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#1
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Ich glaube, dass für viele hier, das Gefühl "Er/sie durfte gehen" nichts damit zu tun hat, das der Betroffene physische Schmerzen hatte, von denen er/sie nun erlöst wurde.
Ich trau´ es mich fast nicht zu schreiben und ich hoffe sehr, dass ihr diese Worte nicht falsch versteht... Wenn ich meinen Paps ansehe, weiß ich, dass vieles in ihm, vieles von ihm schon nicht mehr da ist. Mein Paps ist nicht mehr mein Paps, wie er mal war. Ich trauere jetzt schon um ihn, weil er eben so anders ist. Ich vermisse meinen Paps - trotz all der Misslichkeiten und Schwierigkeiten, die wir in der Familie haben. Andererseits lerne ich nun einen anderen, neuen Vater kennen. Ich glaube, palliativ jagt uns deshalb einen solchen Schrecken ein, weil - wie soll ich sagen - es tut sich der Boden unter den Füßen auf. Der Verdacht, die endlosen Untersuchungen, dann die Diagnose (man weiß es eigentlich, will es nicht wahr haben, hängt an den Lippen des Arztes) und dann kommt leider für viele Betroffenen die Diagnose: unheilbar. Keine Sekunde später fällt das Wort palliativ. LG Ypsi |
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#2
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Hallo ihr Lieben,
das zeigt mir doch, wieviel Redebedarf über unausgesprochene Dinge herrscht. Liebe Lissi, Mapa wird sich sicherlich noch selbst äußern, aber ich glaube nicht, dass sie Dich mit dem geschriebenen angesprochen hat, wir haben Anteil gehabt an Peter und Dir und sind mindestens ebenso erleichtert wie Du dass er wenigstens die letzten Schritte schmerzfrei gehen durfte. Deine Begleitung war absolut einzigartig, Deine Nähe und Deine Kraft die Du aus ungeahnten Reserven geholt hast ebenso. Liebe Mapa, ich sehe es ein bißchen anders als Du. Bitte bedenke wie es ist, sich ganz neu mit vielen der Themen, die uns hier schon seit Monaten und Jahren beschäftigen, auseinanderzusetzen. In einem anderen Thread hatten wir dieses Thema bereits. Die Sichtweise ändert sich ein wenig mit der Zeit, Dinge, die uns am Anfang schier den Atem verschlagen werden zur Normalität, weil sie ab jetzt Bestandteil des ganzen sind. Ich erinnere mich noch genau als ich am Anfang mit Freuden über die Diagnose meiner Mutter sprach und dann die Frage kam "Also wird sie daran sterben?" oder schlimmer noch "Wieviel Zeit bleibt?". Ich hätte vor Wut am liebsten blind um mich geschlagen, denn es braucht einen sanften Einstieg in manche Themen weil einfach alles andere manchmal einen Schock Zustand auslöst oder schlimmer noch, man rennt in die andere Richtung davon. Und es stimmt schon, palliativ ist eben auch die Behandlung von Diabetis. Ich las gerade Reginas Beitrag, hast Du gewusst, dass sie schon so lange Morphium bekommt? Ich nicht, aber vielleicht habe ich einfach nicht genau genug gelesen, oder aber mein Hirn wollte sich damit nicht auseinander setzen? Palliativ KANN auch bedeuten, dass man dennoch Schmerzen aushalten (möchte) muss. Meine Mutter beispielsweise hat sich sehr gegen Morphium gewehrt - genau dies gab mir auch den Anlass, dieses heikle Thema hier anzufassen. Sie hat sich ebenso gewehrt wie ich es (innerlich) auch getan habe, eben weil wir noch die alten "Monster" im Kopf haben. Schmerzbehandlung vor 