Guten Morgen an alle!
Liebe Andrea,
weißt du, wenn ich so über mich dachdenke, glaube ich fast, dass auch dieses Hadern dazugehört. Durch den Tod unserer Lieben vollkommen aus der Bahn geworfen, beginnt man irgendwie alles zu hinterfragen.
Ich habe mich sehr früh für ein Leben mit Kindern und gegen eine berufliche Karriere entschieden, hatte zum Glück einen Partner, der diesen Wunsch teilte. Ich glaube ihr alle wisst, wie viel mir meine Kinder bedeuten, dass ich jedes einzelne niemals missen möchte. Und dennoch habe auch ich mir hin und wieder die Frage gestellt: War alles so richtig? Hättest du nicht besser dies oder jenes tun sollen? Warum hast du dich damals nicht bei einer Behörde o.ä. beworben (damals waren die Möglichkeiten ja durchaus noch besser als heute) du hättest ausgesorgt, der finanzielle Druck wäre heute doch bei weitem nicht da. Natürlich kommt man in seinem Leben hin und wieder an einen Punkt, an dem man alles hinterfragt, Zweifel an seinen Entscheidungen hat. Und trotzdem drehe ich mich selbst in diesem Punkt immer wieder im Kreis. Denn jede Entscheidung führt dich in eine bestimmte Richtung. Und wenn du zurückblickst und sagst, es hat sich bis dato richtig angefühlt, kann die Entscheidung ja nicht wirklich schlecht gewesen sein, denn bis dahin hast du sie ja auch voller Überzeugung getroffen.
Und sogar dieser zugegeben auch etwas flache Spruch "wer weiß, wofür es gut war" ist bei näherem hinblicken gar nicht so verkehrt. Es ist tatsächlich sogar denkbar, hättest du dich für Kinder entschieden, dass dein Verhältnis zu deiner Mutter anders gewesen wäre. Es hätte andere Probleme, eventuell andere Spannungen und Streitpunkte gegeben, die du nicht kennst, da die Situation nie da war, denkbar, möglich, natürlich kann man es letztlich nicht wissen.
Wahrscheinlich kommt früher oder später doch jede Frau an den Punkt - da haben es Männer halt einfacher - da die Frage nach Kindern sich aufdrängt. In einer Situation, in der Gefühle und die Sehnsucht so groß ist, ist es für mich mehr als verständlich.
Ich glaube, jede Lebensart, die aus Überzeugung gelebt wird, ist richtig. Mit manchen Dingen muss man sich leider (altersbedingt) früher oder später dann endgültig abfinden. Ich werde niemals einen gut bezahlten Job haben, der mir ein sorgenfreies Leben ermöglicht, an meine Rente mag ich gar nicht denken. Bis zu Claus Tod war es kein Thema, unsere Planung war anders. Heute ist es ein Thema, aber nicht mehr zu ändern. Und trotzdem sage ich: Ich würde alles immer wieder so machen, denn bis das Schicksal mich gezwungen hat, meinen Weg anders zu gehen, war alles richtig.
Willst du denn nicht doch mal mit deinem Partner über deine Gedanken sprechen? Vielleicht hat bei ihm ja auch irgendwie ein "Umdenken" stattgefunden. Was gestern so war, kann doch heute auch für ihn anders sein. Wäre das nicht denkbar? Und in einem Gespräch mit allem pro und contra, besteht doch auch für dich die Chance, eventuell Klarheit zu finden, was du eigentlich wirklich willst.
Heute nun noch einmal Daumendrücken. Wenn auch nur noch für den Notendurchschnitt, alles andere ist ja zum Glück überstanden.
Ich hoffe, dass ich heute rechtzeitig rauskomme, habe noch so viel vorzubereiten. Freue mich auf das Wochenende und doch liegt es mir ein wenig im Magen. Morgen steigt die Überraschungsparty für Saski. Ihre Schwester bereitet heute Plakate vor, die wir an der Fassade entlang aufhängen werden "Und tschüss Saski" oder so. Bekomme auch Besuch aus der Ferne

und erwarte Alibigäste, damit es nicht auffällt, dass was im Gange ist. Die Planung läuft schon seit Wochen, bin mir nicht ganz sicher, ob nicht doch etwas zu ihr durchgedrungen ist, hoffe aber nicht. Verdacht ist ja nicht Wissen. Saskia ist morgen auf eine Party eingeladen, auf die wir sie auch "ganz entspannt" gehen lassen werden. Von dort wird sie von einem "Überfallkommando" entführt und zu uns zurückgebracht, wo sie dann von ihren Freunden empfangen und mit einer Party nach Malle verabschiedet wird. Viel Improvisation, aber ich bin guter Dinge, zumal das Wetter auf unserer Seite zu sein scheint. So viele Leute im Haus, nein Danke!
Nun, wieder ein Roman geworden, werde mir noch ein wenig Arbeit suchen und dann gehts in die heiße Phase.
Kommt alle gut durch diesen Tag. Grübelt nur so viel wie es euch gut tut, lasst das Tier in der Ecke und denkt an den "neuen Spruch" Kopf hoch, damit die Lieben unsere Gesichter sehen
LG
Andrea