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Alt 16.06.2005, 16:09
Gast
 
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Standard Nicht nichts ohne dich, aber nicht dasselbe.......

Liebe Heike,

es ist schwer sich die Situation vorzustellen, in der Du, Deine Mama, Ihr beide seid. Daher fällt es mir auch schwer etwas zu schreiben. In den letzten zwei, drei Lebenswochen meiner Mama bekam sie so viel Morphium, daß sie mehr döste als wach war. Was mich in dem ganzen Entsetzen tröstete war, daß sie keine Schmerzen hat,man auch sonst alles macht, was möglich ist und sie erstklassig versorgt ist. Ich saß, sie lag und wir waren reduziert auf uns beide, unsere Liebe, wir atmeten gemeinsam und warteten gemeinsam auf ihren Tod.Oft dachte ich, nun ist es wie es ist,es kommt wie es kommt, wir können jetzt nur mehr miteiner gewissen Ergebenheit hoffen, daß wir es aushalten.

An anderer Stelle habe ich schon einmal geschrieben, daß mein Groll, meine Enttäuschung über das Verhalten meines Bruders und seiner Freundin mir zeitweise mehr zusetzte als meine Sorgen um Mama. Ich meine, das kostete mich unheimlich viel Kraft. Im Vergleich zu Deinem Bruder war es nicht einmal schlimm, aber so kann ich erahnen wie sehr Dir das zusetzt.

Was kann man da raten? Es ist leicht etwas zu sagen, zu schreiben, aber es ist schwer etwas zu tun. Manchmal dachte ich, ich mache jetzt ein Paket, da geb ich diese Wut, diesen Zorn, diese Enttäuschung, all das Kränkende hinein, verschnür es und stell es auch die Seite. Aber es gelang mir nicht. Vielleicht kannst Du diesem Gedanken etwas abgewinnen.

Und nun bin ich - wie Alina - bei den Bachblüten. Eine Zeitlang, als es gleich zwei Krebserkrankungen in meiner Familie gab, nahm ich ein stimmungsaufhellendes Medikament. Als ich die Ärztin das zweite Mal um ein Rezept bat, meinte sie, warum machen sie sich keine Blütenmischung, sie machen sie doch auch für andere Menschen? Da war ich perplex. Ich beschäftige mich seit 20 Jahren damit, mach sie für alle möglichen Leute, und für mich, für mich hatte ich nicht einmal an diese Möglichkeit gedacht. Wie konnte das sein? Ich glaube in solchen Situation braucht man einen anderen, der einen an der Hand nimmt und sagt was man tun kann.

Wenn Du den Angstklops kleiner bekommst, bekommst Du auch Luft für andere Überlegungen, kannst ausprobieren was Dir hilft, gut tut. Bei mir ist das immer ein flotter Spaziergang, reden, schreiben, Musik, aber auch ein paar Fenster putzen, einen Kuch backen, lesen.

Ich wünsche Dir alles Gute
Liebe Grüße
Briele