Einzelnen Beitrag anzeigen
  #835  
Alt 22.11.2004, 17:58
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard mein papa ,ein tapferer mensch

Hallo zusammen,

habt ihr alle das Wochenende gut überstanden? Ich soweit schon, hab mich von Alkohol ziemlich ferngehalten, ich bin lieber gefahren. Ich war noch mit meinem besten Freund im Kino, na ja, und alles in allem war es ein sehr schönes Wochenende. Ich hab Freitag noch einen alten Schulfreund wieder getroffen, das fand ich sehr nett. So hab ich mal erfahren, was so aus den anderen aus meiner Klasse geworden ist, da ich nicht mehr in meiner Heimat wohne weis ich so was halt nicht. Und ich fühl mich recht erholt, das ist doch auch mal was.

Liebe Ulrike, wie war das Wochenende bei Deiner Schwester, hast Du Dich gut erholt?

Hallo July, wie geht es Dir?

Hallo Diana, schön dass Du Deinen Geburtstag noch feiern konntest. Das mit dem Foto ging mir damals genauso, meine Schwester hatte mir ein Foto von unserem Papa zu Weihnachten geschenkt, ich mag das Bild sehr, aber trotzdem schnürt es einem in dem Moment die Luft ab. Aber schön, das Du jetzt Tante bist, oder? Ich hab auch am Sonntag noch meine Schwester und meine Nichte besucht. Freue mich immer sehr, wenn ich die Kleine sehe!

Hallo Susanne, die Frage, warum alles so schnell ging, habe ich mir auch oft gestellt. Und manchmal bin ich sogar froh, dass ich damals noch nicht all das wusste, was ich heute weis. Ich glaube, dass ich nicht mehr so optimistisch und mit so viel Vertrauen mich der Situation stellen könnte. Das hört sich jetzt sicher merkwürdig an, ich hoffe, Du verstehst, wie ich das meine. Mein Vater war auch 63, als er gestorben ist, das ist echt kein Alter. Er war grade Rentner geworden, hat Zeit seines Lebens immer schwer gearbeitet, war immer nur für andere da. Und als er endlich mal Zeit für sich gehabt hätte ist er krank geworden. Ich weis heute auch viel mehr über die Symptome als damals, und die ersten traten sicher schon früh auf, als noch niemand an Krebs gedacht hat. Er war oft müde, hatte wenig Appetit, sah einfach schlecht aus. Allerdings hat er zu dieser Zeit noch auf Nachtschicht gearbeitet und hat das darauf geschoben. Dann fing irgendwann der Husten und die ständige Heiserkeit an und kein Arzt hat irgendwas erkannt. Bronchitis und ähnliches wurde diagnostiziert. Und irgendwann ist er einfach mal bewusstlos geworden, ohne Vorwarnung. Er selbst wäre da wahrscheinlich auch nicht zum Arzt gegangen (er ist eigentlich immer erst zum Arzt gegangen, wenn es gar nicht mehr anders ging), aber meine Schwester hat nicht locker gelassen, hat ihm Termine beim HNO und beim Lungenfacharzt geholt. Und weder bei der Bronchoskopie noch bei Röntgenaufnahmen hat man was gesehen. Ich glaube es war der HNO, der nicht mehr locker gelassen hat. Ende Oktober, Anfang November 02 hat er die Diagnose bekommen. Die Chemo hat er anfangs sehr gut vertragen und die hat auch sehr gut angeschlagen. Zu der Zeit war der Tumor sehr geschrumpft und es waren keine Metastasen gefunden worden. Dann hat er eine Darmentzündung bekommen, eine Nebenwirkung von der Chemo. Bis diese ausgeheilt war, konnte sich der Krebs ungehindert ausbreiten. Der Tumor war wieder riesengroß und er hatte Lebermetastasen. Er hat noch eine sehr starke Chemo bekommen, die überhaupt nicht angeschlagen hat und ihn sehr geschwächt hat. Danach ging alles sehr schnell. Ich konnte das damals gar nicht glauben oder verstehen. Im März ging es ihm noch relativ gut und im Juli ist er gestorben. Man sieht hilflos zu und kann es nicht verstehen. Ich drück Dich mal! Das sind meine Erfahrungen und wie Du siehst war es bei uns ganz ähnlich. Weißt Du, ich kann nur für uns sprechen, aber ich glaube dass es bei meinem Papa auch deshalb so schnell ging, weil ihn diese starke Chemo, die ja nicht mal auf den Krebs angesprochen hat, so geschwächt hat und nachdem man ihm gesagt hat, dass man nichts mehr für ihn tun kann. Ich glaube, da hat er sich aufgegeben. Solange er noch Hoffnung hatte hat er immer gekämpft und sich nie hängen lassen, aber nachdem die Arzte ihm das gesagt hatten, ist er nach einer Woche gestorben. Und ich bin froh, dass die Ärzte uns damals keine Prognose gegeben haben, sie wäre eh falsch gewesen. Als mein Vater gestorben war sagte auch der Hausarzt, dass das so schnell gehen würde konnte man nicht wissen.
Puh, jetzt muss ich erstmal wieder durchatmen, mich nimmt das immer sehr mit, wenn ich es erzähle. Aber ich hoffe, Du weißt, dass Du nicht allein bist mit Deinen Fragen, mir geht es ja auch so.

Ach Doris, mich hat das auch sehr berührt was Du über Deinen Papa geschrieben hast. Vieles von dem was Du sagst so wie „er hat nicht lang leiden müssen“ sag ich mir auch immer, manchmal hilft es, manchmal nicht. Ich drück Dich auch mal. Ich hab ja eigentlich mit Weihnachten seitdem auch nicht mehr viel am Hut, aber ich zwing mich im Moment zu ein bisschen Weihnachtlichkeit, ich hab Tanne gekauft und einen Adventskranz gebunden und Tanne in die Vase gestellt. Und mich diese Woche zu einem Weihnachtsmarktbesuch mit Glühweintrinken verabredet. Weißt Du, ich hab nämlich ein bisschen Angst, das Weihnachten für mich vollends die Bedeutung verliert, und dass ich womöglich jetzt immer vier Wochen deprimiert bin wenn ich nicht was tue. Ich geb mir zumindest viel Mühe den Geist der Weihnacht wieder zu finden. Ich hoffe, Du weißt, wie ich das meine.

So, jetzt hab ich euch aber genug zugetextet.
Viele liebe Grüsse
Alex
Mit Zitat antworten