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Alt 17.01.2006, 15:27
Benita Benita ist offline
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Standard AW: Glioblastom, Angst frisst meine Seele auf

Hallo Conny,

sorg' dich nicht, uns geht es gut. Ich hatte nur die letzten Tage keine Zeit zu schreiben, da meine Mutter nach einer OP Anfang Dezember nun die Diagnose Morbus Sudeck erhalten hat und vollkommen durch den Wind war. Mein Vater stand mehr oder weniger hilflos daneben. Sie haben sich derartig reingesteigert, dass sie vom schlimmsten Fall ausgehen. (Vielleicht ist mein Pessimismus genetisch bedingt?!) Ich hab sie jetzt erst mal eingenordet und wieder auf die Spur gebracht. Mein Gott, bin ich cool, warum schaffe ich das nicht bei mir selber?

Das ABBA-Konzert war spitzenmäßig, hatte zwar die ganze Zeit vorher Angst, dass es meinem Mann so kurz nach der Chemo vielleicht zuviel wird. War mal wieder unbegründet. Wir hatten beide einen Riesenspaß. Es war ein wirklich schöner Abend.

Deinen Wunsch nach Urlaub allein kann ich wirklich nachvollziehen. Deswegen und weil du manchmal wütend bist, brauchst du wirklich kein schlechtes Gewissen zu haben. Ich denke, es ist auch ein Zeichen von Erschöpfung, physisch wie psychisch. Mir ging es im Septermber ähnlich und als ich dachte,ich kann eh nicht weg, wurde es immer schlimmer. Während der Kur meines Mannes bin ich dann von meinen Eltern zwangsweise für 4 Tage in ein 5 Sterne Hotel mit Wellness und Beauty-Anwendungen geschickt worden. Ich war vollkommen allein für mich und brauchte mit niemandem reden, keiner wollte was von mir und ich konnte mir die Zeit einteilen, wie ich Lust hatte. Ich ließ mich verwöhnen, die Falten bügeln und war stundenlang Power-Shoppen. Ich glaube die 4 Tage haben mir mehr gebracht, als 3 Wochen Kuraufenthalt. Vor allen Dingen hatte ich nach Jahren, wenn auch nur für kurze Zeit, zum ersten Mal das Gefühl für nichts und niemanden außer für mich selbst verantwortlich zu sein. Mein Mann war in der Nähe seiner Schwestern in Kur und meine Eltern kümmerten sich um meine Kinder, Haus und Köter. Dabei ist mir bewußt geworden, dass mich die Verantwortung fast erdrückt hat. Ich habe erkannt, dass ich nicht für alle Unzulänglichkeiten verantwortlich bin (Gluckensyndrom). Diese 4 Tage Erholung und die Erkenntnis, dass ich das Leben nicht ändern kann, sondern besser damit lebe, es hinzunehmen haben mir bis heute eine ungeahnte Ruhe gegeben. Davon profitiert meine gesamte Familie. Ich kann dir deshalb nur wärmstens ans Herz legen, auch mal an dich zu denken. Hast du das nicht selber Lothar empfohlen?! Wenn du es wirklich willst, kriegst du es hin. Wir werden noch lange intensiv gebraucht.

Liebe Grüße Benita
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