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Alt 07.06.2002, 09:33
Gast
 
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Standard Chemo mit Gemcitabin

Hallo Elke,
hallo Afra!

Ja, auch ich kann Deine Mutter verstehen Elke, sie hat Schmerzen, keine Kraft mehr und auch keine Hoffnung!

Aber vielleicht solltest Du ihr wirklich von meinem Vater erzählen, er war schon da, wo Deine Mutter jetzt ist und nun hat er sich vorgenommen, bis zum Ende des Jahres wieder gesund zu sein!!!!

Mein Vater hat die Diagnose letzten September erfahren. Er war total optimistisch, er will den Krebs besiegen. Aber es ging total bergab.
Er nahm ab, er hört auf zu lesen, kein Fernseh mehr, es hat ihn nichts interessiert, er hat sich total abgekapselt, immer nur gegrübelt. Körperlich total abgebaut, stand morgens auf, setzte oder legte sich auf die Couch, hat sich von meiner Mutter bedienen lassen, hat nichts, wirklich nichts mehr gemacht. Man konnte nicht zu ihm durchdringen, er lebte in seiner eigenen Welt, es sah schon so aus, als warte er auf den Tod.
Die 1 Chemo mit Gemzar. Ergebnis: Metastasen weitergewachsen
Chemo gewechselt zu 5FU
Dann kam noch hinzu, daß eine Ader im Bauchraum geplatzt ist, er hat Blut gebrochen, mitten in der Nacht mit dem Krankenwagen in die Klinik, fast 1 Woche Intensiv. Er war psychisch so fertig, daß er nur noch geweint hat (hatte meinen Vater vorher noch nie weinen sehen).
Später kamen Atembeschwerden hinzu, er bekam teilweise keine Luft, Wasser im Bauchraum, drückte auf die Lungenflügel, einmal wurde es nun schon entfernt.
Große Schmerzen trotz Morphinpflaster!
Es sah so aus, als ob es wirklich nicht mehr lange dauern wird....

Vor ca. 5 Wochen hat er beschlossen, wieder der "alte" zu werden.
Erzähl Deiner Mutter, daß er, der kein Essen mehr sehen oder riechen konnte, nun wieder kocht und backt. Er geht einkaufen, fährt wieder Auto, mäht den Rasen, erledigt kleinere Reparaturen im Hause. Er verschlingt wieder Bücher, führt stundenlange Gespräche, plant im Sommer nach Slowenien (unsere Heimat) zu reisen.
Er lacht wieder, hat seinen trockenen Humor wiedergefunden, er ist wirklich von seinem Wesen her fast so wie früher!
Das Unglaublich passierte dann auch noch. Das neuste CT zeigte, daß die Metastasen nur noch Schatten sind, d.h. keine Vermehrung und sie scheinen zurückzugehen!!!

Es ist unglaublich, daß er vor ein paar Wochen nur noch ein Häufchen Elend war und jetzt das blühende Leben. Aber Ihr seht, es geht!!! Wenn man will, geht es, man kann sich selbst überlisten.
Er geht auch 1 mal die Woche zu einer Sitzung. Der Arzt ist kein Phsychoterapeuth, aber es läuft in diese Richtung. Er hat ihm beigebracht, zu meditieren, mit dem Tumor zu reden, in als ein Teil seines Körpers zu akzeptieren und ihn dann langsam darum bitten, wieder zu gehen.
Hört sich jetzt etwas bescheuert an, aber es hat meinem Vater geholfen. Früher hat er bei Magen/Bauchbeschwerden Tabletten genommen, heute legt er beide Hände auf den Magen und konzentriert sich darauf, daß die Schmerzen wieder weggehen. Und er braucht tatsächlich keine Tablette mehr.

Der Zustand eines Menschen ist eine Kopf- und Willenssache, und wenn man will, dann kann man.
Elke, erzähle Deiner Mutter die Geschichte von meinem und Afres Vater, auch sie kann das Ruder noch rumreißen, wenn sie will. Sie soll sich ein Ziel setzten, was sie noch erreichen will, erleben möchte.
Vielleicht nicht gleich eine Reise nach Rußland...Hut ab Afra, wenn er sich das vorgenommen hat, ich finde es super!!!!!!

Aber ich muß auch sagen Elke, wenn Du Deine Mutter mit nichts mehr überzeugen kannst, sie absolut nicht mehr kämpfen will (was ich nicht hoffe), dann solltest Du sie lassen.
Ist jetzt ziemlich krass, aber Du weißt nicht, was in ihr vorgeht, wie sie sich tatsächlich fühlt, ob sie es noch erträgt. Jeder Mensch sollte selbst entscheiden können, wann er aufgibt, auch wenn es für die Außenstehenden noch so schwer ist und so weh tut, aber man sollte es respektieren!

Aber ich hoffe ganz arg, daß Deine Mutter doch noch den "Kick" bekommt und sich nochmals aufrappelt und allen zeigt, daß sie sich nicht kleinkriegen lässt!!!!

Ich drücke ganz fest die Daumen, daß sie den Willen aufbringen kann und Afra Dein Vater soll so weitermachen, er ist auf dem richtigen Weg!!!!!

Liebe Grüße
Karin
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