15 Jahren bei meinem Vater ist nicht die gleiche wie heute. Unterschiedliche Ursachen benötigen außerdem unterschiedliche Behandlung.... Irgendwann werden wir vermutlich an dem Punkt sein wo meine Mutter, um keine Schmerzen haben zu müssen, den Weg geht das Risiko einzugehen, dass sie nicht mehr ganz so bewusst wahrnehmen kann wie jetzt. Sie hat diese "Grenze" erst in der letzten Woche aufgehoben, denn sie hatte furchtbare Angst, mit einem Schlag die Umwelt, vor allem ihren Mann und mich nicht mehr wahrnehmen zu können. Ich habe auch meine eigenen großen Monster. Das Forum war für mich oft schwer, "Kleinzeller", mit denen ich mich seit Beginn ausgetauscht habe sind nun alle nicht mehr da. Der Leidensweg, ihn zu sehen, zu begreifen... es ist schwer, nicht automatisch einen Ablaufplan für sich selbst daraus zu erstellen und das Kopfkino jedesmal aufs neue auszuschalten. Schwerer noch, überhaupt heraus zu kristallisieren wann es ein Kopfkino ist. Und ja, im Moment nimmt alles einen guten Lauf. Ich kann mir sehr gut vorstellen wie manch einer das jetzt nicht verstehen wird, denn vor ein paar Wochen hätte ich ebenso reagiert. Ich insbesondere rede jetzt vom SCLC meiner Mutter. Von Anfang an war uns klar, dass wir nicht allzu lange den Kampf gewinnen werden. Und wieder hallt es in meinem Kopf "Nicht dem Leben mehr Tage geben, sondern den Tagen mehr Leben". Und bisher hat meine Mutter - und damit auch wir einfach sehr viel Glück gehabt. Bisher war sie bis auf die ersten Wochen in der Diagnose und die Woche, die sie jetzt zur Einstellung der palliativen Medikation im KH war, schmerzfrei. Bisher hatte sie kaum Nebenwirkungen von der Chemo, keine Übelkeit, keine Kopfschmerzen.... Es waren Nebenwirkungen da, keine Frage. Aber sie standen in einem geringen Verhältnis zu der Zeit, die gut verlaufen ist. Wir haben Glück gehabt dass es so verläuft. Und ich bin sehr dankbar für die palliative Behandlung. Obwohl unsere Zeit bisher so gut war, geht es ihr dennoch jetzt so viel besser als das ganze letzte Jahr. 1,5 Jahre sind es bald. Sie ist gelöst, sie fühlt sich gut, sie hat keine Schmerzen, sie ist nicht mehr so schlapp... Morphium wirkt auch euphorisierend bei ihr. Und das ist gut. Es tut ihr einfach gut. Und gerade weil ich sehe, wie gut palliative Medizin sein kann - und zwar nicht erst dann, wenn man die letzten Schritte geht, möchte ich den Schrecken nehmen. Meine Mutter bekommt eine Kombi die ich noch hier reinsezten werde. Es ist nicht viel bisher - wie man uns versicherte, aber es ist sorgfältig auf sie abgestimmt - und das perfekt. Denn sie nimmt AKTIV am Leben teil, da ist keine Spur von Bewusstseinsverlust, Lethargie... und das ist mir so wichtig. So wichtig es anderen zu sagen wie gut die Erfahrung sein kann sie ganz ohne Beschwerden das Leben GUT zu erleben. Und genau das ist doch der Moment, wo es keine Rolle spielt (in meinen Augen) wie lange die Zeit ist. Hauptsache, sie ist gut.
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Liebe Grüße - Bibi ********************* Dankbarkeit ist die Erinnerung des Herzens |
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#3
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"Das Forum war für mich oft schwer, "Kleinzeller", mit denen ich mich seit Beginn ausgetauscht habe sind nun alle nicht mehr da."
