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Alt 28.02.2006, 17:57
Misa Misa ist offline
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Ort: Westfalen, Münsterland
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Hallo alle zusammen,

ich melde mich ja ziemlich selten hier, lese aber immer mit. Was hier jetzt "ab" geht finde ich sch.... Ich benutze ganz bewusst diese Worte. Weil ich denke, dass man (oder ICH) das ausdrücken "darf" was ich empfinde. Ja, ich schreie rum, ja ich drücke mich aus wie auf dem Fussballplatz. Ja, bin egoistisch. Warum auch nicht. Ist Egoismus etwas negatives? Wer sagt das? Wer sag was "man" darf und was nicht? ICH bin nicht "man". Wenn jetzt jemand versuchen sollte mein soziales Umfeld zu analysieren hier eine Hilfe: Ich arbeite in einem gemeinnützigen Verein zur Arbeitsförderung und Integration arbeitsloser Menschen als kaufmännische Angestellte. Ich habe sowohl mit einfach strukturierten Menschen wie auch mit "Persönlichkeiten" aus Stadtverwaltung, Banken und Firmen usw. zu tun. Mir sind erstere lieber. Nicht so, mit ja ach so schönen Worten ummantelt und doch so verlogen. Mit vielen Worten im Grunde nichts sagen. Furchtbar. Mein Lebensgefährte ist vor 25 Wochen gestorben. Ich komme nicht damit klar. Ich funktioniere, gehe arbeiten "wie immer". Manchmal habe ich Wutausbrüche, manchmal fange ich an zu heulen. Auch im Büro. Bin übrigens auch ein Sesself.... Habe aber kein Problem damit. Werde öfter so genannt. So, lange Rede kurzer Sinn. Mir persönlich ist es lieber jemand lässt seinen Gefühlen freien Lauf, sagt was er denk und fühlt. Wie es halt ist. Das ist der Grund warum ich hier immer gelesen habe. Ich finde es sch... das einige Leute so auf GEP "einschlagen" und ach so klug tun. Einwandfrei grammatisch ausgedrückt, "wunderbar". In der Trauer doch so erfahren. Jeder Mensch ist verschieden, jeder Mensch kann schreiben und denken was er will. Jeder Mensch ist unterschiedlich. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass z.B. meine Kollegen die am "Leben gelernt" haben, mit mir und meinen Launen, meiner Trauer mit den unterschiedlichsten Stimmungsschwankungen, besser umgehen können als unsere hochstudierten Sozialarbeiter. Natürlich haben alle hier auch selber die Trauer erlebt, aber nicht alle können Lehrbuchmäßig damit umgehen. Gute Ratschläge können auch "Schläge" sein und sehr weh tun. Vor allem sehr aggressiv machen. Was ich hier immer sehr wichtig fand und mir immer sehr geholfen hat ist, zu lesen, dass es anderen auch so geht wie mir. Das ich nicht langsam durchdrehe. Das es "normal" ist die unterschiedlichsten Reaktionen zu erfahren. Ich habe mich oft in dem einen oder anderen Bericht wiedergefunden. Aber nicht in den Berichten der "Trauerphasen und und wie man damit umgeht", sondern in den emotionalen, verzweifelten und auch aggressiven. Das hat mir sehr geholfen. Auch die Worte von Gerhard. Offen und ehrlich, wenn auch manchmal hart. Aber das Leben ist hart.
ICH FINDE GUT, WAS GERHARD SCHREIBT.
Wir, die alle einen Menschen verloren haben, sind meistens sehr dünnhäutig und verletzlich geworden. Ich jedenfalls, obwohl es doch "schon" 25 Wochen her ist. Aber ich WILL scheiße drauf sein, ich WILL schreien, ich WILL aggressiv sein, ich WILL NICHT einfach weiterleben, ich WILL die Trauer nicht überwinden, ich habe ihn so geliebt und ich weiß nicht wie es ohne ihn weiter gehen soll. Einen Tag nach dem anderen ohne jeglichen Sinn. Aber ich WILL auch nicht, dass das Leben ohne ihn einen Sinn macht. Und das alles für immer? Schön gewählte, tröstende Worte helfen wenig. Die habe ich in meinem Umfeld auch. Mir ist es wichtig zu erfahren wie es anderen geht, die einen Menschen verloren haben. Ehrlich. Mit allen Emotionen. Ich finde es sehr traurig, dass hier so ein Streit entstanden ist. Gerade wir sollten doch wissen, was für unterschiedliche Empfindungen und Reaktionen wir durchleben, wenn der liebste Mensch gestorben ist. Gerade wir sollten doch dafür Verständnis haben. Wir kennen es doch. Oder nicht?
So, jetzt habe ich ewig lange und durcheinander geschrieben. Ich kann leider nicht so schön in Worte ausdrücken was ich empfinde. Das ist auch der Grund, warum ich mich hier selten zu Wort melde und nur still mitlese. Aber ich finde es doch sehr schade und traurig, das hier so aufeinander "eingeschlagen" wird. Und das meiner Meinung nach von BEIDEN Seiten. Lasst Gerhard doch "hauen". Er haut ja nicht Euch.

misa
(Sandra)
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