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Alt 05.09.2006, 09:55
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wuschelo wuschelo ist offline
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Registriert seit: 05.09.2006
Ort: Braunschweig
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Standard AW: Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom, Kollumkarzinom)

Hallo aus Braunschweig,

nach der ganzen Leserei hier im Forum wird mir das ganze Ausmaß der Verbreitung dieser Krebsform erst so richtig bewusst. Einerseits ist es gruselig zu lesen wieviele Frauen betroffen sind, andererseits ist dies auch eine gute Chance des Gedankenaustauschs und der gegenseitigen Hilfe.

Da ich als Mann nicht selbst betroffen bin, werde ich mal kurz schildern warum ich mich in diesem Forum angemeldet habe:

Ich habe im Februar diesen Jahres nach einer langen bewegten Zeit eine sehr liebe Frau kennengelernt und mich nach Ewigkeiten mal wieder so richtig verliebt. Allerdings wurde uns nach knapp 4 Wochen bereits die rosarote Brille von den Augen gerissen als es hieß sie müsse wegen PAP Befund zur Konisation. Naja, Konisation, Alles ganz gruselig aber wir schaffen das schon...
Als wir uns nach der Konisation nach ner Woche so halbwegs wieder aufgerappelt hatten, kam der Befund der Gewebeuntersuchung. KRAWUMM...bösartiges Gewebe gefunden, Durchmesser 14mm und bei der Konisation den bösartigen Bereich angeschnitten Folge --> sofortige Not-OP
Ihr könnt Euch ja sicherlich vorstellen das da nicht nur eine kleine Welt zusammenbrach sondern auch leichte Panik aufkam. WIr beide absolut keine AHnung was gerade abgeht, kaum Zeit uns zu informieren und relartiv allein mit ein paar Aufklärungsgesprächen udn Infozettelchen. Da Alles sehr schnell gehen musste war auch kaum Zeit für eine alternative Diagnose bei anderen Ärzten. Meine Freundin hat sich dann also knapp eine Woche später einer total-OP nach Wertheim unterzogen und dann ging der ganze Zauber erst so richtig los. Anstatt einer zuerst in Aussicht gestellten OP von außen bekam sie dann doch einen netten Reißverschluß wuer über den Bauch. Als sie aufwachte hatte sie dann noch einen Zugang für alle möglichen Schläuche an der Halsschlagader gelegt bekommen und sah aus wie ein Häufchen elend.
Erst da begann eigentlich die Zeit des Informierens und der Selbstaufklärung. Ich habe viel gelesen, habe versucht so gut es ging bei ihr und für sie da zu sein und ihr neben meiner Arbeit, Abendschule und anderen Problemchen mit meiner Kraft wiueder auf die Beine zu helfen. Da sie eine starke Frau ist, hat sie sich körperlich relativ schnell wieder erholt, bis es dann den nächsten Einschlag gab. Nach eingehender Untersuchung des entnommenen Gewebes stellte sich eine seltene besonders aggressive Art des Kazinoms heraus was auch bereits das Haltegewebe des Gebärmutterhalses leicht befallen hatte und durch den Anschnitt dieses Gewebes bei der ersten Konisation wurde meine Freundin vor die Wahl gestellt sich entweder einer kombinierten Chemo- und Strahlentherapie zu unterziehen oder das Risiko von, im Körper verbleibenden Krebszellen, selbst zu tragen. Also wieder mal eine Entscheidung die sie auf spitz und Knopf mal eben selbst treffen sollte. Nach einigen Diskussionen zwischen uns haben wir uns dann dafür entschieden Nägel mit Köpfen zu machen und uns gesagt "DAS schaffen wir jetzt auch noch" (naja, was gabs für mich schon groß zu schaffen, mehr als für sie dasein konnte ich ja leidernicht)... Gesagt getan, was dann kam stellt sämtlichen "Kinderkram" wie Konisation (davor sollte man echt keine große Angst haben, nach 1-2 Wochen ist Frau da eigentlich wieder völlig fit) oder die eigentliche Wertheim-OP völlig in den Schatten. Die erste Chemorunde hat sie eigentlich ganz gut verkraftet und die Übelkeit war mit Medikamenten anscheinend halbwegs auszuhalten. Die Strahlentherapie war allerdings wesentlich übler als befürchtet. Da man die Bestrahlung nicht merkt und sie rein äußerlich ist, neigt man schnell dazu sie zu unterschätzen. Sie wirkt allerdings innerlich anscheinend sehr verheerend. In Kombination mit einer "vergessenen" (wer weiß das schon, 3 Ärzte fragen = 4 Meinungen hören) Hormonbehandlung führte die Bestrahlung mit begleitender Chemo jedenfalls zu einer erheblichen Entzündung des Operationsgebietes was höllische Schmerzen zur Folge hatte. Solche tollen Ideen wie "Tampons mit Bepanthensalbe einführen" oder "diese Zäpfchen sollten helfen" führten entweder wegen unmöglicher Handhabung wegen Schmerzen bzw. Fehlberatung nicht zum gewünschten Erfolg. Da man zwischen den 2 Chemorunden die ca. 5 Wochen auseinander liegen "nur" täglich zur Bestralung muß, ist sie zu verschiedenen Ärzten gegangen und nach der Gabe eines Hormonpräparats (was im Krankenhaus anscheinend leider "vergessen" wurde) und Homöopathischen Mittelchen wurde es dann langsam besser. Nun musste sie sich "nur noch" damit rumschlagen das sie eigentlich keinerlei Essen vertrug und wenn mal was drinen blieb, taten die Darmbewegungen innerlich an den Operationsgebieten weh durch den aufgebauten Druck.
Aber auch die übelste Zeit nimmt einmal ein gutes Ende und ca. 3 Wochen nach dem Ende der letzetn Chemo- und Bestrahlungsrunde war sie fit genug für ihre 3 wöchige Aufbaukur. Nicht genug mit den körperlichen Leiden während der Op-unTherapie-Zeit kamen nun so Dinge dazu wie, dass sie mit 32 Jahren die jüngste Kurbesucherin zwischen all den 60+ Jährigen in der Klinik war was sie natürlich sehr zum Grübeln brachte und nicht gerade motivierend für sie war. Aber auch das haben wir geschafft udn ich habe sie jedes Wochenende aus der Kur-Klinik "entführt" und nach Hause geholt um sie auf andere Gedanken zu bringen. Mittlerweile sieht sie eigentlich wieder aus wie das blühende Leben und die meisten Schmerzen sind halbwegs vergessen und das Leben hatte sich wieder so gut es ging normalisiert (naja bissi Fatique ist immer noch angesagt aber sonst geht’s halbwegs)... Aber wie das Leben nunmal so spielt, hat es immernoch einen Joker in der Hinterhand...
Da wir uns ja vor dem ganzen OP-Zauber erst einen Monat kannten, haben wir uns immer damit getröstet das wir Alles nachholen wenn wir die schwere Zeit überstanden haben. Wir haben schon immer gewitzelt das wir auf den ersten Schnee warten weil wir gehofft haben dann wäre Alles überstanden und wir könnten auch mal wieder an Extremkuschling denken O;o)
Nachdem sie gestern bei ihrer Frauenärztin war, können wir uns dies aber anscheinend auch in Zukunft abschminken... Die Diagnose war mal wieder vernichtend... Da wird ihr dann morgens um 8Uhr erzählt das sich durch die OP udn vor allem die aggressive Bestrahlung die Scheide so sehr verkürzt und verengt hat, dass Sex wohl in der gekannten Weise nie mehr möglich sein wird. Mal davon ab das ich die Diagnose schon sehr einfühlsam rübergebracht fand, brach für sie (naja natürlich auch für mich) erneut eine Welt zusammen. Aber nächsten Montag ist dann noch mal nen Termin beim damals operierenden Arzt, mal sehen was diese Untersuchung so zum Vorschein bringt.

