AW: Vulvakarzinom--Suche junge Betroffene
Hallo an Alle,
nachdem ich damals (Nov. 2003) von meinem Arzt die Diagnose „Vulvakarzinom bzw. Scheidenkrebs“ mitgeteilt bekam und, wieder Zuhause, weitere Informationen suchte in meinem Bücherregal, fand ich schliesslich in dem unten erwähnten Buch (Empfehlung einer Mitarbeiterin in einer Reha-Klinik) „Informationen“. Doch lest selbst:
Zitate aus:
Dahlke, Margit / Dahlke, Ruediger / Zahn, Volker:
Frauen-Heil-Kunde.
Be-Deutung und Chancen weiblicher Krankheitsbilder
Copyright: Bertelsmann-Verlag 1999
= Goldmann Taschenbuch 15204
Kapitel: „Bösartige Vulvatumoren“, (Seite 344ff)
- "Es handelt sich um eine Hautkrebsart der alten Frau ..."
- "Das Krankheitsbild, das wenig Hoffnung lässt ..."
- "Die bösartigen Tumore der Vulva betreffen fast ausschliesslich die sehr alte Frau. Sie führen nur langsam und oft unter schrecklichen Qualen zum Tod ..."
- "Obwohl der Körper und damit die Polarität sich für die Patientin – noch dazu unter ihren Augen – auflöst, kann ihr klar werden, dass das Wesentliche, die Seele, voll erhalten bleibt. Während der Körper ruchbar verwest ..."
- "Da die Tumorgeschwülste nicht selten geschwürig zerfallen (ulzerieren) und dabei geradezu verjauchen, riecht das Krankenzimmer oft entsetzlich. ..."
- "Schulmedizinisch lässt sich nicht mehr viel machen. ..."
- "Der Geruch, mit dem sich der Intim- und damit Geheimbereich gleichsam auflöst (...) bringt die schreckliche Situation des Verwesens bei lebendigem Leib jederzeit allen zu Bewusstsein. ..."
Wie ich mich gefühlt habe nachdem ich das Kapitel über Vulvatumore las werdet Ihr Euch sicherlich vorstellen können – wenn ich von blankem Entsetzen schreibe, dann ist das sicherlich noch glimpflich ausgedrückt. Nachdem ich wegen meines Brustkrebses und damit einhergehenden Komplikationen nicht nur physisch sondern verständlicherweise auch psychisch geschwächt war, wäre es nicht abwegig gewesen zu denken, dass ich mich einem solchen, von den Autoren in Aussicht gestellten "Martyrium", nicht hätte stellen wollen und Konsequenzen gezogen hätte ... - habe tatsächlich sehr mit mir gerungen.
So etwas Schreckliches sollte ich nun also haben! Ihr könnt Euch sicherlich meine Verzweiflung über das soeben Gelesene vorstellen. Wie in einem Horrorszenario fühlte ich mich. Ich habe damals mit niemandem über das was ich gelesen hatte gesprochen aber es stand für lange Zeit immer vor meinem geistigen Auge und hatte sich festgebrannt. Irgendwie war wohl Scham mit dabei und hoffnungsloser Ekel. Nur ganz langsam, mit jeder neuen, sachlichen Information, bekam ich ein "freundlicheres" und realistischeres Bild von meinem Vulva-CA...
Ich werde den Autoren dieses Buches noch einen Brief schreiben in dem ich ihnen aufzeigen will, was sie Vulva-CA-Patienten antun, die sich informieren wollen und dann auf derartig abschreckende, unverantwortliche und wirklichkeitsferne Schilderungen stossen. Ich kann mir schon vorstellen, dass es derartige (wenn nicht behandelte) Krankheitsverläufe gibt, insbesondere nach der Lektüre des Buches von Küppers/Bender „Blickdiagnostik Vulva“ aber das rechtfertigt meiner Meinung nach keinesfalls die Veröffentlichung des o.g. Kapitels, dem jede Sensibilität und Einfühlungsvermögen sowie sachliche Wissensvermittlung und/oder Aufklärungswille oder eine objektive Darstellung fehlt. Es wirkte auf mich damals fast ein wenig verfluchend, dämonisch und jeder Hoffnung beraubend. Ich frage mich, wie man derart verantwortungslos solche unfundierten Behauptungen veröffentlichen kann und welche Intention dem zugrunde lag. Meine Diagnose ist ja keinesfalls einem Todesurteil gleichzusetzen und wir alle sind ja beste Beispiele dafür, dass geheilt werden kann und wir mehr oder weniger gut damit leben und umgehen können.
Wollte Euch einfach nur mitteilen, was mich nach meiner Diagnose beschäftigte und womit ich mich auseinandersetzte und kann nur hoffen, dass anderen Frauen diese furchterregende Erfahrung und Konfrontation mit einem solch unwissenschaftlichen und zudem falschen Geschreibsel erspart bleibt. Wenn sie denn keine Ahnung haben von diesem Thema so sollten sie besser schweigen. Man kann nur warnen vor solchen Publikationen und das will ich hiermit.
Wahrscheinlich hatte ich diese Erfahrung verdrängt. Jedoch sprach ich neulich mit meiner Lymphdrainage-Therapeutin über Dahlke und alles stand wieder vor mir, vor allem meine Wut auf und Unverständnis für diese Autoren.
Heute denke ich, dass Dahlke/Dahlke/Zahn so etwas nie hätten schreiben können wenn mehr über Vulva-CA bekannt wäre - ganz anders als bei Brustkrebs. Nicht nur deshalb finde ich eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung so wichtig und finde es sehr bewunderns- und anerkennenswert, liebe Nadja, was Du und Andere diesbezüglich leistet.
Ich grüsse Euch alle sehr herzlich und wünsche Euch noch einen schönen Sonntag.
Gabriele
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Nichts. Ich lasse das Leben auf mich regnen...
Rachel Varnhagen
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