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#1
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Liebe Tatjana,
auch ich kann verstehen dass du Angst hast. Auch mein Vater ist vor mittlerweile gut einem Jahr an Lungenkrebs gestorben. Zwei Chemotherapien und Bestrahlungen hat er in fast schon stoischer Ruhe über sich ergehen lassen, immer in der Hoffnung, die Krankheit zu besiegen. Auch wir haben immer gesagt, das schaffen "wir". Aber nicht "wir" schaffen und kämpfen. Letztlich kämpft der Kranke doch allein, und Kaha hat Recht, ich glaube auch, wir alle wissen nicht um die tatsächlichen körperlichen Strapazen während der Therapien, wir sehens doch nur von außen. Und wenn dieser kranke, geliebte Mensch irgendwann sagt, ich will nicht mehr, dann ist es Zeit, dies anzunehmen, die Krankheit und das Endliche anzunehmen. Hab ruhig Angst, aber überlege kurz, woher die Angst kommt. Ich habe erkannt, dass meine größte Angst nur bei mir lag, Angst, meinen Vater zu verlieren, wie es MIR dann geht wenn er nicht mehr ist. Und als ich das erkannt habe, war Platz zu sehen, dass es meinem Pap selbst besser ging mit der Entscheidung, die Therapien einzustellen. Er war ruhig, entspannt und ist letztlich ganz friedlich eingeschlafen. Haltet ihn nicht nur um Euretwillen im Leben. Lasst los wenn er soweit ist. Das ist die Gnade, die ihr ihm noch geben könnt. Liebe Grüße |
#2
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Liebe Tatjana,
Meine Vorschreiberinnen haben eigentlich alles wichtige schon gesagt. So schwer es fällt, es ist das Leben deines Vaters und er allein darf entscheiden, wann er gehen möchte. Wir können nicht in die Kranken hinein sehen, wir werden nie genau wissen, wie sehr sie unter den Schmerzen und unter dem Gefühl leiden, nie mehr gesund werden zu können. Ich glaube, irgendwann macht jeder unheilbar Kranke seinen persönlichen Frieden mit dem Tod - das ist der Zeitpunkt, an welchem ihm die Aussicht auf ein friedvolles Ende aller Qualen verlockender erscheint als ein aussichtsloser Kampf nur um diese ganze Pein noch etwas zu verlängern. Der Tod kann auch freundlich kommen zu Menschen, die alt oder krank sind, deren Hand nicht mehr festhalten will, deren Augen müde wurden, deren Stimme nur noch sagt: Es ist genug. Hilf deinem Papa damit, dass du auch weiterhin für ihn da bist und mach ihm keine Vorwürfe - trag seine Entscheidung mit, auch wenn dir dabei fast das Herz bricht. Das ist der letzte Dienst, den du ihm erweisen kannst. Ich drück dich ganz fest und wünsche dir alle Kraft der Welt. LG Edith |
#3
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![]() Danke , Edith . Liebe Grüße Erika E ![]() |
#4
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Liebe Tatjana,
ich bin Hinterbliebene eines Lungenkrebspatienten und meine persönliche Meinung ist, daß die Bedeutung und Wirksamkeit von Therapien manchmal überschätzt wird, ganz besonders dann, wenn der Lungenkrebs schon weit fortgeschritten ist. Oft dient eine Therapie dann ja nur noch dazu, das Leben (und leider auch das Leiden) um einen oft kurzen, absehbaren Zeitraum zu verlängern. Wenn, so wie leider auch bei Deinem Papa, keine Aussicht auf Heilung mehr besteht, kann ich persönlich nachvollziehen, daß der Kranke die Therapie abbricht. Vielleicht braucht er das auch, um sich nicht mit sinnloser Hoffnung zu quälen, sondern um sich in Ruhe auf das, was kommen wird, vorbereiten zu können. Vielleicht auch, um die Zeit jetzt noch intensiv erleben zu können, ohne von den Nebenwirkungen der Therapien mitgenommen und gebeutelt zu sein. Liebe Tatjana, ich denke auch, daß Ihr Deinen Papa am Besten unterstützen könnt, wenn Ihr versucht, seine Entscheidung zu respektieren. Ich wünsche Euch ganz viel Kraft dafür. Herzliche Grüße Kyria |
#5