Liebe Bibi, lese grad ganz flüchtig deinen Beitrag - in Ruhe ein andermal. Wen meinst du genau mit "Kleinzeller"? Ich "bin" zwar kein Kleinzeller, aber die Erfahrung trage ich sehr wohl mit mir herum, auch die der palliativen Versorgung - sei es im Krankenhaus, oder in einem Hospiz. (sie mag sich so sehr von einer Palliativstation wohl nicht unterscheiden.) Und ich bin noch da, sprich hier. Aber das meintest du sicher nicht...zwinker. Alles liebe für dich! Blümchen
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In uns allen findet sich die Quelle höchster Weisheit - die Quelle der Liebe. (Thich Nhat Hanh) Geändert von Blume68 (07.10.2008 um 11:09 Uhr) |
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#4
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Hallo Blümchen
![]() nein, Du hast Recht, so hab ichs nicht gemeint. Aber Deine Ma, Engelchens Pa, Siegrids Mann.... Weißt Du? Das meine ich. Das macht eben schon Angst. Und dann versuch ich wieder, alles nicht zu übertragen. Aber trotzdem, es ist dann so, als hätte man dem häßlichen, kleinen, wuseligen Angstmonster das schon so vertraut wirkt ein Leckerchen zugeworfen. Ich weiß dass ihr für mich da seid und das ist auch gut so. Nur hab ich manchmal ein bißchen Hemmungen auf Euch zuzugehen, ebenso wie auf Lissi weil ich einfach denke, ihr müsst ein bißchen Zeit haben um zur Ruhe zu kommen. Ich drück Dich, liebes Blümchen ...
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Liebe Grüße - Bibi ********************* Dankbarkeit ist die Erinnerung des Herzens |
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#5
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Zur Ruhe kommen, ist ohne Frage nötig. Aber noch ist alles ziemlich frisch,
und noch kann ich hier und da was von meiner Erfahrung weitergeben, wenn es gewünscht ist. Es ist halt "beides". Blümchen
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In uns allen findet sich die Quelle höchster Weisheit - die Quelle der Liebe. (Thich Nhat Hanh) |
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#6
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Morphium war für mich bisher ein Begriff für ein Mittel, das mir Angst macht. Platzhalter für das Wort "es geht nichts mehr" außer Morphium. Morphium hieß für mich, keine bewusste Wahrnehmung, gezählte Tage.
In den letzten beiden Wochen habe ich aber viel darüber gelernt. Mir wirklich etwas anzulesen, dazu hat die Zeit nicht gereicht und ich bin dankbar für Korrektur wenn ich etwas falsch wiedergeben sollte. Meine Mutter bekommt zur Zeit folgende Dosierung: Spiro Comp. 1 - 1 - 0 (Entwässerung) Dexamethason 2 mg 1 - 1 - 0 (Cortison) Novalgintropfen 20 - 20 - 20 - 20 (Schmerz) Morphin 20 mg, 8°° und 20°° Bromazenil 6 mg 0 - 0 - 0 - 1/4 (Beruhigung) Movicol Beutel 0 - 0 - 1 (abführend) Nach Bedarf außerdem ein schnell wirkendes Morphium (7,5mg) und Tavor, dass sind Schmelzplättchen die vor allem beruhigen und auch bei Angstzuständen sehr helfen. Es beruhigt eben auch die Atmung. Gewundert haben wir uns über die Novalgintropfen (vorher bekam sie statt dessen Paracetamol 2 - 2 - 2 - 2. Beides kannten wir ja schon aus der Schmerzbehandlung als von Krebs keine Rede war und hielten es offen gesagt für lächerlich sie zu verabreichen. Aber es bildet eben eine gute Basis der Schmerzbekämpfung. Paracetamol war zudem auch Fiebersenkend. Die Bromazenil nimmt sie nicht immer, letzte Nacht hat sie sie zum Beispiel weggelassen. Movicol muss genommen werden, die Gefahr der Verstopfung ist bei Schmerzmittel, vor allem bei morphium zu hoch. Sie hatte eine Zeit lang sehr viel Last mit Wassereinlagerungen, inzwischen kaum noch deswegen sind die Spiro reduziert worden. Die Schwester und auch der Palliativmann haben mir zu Morphium folgendes gesagt: Die Dosierung ist gering bisher und das größte Problem der Behandlung sei die Hemmschwelle, es zu nehmen bzw. aufzustocken wenn es notwendig ist. Man muss schneller sein als der Schmerz. Das liegt daran, dass die Nerven auch ein Schmerzgedächtnis haben. Hat man den starken Schmerz also einmal zugelassen, ist zu Beginn eine sehr starke Dosierung notwendig um ihn wieder einzufangen. Das haben wir im Krankenhaus gesehen. Es waren viele Spritzen notwendig bis es meiner Mutter wieder einigermaßen erträglich ging. Sie hat zu lange versucht, den Schmerz auszuhalten. Morphiumn oral und in die Haut gespritzt bildet ein Depot. Das bedeutet, dass es zum einen einige Stunden braucht bis ein Level aufgebaut ist, aber auch, dass es sich langsam abbaut. unter die Haut gespritzt legt es wohl ein sog. Depot an. Uns wurde gesagt, das Bewusstsein sei erst bei intravenöser Gabe gefährdet. Ob das wirklich stimmt weiß ich nicht - und zweifle ich auch an. Aber was die Spritzen in den Bauch und die Tabletten angeht konnte ich nichts anderes beobachten. Gegen Abend am zweiten Tag der Schmerzeinstellung nach vielen Spritzen war meine Mutter schon "weniger wach", aber sie traute sich auch den ganzen Tag nicht zu schlafen und nickte dann am Abend immer wieder weg. Sie hat aber zu keiner zeit gelallt oder andere Dinge gezeigt, die meine Sorge um das Bewusstsein untermauert hätten. Allerdings ist sie seit Morphium schon ein bißchen verwechslungsanfälliger.
