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Alt 02.06.2004, 16:47
Gast
 
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Standard vom Sterben sprechen

hallo,
gestern haben wir Jinfang beerdigt. Sie ist 46 Jahre alt geworden und hinterlässt zwei Jungen (8 und 12) und ihren Ehemann. Sie ist gestorben nach 4 Monaten , die von zunehmender Luftnot geprägt waren. Die letzten Wochen bekam sie ständig Sauerstoff, auch wenn sie für kurze Zeit zuhause war. Sie bekam Morphium, aber nicht wegen Schmerzen, sondern gegen die Angstzustände, die das Erstickungsgefühl mit sich bringt. Bis zum Schluss war sie klar, nur in den letzten paar Stunden ist sie weggedämmert. Ich habe sie am Tag vor ihrem Tod noch einmal gesehen. Sie war nur noch ein Hauch, sie ist einfach immer weniger geworden. Sie hat ihr Sterben jedoch bis zum Ende nicht akzeptiert. Noch am letzten Tag sprach sie von neure Chemo und Verlegung.Wir alle standen dabei und wussten nicht, was sagen. Jeder hat auf seine Weise versucht, Hinweise zu erhalten, ob sie vielleicht doch sprechen will. Sicher ist diese extreme Form der Verdrängung ihre einzige Möglichkeit gewesen, es zu ertragen. Sie empfnad es als großes Unrecht, so jung sterben zu müssen. Sie war sehr wütend und hat diese Wut bis zuletzt nicht überwunden. Sie hat es nicht zugelassen, sich zu verabschieden. Sie hat den Ärzten einfach nicht glauben wollen. Durch einen Zufall konnte ihre Schwester am letzten Tag ihren ältesten Sohn an ihr Bett holen, so konnte sie noch Hallo sagen und ist dann ohnmächtig geworden. Ich habe sie nie weinen sehen, ich habe das Gefühl, dass die Zurückgelassenen nun alle ihre Tränen weinen müssen. Man ist traurig, aber auch wütend, dass sie es sich und uns so schwer gemacht hat. Die Kinder sind nicht auf den möglichen Tod der Mutter vorbereitet wordén, aber sie haben sich wohl innerlich schon in den letzten Wochen verabschiedet. Sie selbst merkte die Distanz und hat einmal gesagt:"Sie brauchen mich gar nicht mehr". Das war aber nur die Folge, wie sollten die Kinder das sonst aushalten. Die Kinder sind noch so jung, aber sie hat nichts mit ihrem Mann über die Zukunft besprochen und ihnen (soviel ich weiß) auch nichts mitgegeben. Vielleicht ist das zu hart gesagt, aber ich empfinde es so.
Ich weiß nicht, ob sie mit jemand Fremden gesprochen hat. Mit der Krankenhauspsychologin jedenfalls nicht. Da ist es sehr schwer irgendwo Trost zu finden.
Vielleicht geschieht Sterben ja öfter so, aber es ist wirklich schlimm so, für den Sterbenden und die anderen, die zurückbleiben.
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