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Liebe Tatjana,
ich bin hinterblieben. Meine Mama litt ebenfalls unter LK. Ich blicke zurück, sehe die Dinge aus einer anderen, einer distanzierteren, rückblickenden Perspektive. Und wenn ich nun die Situation Deines Papas betrachte, so wie Du sie schilderst, und versuche Parallelen zu ziehen, zum Verlauf bei meiner Mutter (denn das ist ja die einzige Erfahrung, auf die ich dahingehend zurückgreifen kann), dann kommen dabei folgende Gedanken zustande: Meine Mutter hat weitestgehend alles über sich ergehen lassen. Es waren etliche, unterschiedliche Chemotherapien, sie hatte Bestrahlungen wegen der Hirnmetas und war immer kämpferisch, wenngleich ihre Motivation mit zunehmender Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes verständlicherweise sank. Irgendwann, dann "ging nichts mehr". Für mich, die ich ihre so nahe stand, aber dennoch nur Tochter, nicht in der Haut steckend, betrachtete, zusah - ich suchte nach Optionen. Nach Möglichkeiten, um noch etwas zu erreichen. Manche Menschen sagen, man könne "schlecht loslassen". Ich nenne es: emotional hinterherhängen und erst später begreifen und realisieren. Heute, wiegesagt mit der Perspektive des Rückblickers, da sehe ich Eure Situation so: Dein Papa steckt in der Haut und fühlt und empfindet. Er kennt seinen Körper und merkt und spürt die Tendenzen. Und er merkt ebenso, in welcher Relation der Aufwand (Chemo/Therapien) und der Nutzen stehen. Wenn seine Lebensqualität durchweg gemindert ist und er sagt, es macht für ihn keinen Sinn MIT den Therapien, dann kann die Zeit, die er hat ohne, bezogen auf die Lebensqualität, hochwertiger sein, als wenn er sich zur nächsten Chemo aufrafft. Ich weiß ![]() Du schreibst: Zitat:
"Nicht dem Leben mehr Tage hinzufügen, sondern den Tagen mehr Leben geben.” Cicely Saunders Du machst schon alles richtig, so wie Du es machst. Du bist an seiner Seite. Das ist wichtig. Das kannst Du tun. Mehr vermag man leider bei so einer Krankheit nicht. Ich wünsche Deinem Papa alles erdenklich Gute. Liebe Grüße Annika |
#6
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danke für eure lieben worte..
das tut sehr gut.. natürlich werde ich die entscheidung von meinen Papa akzeptieren... auch wenn es schwer ist... ich mache ihn auch keine vorwürfe... ich denke ich würde auch so handeln.. ihm ging es nach der chemo immer sehr schlecht... er bekommt immer pilz im ganzen mund... das ganze gesicht voll... kann nicht mehr schlucken nach der chemo... kann nicht laufen... hat nur noch durchfall.. er schafft es nicht mal zur toilette... es ist hart das zu sehen... in moment will er nur noch seine ruhe haben... alles ist ihm zu viel... es stört ihn schon wenn meine mama zu in ins zimmer geht... wir haben jetzt mit der Hausärztin geredet... den mein Papa möchte wenn es soweit ist auch nicht ins Hospitz... sie wird ihn dann im paaliativ pogramm aufnehmen.. kommt dann zu ihm nachhause wegen morphium und so... klar hat meine mama angst wenn er dann zuhause stirbt.. ich denke es wird noch sehr hart... ab und zu machen wir Papa jetzt eine Pampers um... er schämt sich dafür... er macht sich das leben aber erlich gesagt auch teilweise selber schwer... er hat schmerzen und nimmt keine Medikamente.. er will einfach nicht.. er blockt ab... schlaftabletten nimmt er jeden abend eine damit er wenigestens schlafen kann... wenn ich mit ihm reden will wimmelt er ab... er macht komplett zu... sagt nur ihn wird eh keiner vermissen... das tut weh... meine mama sagt der husten wird immer schlimmer... wir müssen schauen was wir noch so alleine schaffen können... die Ärztin will ein Pflegedienst einsetzen wenn garnichts mehr geht... wenn wir es nicht mehr schaffen... meine mama ist ja selber krank.. hat es schwer mit den rücken und zucker. am 5 januar hat mein papa erst mal geburtstag... da wird er 63. weihnachten hole ich ihn zu mir... ich werde wenn ihr wollt weiter berichten danke noch mal |