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Liebe Grüße - Bibi ********************* Dankbarkeit ist die Erinnerung des Herzens |
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#7
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Liebe Annika,
ich weiß genau was Du meinst und wir unterhielten uns schon vor ein paar Wochen darüber. Meine Ma und ich haben früher angefangen, die Straße entlang zugehen. Und wenn mir jemand gesagt hätte, Morphium wirkt so und so, ist so fein dosierbar, bedeutet nicht gleich Bewusstseinsverlust.... Dann hätte mir das ganz sicher sehr viel Panik erspart. Da bin ich hundert Prozent sicher. Deswegen schreibe ich darüber. Eben um zu zeigen, dass wir WIRKLICH eine schöne Zeit verbringen. Ich würde manches mal gerne ein Video einstellen damit es annehmbar ist, ich habe auch oft geglaubt dass vielleicht das ein oder andere hier bewusst weniger "dramatisch" dargestellt wird um keine Angst zu machen. Aber das ist es ja eben, ich schreibe Euch wie es wirklich ist. Eben um zu zeigen, dass man keine Angst haben muss. Und vor allem auch um zu zeigen, dass es Hilfe ist, die man besser annimmt, bzw. sich rechtzeitig darüm kümmert. Wir haben drei Tage gebraucht, um jemanden beim ambulanten Palliativdienst zu erreichen. Und jetzt sind wir so unendlich froh dass wir diese Menschen "auf unserer SEite" wissen. Denn meine Ma hat eine PAtientenverfügung. Dadurch fällt für uns die Option Notarzt und Krankenwagen aus. Außer dem Palliativdienst haben wir noch meinen Hausarzt. Hätte ich diese Dinge nicht rechtzeitig in die WEge geleitet, hätte ich jetzt Angst und wäre überfordert mich jetzt darum zu kümmern. So habe ich das Wissen im Hinterkopf und für mich ist es ein Anker. Ein Anker, der sehr viel Ruhe bringt. Liebe Mapa, Du schriebst die Hoffnung ändert sich. Bei mir ist es nicht ganz so. Denn beim Kleinzeller war mir von vornherein klar dass es keine Umleitung gibt. Das es, wenn Du so willst, in unserem Fall nicht die Option gibt, den Krebs zu besiegen. Für mich war die Hoffnung von vornherein die auf eine schöne Zeit. Und nie auf lange Zeit. Einfach nur auf schön, liebevoll, angstfrei, entspannt, schmerzfrei. Es hat mir den Boden weggezogen, dieses Wort palliativ und ich weiß sehr genau was ihr meint wenn ihr davon sprecht. Aber nachdem ich jetzt WIRKLICH palliative Behandlung im Sinne von reiner Schmerz- und psychischer Behandlung durch Medikamente erfahren durfte, sehen durfte, wie viel besser es meiner Ma geht, seit dem bin ich einfach nur dankbar dafür. Meine Hoffnung ist nach wie vor da. Aber die Angst, die Schmerzen die ich, wenn auch nur kurz, in Ihren Augen sehen musste, die hat mich gelehrt was es bedeuten kann sich gegen Schmerzbehandlung aus Angst aufzulehnen. Und das möchte ich gerne ersparen.
