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Alt 24.08.2004, 23:55
Gast
 
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Standard Beziehung kaputt.

Hallo Angela

Ich wünsche dir von ganzem Herzen, daß du den Mut hast mit ihm in Urlaub zu fahren. Vielleicht ist noch nicht alles kaputt? Auch ich hatte mit meinem Mann eine schlimme Kriese, daß ging so gar soweit, daß ich nach ihm geschlagen habe, so verletzt und wütend war ich. Ich betrachte diese Krankheit als entscheidende Prüfung für unsere Ehe. Ich habe durchaus bemerkt, daß mein Partner Probleme mit der Krankheit hat. Ich bin 40 und habe eine Ablatio, sogar eine ziemlich hässliche. Auch ich nehme GNRH-Analoga, was zu Libido-Verlust führt. Wie hat Christina so schön geschrieben? die Männer könne nicht so gut mit der Sache umgehen-------tja, ich als Frau auch nicht. Bei mir gehen die Gefühle auch rauf und runter...von Trauer über Wut auf die Krankheit, auf Menschen , die mich sehr verletzt haben, auf die Situation als solches, auf meinen stümperhaften Operateur, auf meinen Partner, von dem ich natürlich immer im richtigen Augenblick zum richtigen Zeitpunkt gerne die richtige Hilfe gerne hätte....und das passiert sehr selten.
Aber mal ganz ehrlich, kann er denn überhaupt verstehen was so im Wechsel in mir vorgeht? selbst wenn ich mich mitteile, glaube ich inzwischen, daß ein Mensch erst dann versteht, wenn er selbst Erfahrung mit der Bedrohung hat. Meine mUtter zeigte sich im ersten Jahr nach meiner Erkrankung für mich auch sehr unbefriedigend, ich hätte irgendwie mehr erwartet...oftmals war ich sauer über ihr Verhalten und hatte das Gefühl, sie versteht nichts....dann hatte sie dieses Jahr einen Krankenhausaufenthalt unter Sarkom-Verdacht( zum Glück blieb es beim Verdacht und es waren nur gutartige Zellen ) ...aber kurze Zeit später sagte sie: ich versteh dich jetzt...ich wußte nicht was das Wort Angst bedeutet und konnte somit auch nicht dein Auf und Ab nachvollziehen. Sie lernte den Zustand nur für knappe 8 Tage kennen, dann war es wieder teilweise vorbei...Ich wünsche manchmal den Menschen, mit denen ich es zu tun habe einen kurzen Einblick...das gäbe sicher mehr Verständnis....auch meinem Mann habe ich es schon oft gewünscht, aber ich habe ihn erlich gesagt so lieb, daß ich garnicht will, daß er diese Erfahrung machen muß. Das schönste Geschenk Gottes ist doch die Ahnungslosigkeit in der er die Menschen belässt bis sie eine solch schreckliche Erkrankung am eigenen Leib erfahren...und wenn ein naher Freund oder ein Familienmitglied betroffen ist, so hat man zwar eine Ahnung und ein gewisses Entsetzen, aber über das eigentliche Ausmaß haben sie keine Ahnung.....ich habe mich nach über einjährigem Bemühen um Verständnis mit der Situation abgefunden, daß man eigentlich nur echtes Verständnis bei Gleichbetroffenen findet...und wisst ihr was? das ist nicht schlimm! lasst den anderen das große Geschenk der Ahnungslosigkeit...es ist doch so schön!!!! und heute kann ich mich sogar schon manchmal darüber freuen, auch wenn ich mich dann immer noch nicht verstanden fühle. Versteht ihr eigentlich was ich damit sagen will, oder schreibe ich hier nur Stuß?
So und jetzt zu rück zu meiner Ehe! Ich wollte sie unbedingt retten. Wir haben dann Zwiegespräche gemacht unter fachmännischer Anleitung....kann ich empfehlen! Ausserdem habe ich eine Behandlungsliege gekauft, eigentlich für Reiki-Behandlungen, aber so ganz nebenbei verwenden wir die auch einfach als Massageliege, wenn wir uns gegenseitig Oelmassagen geben...in gemütlicher Athmosphäre mit Musik, die wir beide mögen, mit Kerzenschein...das endet wohlbemerkt nicht unbedingt im Sex...unsere Zielsetzung ist ganz einfach, daß wir uns gegenseitig etwas gutes tun wollten...als Nebeneffekt hat es, daß wir beide körperlich wieder besser zueinander gefunden haben. Ich kann seinen unversehrten Körper wieder besser akzeptieren und vor allem meinen eigenen Körper...und ich habe erkannt, daß dies eine große Voraussetzung war (eben meine eigene Körperakzeptanz) um wieder zwischenmenschlichen Kontakt zuzulassen...und damit kam auch wieder ein Teil des Libodo zurück trotz Antihormone...und glaube mir ....es ging nicht von heute auf morgen...es kam langsam...und ich hoffe immer noch, daß es vielleicht noch besser wird, aber ich will nichts erzwingen...ich lernte auch akzeptieren ,daß mein Mann sich gelegentlich selbst befriedigt, verursachte mir am Anfang Schuldgefühle , heute akzeptiere ich es als einen einen Beitrag zum Erhalt unserer Ehe. In der Hochphase unserer Kriese haben wir einfach beschlossen uns Zeit zu geben, auseinandergehen können wir immer noch!
Ich denke , wenn die Grundlage noch stimmt und da mehr ist als Sex nämlich Liebe ....und der Wille gemeinsam durch eine Kriese zu gehen und eventuel daran zu wachsen, dann sollte man es wagen...euch fällt bestimmt noch vieles ein, was man als Paar machen kann, ohne zu verdursten, wir haben einfach auch Dingen entdeckt, die uns heute wieder an gemeinsame Interessen anbindet, die wir in den vergangenen Jahren schon garnicht mehr so richtig verfolgt haben vor lauter Hausbau, Kinder und Alltag. Es klappt nicht immer gut, aber immer öfter und es gibt so verdammt ein inniges Verhältnis ...und ich bin sehr dankbar....und er inzwischen auch, daß ich das ganze nicht gekippt habe...ein Ziel hat er sich aber gemacht in der Zeit: Ich werde nicht mehr vor meinen Problemen davonlaufen..ich gehe sie an....und diese Erkenntnis kam durch eine diverenzierte Betrachtung des Verhaltens seiner Eltern in den vergangenen Jahrzehnten, die damals auch davongelaufen sind und heute nach über dreißig Jahren auch noch für ihr Glück arbeiten müssen, was sie damals nicht getan haben..nur heute natürlich jeder wieder mit neuem Partner...das scheint also keiner Ehe so ganz erspart zu bleiben. Wir hatten unser Tief jetzt, aber es geht wieder aufwärts und ich hoffe wir stehen es durch. Vielleicht ist es hilfreich, wenn du ihm die Meinungen mal zum lesen gibst?
Gruß
Mummel
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