im Forum etwas für andere zu sagen:

Die Aufklärung der Ärzte ist einfach fast immer unzureichend und beschränkt sich meist auf das (gelangweilte) Aufzählen (und Niederschreiben zur versicherungstechnischen Absicherung) von "Eventualfällen", die angeblich seltener sind, als der Unfall auf der Straße.

Ängste und Gewichtungen von Patienten werden kaum wahrgenommen. Sicher, das mag alles an der Hektik des "Betriebes" liegen. Nur können wir Patienten eben nichts dafür, daß überall gespart werden "muß". Und letztlich entstehen durch falsche Aufklärung und Diagnostik doch Millionenschäden. Und eben unsere psychischen Belastungen.

Und Stress in dieser negativen Form führt eben geradewegs wieder zur Verschlimmerung unserer gesundheitlichen Situation.

Wichtig wäre z.B. wenn ein Arzt erst mal NICHT seine Vorstellung von Lebenswertigkeit einbringt, sondern die des Patienten versuchte zu verstehen. Aber das wäre ja schon wieder das Gebiet des Kollegen "Psycho.. pp".

Was grundsätzlich fehlt ist wohl die Polyklinik: Der GANZHEITLICHE ANSATZ".

Zu deinem persönlichen Erleben: Schreib doch noch mal...

P

Geändert von PaulChang (12.09.2007 um 16:24 Uhr) Grund: Orthographie
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  #6  
Alt 12.09.2007, 17:04
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Standard AW: Psychologische Probleme

Dein:

"Ich habe viel darüber gebrübelt, ob die RLA richtig war, ob die Ärtze überhaupt versucht haben meine Nerven zu schonen"

Das hab ich auch, mehr als 20 Jahre und eigentlich immer noch.

Schon ziemlich schnell nach der RLAE (so finde ich die Abkürzung verständlicher) habe ich mich mit der internationalen Fachliteratur auseinandergesetzt und fand heraus, daß damals bereits in den USA auf engmaschige Kontrollen (Ultrasonographie) eher gesetzt wurde als auf die obligate OP.

Eben wegen des Verlustes an Lebensqualität.

Natürlich kam bei jedem Arzt das Argument: Was zählt, ist die 100%ige Gewißheit,...

Bloß: Die gibt es eben auch nicht wenn alle Lymphknoten histologisch o.B. sind. Und außerdem ist das verdammt noch mal meine Entscheidung. Der Arzt soll mich nur über alle Möglichkeiten aufklären. Und das so neutral wie möglich.

Bei aufkommendem Verdacht auf Mikrometas durch bildgebende Verfahren kann immer noch operiert werden.

-----------

Was mich hier auf manchen threads auch verwundert ist, mit welcher Leichtigkeit ein zellzerstörende Therapie akzeptiert wird. Natürlich werden bei Zytostatika/Radiologie auch gesunde Zellen geschädigt. Jeder muß das selbst abwägen. Aber eben beide Konsequenzen einschätzen.

WARUM ist das so?,

daß wir alles akzeptieren was uns als Strohhalm erscheint???

Ich denke, daß es auch soziologische Ursachen hat. In unserer Gesellschaft werden Sterben und Tod (für viele die Endstufe von Krebs) unter den Tisch gekehrt.

Für viele ist die Krankheit der Feind schlechthin (und der Sterbeprozess gilt fast als inakzeptabel)

Vielleicht sollten wir da umdenken. MEINE Krankheit ist ein Teil meines ICH. Sie ist nicht gegen mich, sondern Ausdruck eines körperlichen Prozesses, der mit mir kommunizieren will, mich warnen möchte. Eben vor dem Exitus.

Sollten wir nicht besser unsere Krankheit akzeptieren, sie benutzen, um mit ihr zu (über)leben?

Ist sie nicht auch eine Chance?

Ist sie nicht genauso "NORMAL" wie du selbst?

Paul

PS: Mir hat gut gefallen, was ein junges Mitglied geschrieben hat: Wir brauchen ein paar mehr Verrückte (Kranke), denn seht, was die "Normalen" aus unserer Welt gemacht haben...
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  #7  
Alt 12.09.2007, 21:31
Dirk-Gütersloh Dirk-Gütersloh ist offline
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Standard AW: Psychologische Probleme ?

Hallo Paul,

bei Dir ist die Hodenkrebserkrankung nun schon 20 Jahre her, bei mir erst 5 Jahre. Doch sollte man nicht vergessen, dass es gerade mal 28 Jahre her ist, dass Einhorn die Kombinationschemotherapie zur Bekämpfung des Hodenkrebses einführte. Es ist gerade mal 28 Jahre her, dass der Hodenkrebs von einer sehr tödlichen Erkrankung zu einer zumeist kurativ heilbaren Krankheit wurde.

Vor rund 30 Jahren habe ich zum ersten Mal von Hodenkrebs gehört, da starb der Bruder meines Onkels daran. Wir sollten uns nicht täuschen lassen von der hohen Überlebensrate bei Hodenkrebs. Hodenkrebs ist ein Killer, wir überleben ihn nur durch den Einsatz unserer modernen evidenzbasierenden Medizin. Meiner Meinung nach muss man sicherlich den Hodenkrebs als Krankheit akzeptieren, aber man kann nicht mit ihm leben.

Ich empfinde den Einsatz von Medizin nicht als Strohhalm, sondern als lebensrettend.

Gar nicht akzeptieren kann ich Deine Aussage "Bei aufkommendem Verdacht auf Mikrometas durch bildgebende Verfahren kann immer noch operiert werden."

Die Gefährlichkeit von Mikrometas beruht ja auf ihre Winzigkeit, beruht ja darauf, dass sie nicht mit bildgebenden Diagnoseverfahren darstellbar sind. Wenn man aufgrund von Wahrscheinlichkeiten aus Studien mit Mikrometas rechnen muss, dann ist es halt wichtig zu handeln und nicht abzuwarten.

Aber ich stimme Dir vollkommen zu, wenn Du schreibst, daß der Arzt umfassend aufklären soll. Hierzu hier mal ein sehr interessanter Link auf einen Wikipedia-Artikel, den ich sehr treffend finde: http://de.wikipedia.org/wiki/Partizi...eidungsfindung

Gruß Dirk
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