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Liebe Grüße - Bibi ********************* Dankbarkeit ist die Erinnerung des Herzens |
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#8
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„Mag es aus einer gewissen, verständlichen Verbitterung heraus, vielleicht gar nicht so gemeint sein. Aber es kommt oft sehr hart rüber, vor allem bei neuen Usern, wenn man gleich die Sätze wie "die Zeit nutzen" usw., gesagt bekommt.“ (Mapa)
„...Kleinzellern sehr häufig Aussagen wie - nutzt die verbleibende Zeit - heimtückisch - hinterhältig - etc. gefallen sind. Ich weiß selber zu genüge, dass die Prognose (wie hasse ich das Wort - im Kopf übrigens ein rabenschwarzes ) nicht gut ist, aber man sollte jemandem, der hier für sich gerade versucht eine Basis zu schaffen mit dem Ganzen umzugehen, Hoffnung auf noch gute Zeit zu schöpfen - ein Stück weit seinen eigenen Erfahrungsweg offenlassen. Begleitend, unterstützend, sicherlich ehrlich Fragen beantwortend, aber eben mit einem bestimmten Einfühlungsvermögen“ (Annika33) *** Ich kann und möchte hier nur für mich sprechen. Ich habe bestimmt auch ab und zu der einen oder anderen Userin ähnliches geschrieben. Das sollte aber motivierend und positiv sein. Es kommt manchmal die Frage, gerade von Neuen im Forum, ob es Heilungsmöglichkeiten gibt, bzw. die Frage nach dem WIE LANGE NOCH. Das kann niemand beantworten, sollte auch niemand. Jeder kann nur von seinen Erfahrungen berichten, das ist meist schon sehr hilfreich. Und wenn Annika z.B. das Wort „hinterhältig“ benutzt – der Kleinzeller IST nun mal hinterhältig. Ich rede da nichts schön. Und natürlich sehe ich mehr denn je, wie schnell es gehen KANN. (Aber eben nicht MUSS.) Hätte ich dauernd gedacht: „vielleicht hat meine Ma ja Glück, und es wird gar nicht so schnell so schlimm“, dann hätte ich vielleicht manche Dinge mehr auf später „geschoben“, verstehst du? Die Zeit, die eigene Lebenszeit, nutzen – das sollte jeder Mensch, ob erkrankt, oder gesund. Ob mit palliativer Behandlung, oder heilbar erkrankt. Ob Kleinzeller, oder Nicht-Kleinzeller. Es gibt Menschen wie deine Mama, liebe Annika, die sehr viel mehr Zeit haben, trotz Kleinzeller, als z.B. meine Ma, welche Gründe auch immer da mit hineinspielen (Alter, körperliche Verfassung, etc.). Vielleicht hat sie sogar überhaupt viel mehr Glück! Nie würde ich mir anmaßen, Krankheitsverläufe prophezeien zu wollen. Auch hier im Forum gibts genug GUTE Beispiele, auch für Kleinzeller. Ich wünsche einfach jedem, daß er/sie seine/ihre Zeit nutzt, im positiven Sinne. Das ist alles. Wenn ich sowas mal ausspreche, hat das für mich nichts mit „Panikmache“ o.ä. zu tun, eher mit sensibilisieren, oder damit, das „Schöne zu sehen“ – du erinnerst dich? Darum hatte ich z.B. auch meinen „neuen“ Thread ins Leben gerufen. Das hat jetzt alles nichts mit dem Thema „Palliativstation“ zu tun, und Ängsten, die man mit Gedanken DARAN verbindet. Eigentlich gehört es nicht ganz in Bibis neuen Thread. Aber es war mir wichtig, das zu schreiben, weil es hier angesprochen wurde. Jemand neues verunsichern, wäre sicher das Letzte, was ich wollte. Lieben Gruß Blume
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#9
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Hallo Ihr Lieben,