#7
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Liebe Tatjana,
es tut weh zu lesen, wie es deinem Vater geht und dass er niemanden an sich heran lässt. Ich habe mir überlegt, wie ich mit solch einer Situation umgehen würde, (aus der emotionalen Distanz ist das natürlich leichter.) Ich glaube, ich würde meinem Vater einen Brief schreiben. Würde ihm schreiben, wie sehr ich ihn liebe, wie sehr die Familie ihn liebt. Und weil wir ihn so lieben, würden wir alles tun, damit es ihm besser geht, er seinen Frieden schließen kann, wie auch immer dieser aussähe. Es ist ja auch ein riesengroßer Liebesbeweis von deiner Mutter, ihn zu Hause zu pflegen. Auch das dürfte er wissen. Ich würde ihm sagen, dass, wenn er auch mich liebt, er mich nicht ausschließen sollte. Wenn er aufgibt und sterben will, dann möchte er mir erlauben, ihn zu begleiten. Ich würde ihm sagen, dass ich ihn und seine Gegenwart brauche, um die Zukunft ohne ihn ertragen zu können. Und keine Pampers dieser Welt könne etwas daran ändern, dass er mein geliebter Papa ist, der mich mein Lebtag beschützt und auf mich aufpasst. Und dass ich erwarte, dass er später, wenn er die Dimension gewechselt hat, weiterhin auf mich aufpassen wird. Deshalb muss er mir jetzt erlauben, auf ihn aufzupassen und bei ihm zu sein, damit er seinen neuen Aufgabe als zukünftiger Schutzengel gewappnet ist. Das würde ich schreiben. Aber natürlich denke ich daran, was ich meinem Vater schreiben würde. Vielleicht ist es aber auch eine Möglichkeit für dich. Dein Vater kann dann selbst entscheiden, wann er den Brief liest und ob und wie er reagiert. Er hätte die freie Wahl und vielleicht kann ein Brief ihm ja auch helfen, wieder etwas Nähe zuzulassen. Alles Liebe für Euch!
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_________________________ Ich habe mit Hilfe der Menschen im Krebsforum meine Mutter 2010-2011 bei ihrer Lungenkrebserkrankung (Adenokarzinom) begleitet. Sie starb Weihnachten 2011. Danke an alle, die mir geholfen haben. Und alles Liebe für alle, die den Kampf gegen Krebs bestreiten. |
#8
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Genau so wie du es beschreibst ist es meinem Mann auch gegangen. Jede Phase, die du beschreibst hat er auch durchgemacht. Keine Schmerztabletten, kein Reden über seine Erkrankung, man wußte nie was man richtig macht und was man sagen soll.
Ganz zum Schluss, sagte mein Mann, er möchte ins Krankenhaus, von seiner geliebten Couch weg, er wollte nur aufgepäppelt werden mit Kalorien, weil er es auch nicht mehr schaffte wegen Durchfall rechtzeitig auf die Toilette zu kommen. Keine zwei Tage später konnte er unterstützt durch Ärzte und Schwester und das erste Mal in seinem Leben mit Morphin in das Regenbogenland gehen. Mit Würde und Stolz. Er wollte sein Leben und Freiheit für sich selbst zu entscheiden nicht aus seiner Hand geben. Als er friedlich eingeschlafen ist war ich stolz auf ihn, nur einfach stolz. Bin aber wohlgemerkt traurig für jedes ungesagte Wort über seine Ängste ... ich kann es einfach nicht beschreiben.... aber er wollte es so. Was habe ich mir für Gedanken gemacht, wie stirbt er, was muss ich tun, wie will ich was machen, tausende von Gedanken sind in mein Gehirn damals geschossen, mein Herz hat geschrieen vor lauter Schmerz und ich wusste nicht was ich machen soll. und dann ging alles so schnell ... sorry, ich habe alles ohne Punkt und Komma geschrieben... aber meine Finger haben einfach nur drauf los geschrieben und wenn ich jetzt alles korregiere, dann lösche ich den Text. Ganz liebe Grüße an Dich und pass auf Dich auf. Ilonka |
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