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Alt 20.04.2014, 11:59
Daniel16121980 Daniel16121980 ist offline
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Standard AW: Es tut so unendlich Weh....

Hallo lieber Oliver,
Hallo liebe Tine,

zuerst möchte ich Dir lieber Oliver auch meine aufrichtigste Anteilnahme am Tod deiner Mutter ausdrücken. Das es solche Paralelen gibt hätte ich nicht gedacht.

Auch Dir liebe Tine vielen Dank für deine Anteilnahme und das gesendete Kraftpaket. Es tut wirklich sehr gut zu spüren das man mit dem gefühlten Schmerz und dem Verlust eines geliebten und überaus wichtigen Menschen nicht alleine ist.

Was die Ernährung meines Vaters betrifft ist es so, das er selbst noch die Nahrung verweigerte als er sich selbst noch hätte durch Löffel oder Gabel ernähren können. Mal ein wenig getrunken hat er, solange er die Kraft dazu hatte, noch selbst. Die letzten 3 Tage in seinem Leben konnte er dann kein Glas oder Becher mehr selbst in die Hand nehmen, sodass wir ihm wenigstens das Trinken über eine Schnabeltasse unserer Tochter noch zuführen konnten. Dies war allerdings an seinem letzten Lebenstag wegen fehlendem Schluckreflex nicht mehr möglich. So blieb uns an diesem letzten Tag auf Erden nur noch übrig die Lippen mit spezieller Pflegecreme vor dem Austrocknen zu Schützen und alle 30. Minuten via Wattestäbchen die Lippen, die Zunge sowie die Backentaschen mit Flüssigkeit feucht zu halten. Man konnte auch sehen, wie ihm das sichtlich gut tat. Drei Tage vor seinem Ableben war der Hausarzt nochmal da und gegen die Weltlichen vorstellungen die man so hat, sagte er, genauso wie die Dame vom Hospitz, das mein Vater garantiert nicht Verhungern und Verdursten werde. Man kann sich das nicht Vorstellen und man glaubt, wenn man nicht alles Versucht um seinem Körper Nahrung zuzuführen, würde man ihn zum Verhungern und Verdursten zwingen. Dem scheint aber wirklich nicht so zu sein. Zugegeben ist die tatsache das ein Mensch mit HCC am Ende selbst nicht mal mehr Schlucken kann eine tatsache, so das man weiß es ginge in keinem Falle mehr selbstständig. Andererseits erwähnte der Hausarzt als auch die Dame vom Hospitz, das man Menschen die vorher schon in einem Krankenhaus waren und über Infusion oder Sonde künstlich Ernährt wurden, sogar die Infusion und die Sonde vor dem Sterben entfernt hat, weil die Körperorgane im Sterbeprozess diesen Stoffwechsel (Flüssigkeit und Nahrungsverwertung) gar nicht mehr tätigen. Es gehöre somit genauso zum Sterben wie es zum Leben werden gehöre das der Körper automatisch zu Beginn und zum Ende des Lebens gar keine Ernährungsforderung habe. Es fällt schwer das zu Begreifen, da wir aber meinen Vater bis zum Schluss zu Hause in seiner gewohnten Umgebung gepflegt und Betreut haben, konnte man am Verlauf des Sterbens ganz deutlich sehen das es so ist wie vom HA und der Dame vom Hospitz beschrieben wurde.

Man stellt sich den Tod durch ein Krebsleiden immer so Grausam vor. Sicher tritt der Tod von Krankheit zu Krankheit auch unterschiedlich ein, bei meinem Vater konnte man aber sehen, das er am letzten Tag seines Lebens schon in einer anderen Welt war. Er reagierte auf gar nichts mehr und hatte die Augen zu 3/4 geschlossen gehabt. Wenn man nun das schwere Atmen und manche automatischen Bewegungen betrachtet, die mehr Reflex als kontrollierte Handlung waren, so kann man denken das der Sterbende doch noch bewusst mitbekommt was mit ihm geschieht. Dennoch ist klar das seine Körperbewegungen und reaktionen ruhig und gleichmäßig und ganz bestimmt nicht ängstlich, Panisch oder hektisch waren.

Sein Wunsch war es immer nicht in ein Heim kommen zu müssen. Dies wäre bedingt durch unsere finanzielle Situation (Bruder und ich Erwerbslos, Mutter Rentnerin) auch gar nicht möglich gewesen. Nichts desto trotz, sage ich mir im Nachhinein: Selbst wenn ich Reich wäre, wäre es mein absoluter Wunsch gewesen, meinen Vater auf seiner letzten Reise privat und in seiner gewohnten Umgebung begleiten und Pflegen zu dürfen. Dies entsprach w.g. seinem eigenen Wunsch und das wird letztendlich die Trauer um Ihn irgendwann einmal auch erleichtern.

Das Ende von dem Punkt an wo er selbst kein Glas mehr halten konnte, bishin zu dem Punkt an dem er schon unterbewusste in einer anderen Welt war bishin zum letzten Atemzug dauerte gerade mal nur 3 Tage. Es hätte länger sein können und wer weiß ob ich, mein Bruder und unsere Mutter das dann auch durchgehalten hätten. Man weiß es ja wirklich nicht, ich bin aber überzeugt das wir es mit Abwechseln und gemeinsam mit vereinten Kräften sicherlich geschafft hätten, ganz gleich wie lange es gedauert hätte.

Ich möchte nicht kalt wirken und ich weiß das es aus der sicht meines Vaters sicherlich nachvollziehbar ist was ich jetzt sage, aber ich bin sehr Froh das es am Schluss so schnell gegangen ist. Somit weiß ich gewiss, das er nicht allzulange hat Leiden und Schmerz ertragen müssen. Laut seinen eigenen Aussagen hat er bis vor 3 Wochen ja überhaupt noch gar keine Schmerzen verspürt. Ob das nun der Realität entspricht oder ob er das nur zur Beruhigung seiner Kinder und seiner Frau sagte ist natürlich nicht sicher. Er wusste aber das nun einzig und alleine er zählt und seinen Gefühlen freien lauf lassen sollte.

Worauf ich besonders Stolz bin, ist die Tatsache das wir seinen letzten Wunsch erfüllen konnten und das er vom Gesicht her und manchen Charaktereigenschaften nebst seinem Vornamen (ist mein Zweitnamen) in mir weiter Lebt. Ich bin so unendlich Dankbar diesen Menschen als Vater gehabt zu haben. Er hat mir alles was im Leben wichtig ist und worauf es ankommt Beigebracht und Vermittelt, wenngleich so manche Dinge wie Ehrgeiz und Zielstrebigkeit dabei leider nicht so von mir umgesetzt werden/wurden wie er es uns immer beigebracht hat.

Danke Papa. Danke für alles was du für uns alle getan hast. Du wirst immer einen besonderen Platz in unserem Herzen und unserer Erinnerung haben, sodass du für immer und ewig bei uns bist.
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