vielleicht sind meine Gedanken manchmal schneller, als dass, was ich dann schreibe. Nur so kann ich es mir erklären, dass mein Beitrag wahrscheinlich etwas missverstanden wurde. Zu allererst: Meine liebe Lissi, wie kannst Du annehmen, dass ich speziell Dich damit gemeint hätte? Ganz im Gegenteil. Ich hatte bei meiner Ausführung gerade auch Deine Worte im Kopf, die Du letztens in Deinem Thread geschrieben hast. Es ging darum, dass Du meintest, Peter wäre gerade in den letzten Tagen wieder so gewesen, wie er früher war. Sein Humor, seine Zuversicht, usw. Ich meinte genau diesen Balance-Akt, der so schmerzlich ist. Einerseits die Freude, die man deswegen hat, verbunden mit dem grausamen Wissen, dass es wahrscheinlich bald anders sein wird, dass es eben zeitbegrenzt ist. Ich habe ausdrücklich betont, dass Palliativmedizin eine gute Sache ist. Mir ging es mehr darum, versuchen zu erklären, warum das Wort "nur palliativ" bei Lungenkrebs so einen Schrecken auslöst. Auch auf die Gefahr hin, wieder nicht verstanden zu werden, bleibe ich bei dieser Ansicht. Es ist ein Unterschied, ob jemand die Diagnose erhält mit einer Behandlungsoption "kurativ" oder eben "nur palliativ". Wenn bei einem Palliativfall trotzdem die, sagen wir mal, Fünfjahresgrenze überschritten wird, ist das landläufig als Wunder zu bezeichnen. Jeder hat dieses Recht, auf ein Wunder zu hoffen. Ich ziehe den Hut vor Menschen, die diese "Wunderoption" nicht brauchen und tatsächlich damit umgehen können, dass es ist, wie es ist. Das heißt jetzt nicht, dass ich naiv bin und nicht im Hinterkopf hätte, wie es tatsächlich aussieht. Ich für mich persönlich brauche einfach diesen "Wundergedanken". Auch bei Euch und Euren Angehörigen. Ich hoffe bei jedem einzelnen auf dieses Wunder und bin jedes Mal tief getroffen, wenn es dieses Wunder nicht gegeben hat. Es macht mich traurig und es macht mich auch wütend. Ich war mir auch nicht bewusst, dass es hier in diesem Thread wahrscheinlich nur darum geht, das Für und Wider von Palliativmedizin zu erörtern. Das tut mir leid, wenn ich das missverstanden habe. Wie gesagt, ich wollte nur erklären, warum das Wort palliativ bei so vielen so schockierend wirkt. Eben nicht darum, weil Palliativmedizin schlecht ist, sondern wegen dem Ziel, das man damit verbindet. Das ist es doch auch, was hier von Betroffenen oft geschrieben wird (z. B., dass wir "Nur-Angehörigen" sozusagen eine Art Freifahrtschein ins Leben haben und darum nicht wissen, wie sich der Betroffene fühlt). Das genau meine ich aber damit. Dieses Wissen eben, dass die Zeit begrenzt ist. Natürlich gibt es noch viele schöne Zeit zu erleben, aber eben auch diese schöne Zeit ist gerade darum gleichzeitig so schmerzlich, weil man unweigerlich daran denkt, dass es evtl. bald nicht mehr so sein wird. Man (bzw. ich) kann diese Gedanken nicht verdrängen. Mit dem Hinweis "die Zeit nutzen" meinte ich genau das, was Lissi geschrieben hat. Ich habe die Zeit eigentlich schon immer genutzt. Was soll ich jetzt denn noch anders tun, oder mehr. Man vermeidet vielleicht den einen oder anderen Streit, den man vorher wahrscheinlich geführt hätte. Aber ansonsten? Eigentlich ist nichts anders und doch gleichzeitig alles. Meine Frage, wo denn die Palliativmedizin bei den anderen Fällen, wo eben das Leid sehr stark beschrieben wird, eigentlich gewesen ist, war nicht ironisch gemeint, sondern es hat mich wirklich interessiert, warum das so ist. Also nochmals, es seht außer Frage, das Palliativmedizin eine sehr gute Sache ist. Auch ein Hospiz ist für diesen Weg oft eine erträgliche Option. Um so trauriger finde ich es, dass man oft sehr lange suchen muss, bis man entweder das eine oder das andere findet und einen Platz bekommt. Ganz zu schweigen davon, wie traurig ich es finde, dass Hospize