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Alt 06.08.2005, 21:03
Gast
 
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Standard Sterben , jeden Tag ein bißchen mehr

Hallo Jutta,

bin dir überhaupt nicht böse. Im Gegenteil. Du hast alle Bedenken und Erwägungen, die durch meinen Kopf stürmen, in Worte gefasst. Dieses Hin- und Her der Entscheidungsfindung hat mich sehr stark mitgenommen. Habe viele Tage und Nächte nicht schlafen können. Habe auch meine Tränen vor ihm verheimlicht, so gut es ging. Dieses Unterdrücken hat Spuren hinterlassen. Bin recht krank geworden, ohne wirklich krank zu sein. Ich weiß jetzt, was es heißt, wenn die Seele schreit.
Habe versucht mit ihm zu reden. Sehr oft. Wenn die Krankheit nicht dazwischengekommen wäre, hätte ich mich schon längst getrennt. Meine Versuche haben nichts gebracht.
War 20 Jahre mit meinem Mann glücklich. Niemals hätte ich mir träumen lassen einmal in eine solche Situation zu kommen. Er ist leider vor dreieinhalb Jahren verstorben. Das war sehr schwer für mich. Für meine Tochter natürlich auch.
Mit meinem Freund war ich ca. 2 Jahre zusammen. Hatten auch eine kleine Beziehungspause. War mir dann aber nicht sicher, ob ich nicht vorschnell diese Beziehung aufgab. Und so versuchten wir es vor ca. einem Jahr noch einmal. Große Versprechen.......... nur heiße Luft. Seit etlichen Monaten habe ich versucht da was zu retten. War wirklich sehr verliebt in ihn. Meine Freundschaften zeigen mir alle einen Vogel. Aber ich wollte einfach mit dem Kopf durch die Wand und dachte, Liebe versetzt Berge. Bin eines Besseren belehrt worden.
Die Voraussetzungen waren denkbar unglücklich. Er war und ist arbeitslos. Selbst kümmert er sich um nichts. Nur wenn man ihn unter Druck setzt tut er etwas. Dies hat mit der Krankheit nichts zu tun. Er hat immerzu versprochen und ich hab ihm nur zu gern geglaubt. Zum Arbeitsamt ist er immer nur mit mir gegangen. Hab zugesehen, dass ich dies zeitlich mit meiner Arbeit in Einklang brachte. Genauso Arztbesuche, Einkäufe, und so weiter. Freunde von ihm kenn ich nicht. Mit der Familie hat er, und somit auch ich, wenig Kontakt. In Allem verlässt er sich auf mich.
Dann die fehlende Zuneigung. Ist es so schlimm, mich einmal in den Arm zu nehmen? Ein Gute-Nacht-Kuss? Ein liebes Wort? An solche Dinge kann ich mich kaum erinnern. Die fehlten mir schon vor der Erkrankung und waren Thema. Hab immer seinen Ausflüchten geglaubt, oder wollte es glauben. Immer gehofft.
Das sind nur einige Dinge, die bei uns nicht stimmten. Aber ich war verliebt und blind.
Ihm geht es körperlich gut. Hab ihn verwöhnt, damit er auch ja zunimmt. Habe versucht, den Papierkram mit ihm zu regeln. Aber ich kann doch nicht für ihn Anträge und Bescheinigungen unterschreiben! Auch darum kümmerte er sich nie.
Habe ihn heute nach Hause gefahren. Ich konnte einfach nicht mehr. Meine Magen- und Kopfschmerzen sind seitdem wie weggeblasen. Hab noch hier und da kleine Zipperleins, aber die werden auch vergehen.
Es tut mir für ihn leid, dass er krank ist...... kann aber doch auch nichts für. Bin jetzt nur müde und hoffe, endlich mal richtig zu schlafen. Montag muss ich fit sein. Dann ist der Urlaub vorbei.
Diese Entscheidung fiel mir wirklich schwer. Ich weiß aber dass ich das Richtige getan habe für meine Tochter und mich. Sie hat mich nicht beeinflusst. Dafür bin ich ihr dankbar. Ist beinahe erwachsener als ich;-)))

Habe mächtig aufgeatmet, dass sich meine Vermutung bestätigt hat, dass diese Untersuchung deines Mannes keine negativen Vorzeichen trägt. Ich freu mich riesig für euch. Gemeinsam werdet ihr sicher die dumme Krankheit besiegen. Das ist wirklich meine Meinung. Werde mich weiterhin auf diesen Seiten sehen lassen. Ihr seid mir alle ans Herz gewachsen. Bewusst oder unbewusst habt ihr mir sehr geholfen.
Vielen Dank
Gruß Andrea
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