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Alt 18.02.2014, 07:57
DanielP DanielP ist offline
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Registriert seit: 14.02.2014
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Standard AW: Kann nicht trauern

Hallo,

gestern war die Trauerfeier und ich konnte endlich weinen. Das erste mal komischerweise, als mein Exfreund, der noch sehr guten Kontakt zu meinen Eltern und auch zu mir hat - wir sind im Grunde beste Freunde, vorbeikam und wir uns gedrückt hatten. Zwei Schwestern meiner Mutter waren auch mit ihren Ehemännern da, die ich seit knapp 10 Jahren nicht gesehen hatte. Das war natürlich auch erstmal schön für mich. Das war Sonntag, also Sonntag sind die von außerhalb (Dresden, Stuttgart, Eltern wohnen bei München) angereist.

Vor der Beerdigung hatten mein Freund und ich ja noch einen Termin bei der Bank. Alles noch normal. Ich bin dann mit meiner Mutter schon früher auf den Friedhof. Das ganze fand draußen statt, Vater wollte keine Kirche und die Aussegnungshalle war zu klein.

Naja, als ich dann die Urne gesehen hatte, war's erstmal vorbei. Das war eigentlich das schlimmste vom ganzen Tag. Ich kann und will einfach (noch) nicht akzeptieren, dass da mein Vater drin sein soll.

Ansonsten, es waren wirklich sehr viele Leute da, was für mich sehr ergreifend war. Mein Vater hatte bei der Bahn als Lokführer gearbeitet. Es lag sogar ein Kranz der DB AG, Region Bayern und S-Bahn München da und noch ein eigener Kranz der Kollegen. Das fand ich schön. Waren auch sehr viele Kollegen da. Und viele aus dem Ort. Mein Vater kannte ja "jeder". Waren bestimmt so 50 Leute da, die Anteil genommen haben und meinen Vater begleitet haben. Es war trotz allem für mich natürlich schön und ein Trost, alte Bekannte wiederzusehen, auch wenn es leider keine Zeit zum Reden gab.

Der emotionalste, aber auch "schönste" Moment, den ich nie vergessen werde und den mir keiner mehr nehmen kann, war, dass ich meinen Vater im Arm von der Aussgegnushalle zur Urnengrabstätte tragen durfte. Ich hab ihn begleitet und er musste seinen letzten Weg nicht alleine gehen . Meine Mutter und ich haben ihm, also der Urne noch einen Kuss mit auf den Weg gegeben.

Was ich auch irgendwie faszinierend fand. Ca. eine halbe Stunde vor der Feier riss ganz plötzlich der Himmel auf und es schien die Sonne. So als hätte der Vater die Wolken beiseite geschafft um uns zuzusehen, uns Kraft zu geben, uns zu beschützen. Erst nach der Feier zog sich alles langsam wieder zu.

Die Rede von der Rednerin war auch schön. Sie hatte ihre Hand auf die Urne gelegt und wir alle durften unsere persönliche Gedanken an meinen Vater richten. Ich bin nicht religiös, aber der Glaube, dass er zusammen mit meiner an Krebs verstorbenen Oma mütterlicher seits irgendwo ist und auf uns aufpasst, tröstet und gibt einen Kraft.

Ich konnte endlich weinen. Körperlich geht es mir gut, seelisch natürlich nicht. Ich habe erst gestern mit dem Trauern überhaupt angefangen. Es tut so wahnsinnig weh. Und dann dieses Ungerechtigkeitsgefühl. Mein Vater war für mich persönlich der beste Vater, den man sich nur wünschen konnte. Und er hat für seine Mitmenschen immer alles gemacht. Nein kannte er nicht. Und diese scheiß Krankheit hat ihn uns einfach weggenommen und nicht mal gefragt. Ich werde sehr sehr lange brauchen, bis ich das begreifen werde. Dieses Ungerechtigkeitsgefühl wird wohl für immer bleiben, aber sicher in den Hintergrund treten. Leider gibt es hier im Ort keine Selbsthilfegruppe für Hinterbliebene, zumindest habe ich keine gefunden. Vielleicht könnt ihr mir helfen, wo ich fündig werde.

Ansonsten muss ich den gestrigen Tag erst verarbeiten. Viele Eindrücke, viele Emotionen. Und ein Weg, der leider eine Einbahnstraße ist. Ich werde nie wieder seine Stimme hören, ihn um Rat fragen können und und und. Das ist das Schlimmste.

Daniel
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