größtenteils durch Spenden leben müssen, weil für sowas scheinbar kein Geld in unserer Gesellschaft ist. Und noch etwas ist mir aufgefallen. Ihr beschreibt es selber oft, wenn Ihr eine Palliativstation oder ein Hospiz angeschaut habt. Wie nett die Menschen dann sind, wie schön alles gemacht ist, wie zuvorkommend man sich um die Leute kümmert. Das ist zwar einerseits eine ganz tolle Sache, aber andererseits, rein menschlich gesehen, müsste diese Behandlung doch selbstverständlich sein. Und zwar schon vorher! Von wenigen Ausnahmen abgesehen, ist es sehr oft anders. Krankenhäuser, Altenheime, usw. Was muss man da denn oft alles erleben? Aber gut, das würde jetzt zu weit führen, denn es ist wahrscheinlich wieder ein eigenes Thema und hängt mit allem möglichen zusammen (Wirtschaft, Kapital, usw.). Euch allen noch eine schöne Woche mit Hoffnung, Glauben an Wunder und vor allem ohne Schmerzen Mapa |
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#10
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Hallo Euch allen,
ich würde gerne meine gegenwärtige Sichtweise schildern. Mit Eintreten der Diagnose in das Leben meiner Mutter hat sich alles rigoros verändert. Der Begriff "palliativ" war mir geläufig. Dennoch ...als sie mir mitteilte am kleinzelligen BC erkrankt zu sein und im gleichen Atemzug sagte, dass alle Maßnahmen nur noch palliativ seien, dachte ich unweigerlich ...nein nein nein - bitte nicht! Das genau waren meine Gedanken und sind es heute noch. Dass die palliative Medizin sich weiter entwickelt und deutlich verbessert hat, dass damit mehr Qualität geschaffen wird - all das ist mir bewusst. Dennoch beinhaltet es für mich, gegenwärtig, noch an einem anderen Punkt des bevorstehenden Weges (ich glaube so hast Du es mal genannt Bibi), sehr viel, was Angst macht. Nicht Angst vor dem, womit geholfen werden kann - sondern Angst vor dem was bevorsteht. Durch die Bekannte, die jahrelang auf einer palliativen Station gearbeitet hat, habe ich sehr viel darüber erfahren dürfen. Es beruhigt zu wissen, dass an einem bestimmten Punkt Hilfe da sein wird/kann. Dennoch, mal angenommen alle Wörter im Kopf hätten Farben, und die guten wären hell und die nicht so guten dunkel, dann wäre "palliativ" in meinem Kopf gegenwärtig noch dunkelblau. Weil ich/wir eben so weit noch nicht sind. Was Mapas Aussage angeht, war Lissi ganz sicher nicht gemeint. Aber mir ist in den letzten Wochen auch aufgefallen, dass speziell bei den Kleinzellern sehr häufig Aussagen wie - nutzt die verbleibende Zeit - heimtückisch - hinterhältig - etc. gefallen sind. Ich weiß selber zu genüge, dass die Prognose (wie hasse ich das Wort - im Kopf übrigens ein rabenschwarzes ) nicht gut ist, aber man sollte jemandem, der hier für sich gerade versucht eine Basis zu schaffen mit dem Ganzen umzugehen, Hoffnung auf noch gute Zeit zu schöpfen - ein Stück weit seinen eigenen Erfahrungsweg offenlassen. Begleitend, unterstützend, sicherlich ehrlich Fragen beantwortend, aber eben mit einem bestimmten Einfühlungsvermögen. Und über das liebe Lissi, verfügst Du in einem Ausmaß, das hier sicher gar niemand anzweifeln würde ![]() Abschließend möchte ich nochmal sagen - wir sind nicht alle auf dem gleichen Entwicklungsstand der Erkrankung und somit sind manche Sichtweisen noch fremd und unnahbar. Mir macht manches Angst - manches nimmt auch welche. Das richtige Gleichgewicht/Augenmaß wird es hier nicht geben, aber ganz sicher eine Basis für einen guten Austausch .Liebe Grüße Annika |
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