Nachdem ich hier nun mal unsere Erfahrungen gepostet habe, würde uns interessieren ob es ähnliche Erfahrungen gibt und wie ihr damit umgegangen seit.
Auf alle Fälle sind wir fest entschlossen auch diese Hürde gemeinsam zu umschiffen, in diesem Sinne mit TSCHAKA kann man Alles schaffen wenn man nur wirklich will und zusammen hält !!!

Und die Moral von der Geschicht? Nicht zu lange warten bei HPV-Viren und mit PAP-Tests. Lieber ne Konisation frühzeitig machen und am besten vor jedem Eingriff gut informieren und alternative Meinungen einholen und Vorsicht vor solchen Hauruck-OPs.

Ich hoffe ich habe niemandem unnötig Angst gemacht durch diesen Erfahrungsbericht. Er sollte lediglich sensibilisieren in welchen Strudel man geraten kann ohne viel selbst steuern zu können und wie hilflos man sich fühlt.
Andererseits soll er aber auch Mut machen das es normalerweise wesentlich harmloser verläuft.
Bei Fragen könnt Ihr Euch gern jederzeit an mich wenden und für Tipps wie Ihr mit solchen Sachen umgegangen seit bin ich auch jederzeit sehr empfänglich.

Also Alles Gute für Euch und immer Kopf hoch, es geht immer weiter wenn man nur wirklich WILL!!!
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