[Vivi0204]

Liebe Nina,

ich sitze hier und heule!
Habe den ganzen Abend damit verbracht, Deine/Eure Geschichte zu lesen und die Nachrichten an Deinen Klaus.

Seit Montag letzter Woche, als während einer OP am akuten Darmverschluß bei meinem Lebensgefährten Dickdarmkrebs festgestellt wurde, habe ich um sein Weiterleben gebangt - wahrscheinlich genau wie Du damals bei Klaus.
Seit Dienstag dieser Woche weiß ich, daß die "Sache" für uns noch einmal glimpflich ausgegangen ist - da kam der histologische Befund (keine Metastasen, keine Krebszellen in den Lymphen und auch keine Chemo). Er hat nun einen künstlichen Darmausgang (voraussichtlich vorübergehend), liegt zwar noch mit ein paar Komplikationen (Lungenentzündung und Bauchhöhlenabszeß) im Krankenhaus, aber das ist im Vergleich zum Stand der letzten Woche nur harmlos.

Ich empfinde Deine Emotionen, Deine große Trauer um Deine einzige Liebe! Die zugeschnürte Kehle, die Ohnmacht und die große Verlustangst - das habe ich alles letzte Woche kennengelernt und ich werde diese Momente niemals vergessen und habe tief in mir drin auch immer noch große Angst um Manfred. Die wird wohl auch noch lange bestehen bleiben!

Ich bin (leider) nicht gläubig, obwohl ich seit einer Woche täglich eine Kerze aufstelle in der Kirche. Aber irgendetwas in mir will nicht glauben, dass mit dem irdischen Tod, dem Sterben des Körpers, wirklich der ganze Mensch plötzlich nicht mehr da ist.

Manchmal stelle ich mir vor, daß wir ja alle aus Energie bestehen. Und diese Energie muß irgendwohin! Wenn man bedenkt, wieviel Energie z.B. in einem winzig kleinen Grashalm steckt - nämlich soviel, daß dieser kleine Grashalm selbst eine Steinplatte durchdringen kann! Das ist doch schon fast ein Wunder! Warum soll also nicht auch ein solches Wunder in uns Menschen stecken? Wenn ich mir z.B. vorstelle, daß allein das Gefühl der Liebe so übermächtig sein kann, daß es körperliche Symptome hervorruft (z. B. Herzklopfen, schweißnasse Hände etc.), dann ist auch das eine Energieform, glaube ich. Und die Liebe der Menschen, die uns am nächsten standen und gestorben sind, könnte durchaus so stark sein, daß sie weiter bestehen bleibt und in uns selbst spürbar wird - ein ewiges Geschenk an uns!

Ich weiß nicht, ich schreib das hier jetzt einfach so runter, wie es mir gerade in den Sinn kommt. Ich bin, wie Manfred oft über mich sagt, ein "Emotions-Knödel" und weniger der Kopf-Mensch.

Aber wenn ich spüre, wie sehr mir bereits als fremder Person beim Lesen Deiner Nachrichten das Herz aufgeht und Deine Worte mich so tief drinnen brühren, dann glaube ich, daß Du und Dein Klaus noch immer eins seid!

Herzlichst,

Silvia