Ok, versuche ich es noch mal
Zitat:
aber ich war über deine Sanftmut, das gewachsene Verständnis für diese Frauen schon erstaunt, EBEN WEIL ich deine Meinung kannte.
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Meine Meinung bezüglich der Sprüche, die die Welt nicht braucht hat sich keineswegs geändert. Ich habe nur mittlerweile gelernt, damit ein wenig besser umzugehen, auf Durchzug zu schalten, zu denken: "Du bist einfach nur doof" und fertig. Ebenso wie ich gelernt habe, die Meinung anderer nicht mehr so wichtig zu nehmen, "denkt was ihr wollt, ihr habt eh keine Ahnung wie es sich anfühlt"
Ich entschuldige in keiner Weise Taktlosigkeiten, habe sie selbst zu genüge erfahren, tue es immer noch. Aus dem „Du wirst schon noch einen neuen finden" ist ein "die hat sich aber schnell getröstet" geworden. Was wisst ihr schon, ja tatsächlich, vielleicht trifft das sogar auf manche hier im Forum zu:
Was wisst ihr schon, wie es in den anderen aussieht. Soll man sich wirklich alles zu Herzen nehmen, was dumme Menschen denken, ja leider nicht nur denken, sondern auch sagen? Nein! Ich brauch meine Kraft für andere Dinge. Ich brauche meine Kraft, um weiterzumachen.
Sanftmut? Vielleicht. Manchmal. Mein Herz ist größer geworden seit ich den Schmerz erfahren habe, so seltsam es klingt. Ich habe diesen Weg gewählt, es hätte auch erfrieren können, hat sich ganz lange so angefühlt. Aber das wollte ich nicht, ich will nicht erfrieren, will nicht erstarren, will nicht alles verraten, was Claus und ich gelebt haben und noch leben wollten. Ich trage seine Liebe in mir, er ist niemals erstarrt, auch nicht, als das Schicksal unsere Familie zerstört hat. Seine Liebe haben wir fühlen können, sie hat uns gewärmt bis zum Schluss.
Ich habe meiner Nachbarin eine Karte geschrieben. Gedacht habe ich schon, an eurer goldenen Hochzeit waren wir zu Gast, meine Silberhochzeit muss ich alleine feiern. Warum sollte ich das schreiben. Das weiß sie selbst. Da eben liegt der Unterschied zu den taktlosen Menschen.
Was ich meinte ist, dass wir, die wir jünger sind, viele Möglichkeiten haben, den Schmerz irgendwie zu verarbeiten. Alleine hier durch unser Forum, wie viele wertvolle, wirklich hilfreiche Gespräche haben wir geführt in den letzten schweren Monaten. Gerade auch wir beide Petra. Wir können versuchen, vor dem Schmerz zu „fliehen“ uns ablenken, haben Freunde und Bekannte, mit denen wir uns treffen können, haben vielleicht Hobbys usw. Was tut eine 85 jährige, die gehbehindert und auf fremde Hilfe angewiesen ist. Was tut sie? Ja, vielleicht, wenn es gnädig verläuft, wird sie ihm bald folgen… Und wenn nicht?
Du hast Recht, ihre Träume konnten zu Ende geträumt werden. Sie haben goldene Hochzeit gefeiert, haben die Kinder groß werden sehen, haben viele viele glückliche Jahre gelebt, die uns nicht mehr vergönnt sind. Ich verstehe was Du meinst. Aber ich spüre im Augenblick nur ihre unerträgliche Einsamkeit. Sie ist an dem Punkt, was ich anfangs so oft gedacht habe: Euch trifft es auch noch, jeden wird es treffen auf die ein oder andere Art. Jetzt hat es sie getroffen und es tut mir unendlich weh, vielleicht auch, weil wieder jemand gegangen ist, der unser Leben lange Jahre begleitet hat. Ich weiß nicht, warum es mir so nah geht, eigentlich kann mich doch nichts mehr treffen, oder?
Ich merke, es will mir nicht so recht gelingen. Ich kann es nicht erklären. Ich weiß, wie schrecklich die Zeit für Andrea ist und wie weh diese unbedachten Sprüche sind, die, das will ich nochmals betonen, ich niemals entschuldigen werde. Ich hatte lediglich versucht, die andere Seite ein wenig zu erklären, damit eben diese Sprüche zu dem Schmerz nicht zu heftig mitten ins Herz treffen.
Ein erträgliches Wochenende, uns allen
LG
Andrea