[Anemone]

Hallo Andrea (und alle anderen),
danke für das Lächeln, das Du uns geschickt hast. Ich freue mich, dass es Dir momentan ganz gut geht.
Ja, hier ist es wirklich still geworden. Eigentlich wollte ich mich längst schon mal wieder melden. Ich habe mich diese Woche im "Place of Memory" getummelt und einen Brief an meinen Schatz geschrieben, den ich Euch hier auch gerne zeigen möchte:

Mein Liebling,
heute muss ich zum ersten Mal seit 42 Jahren meinen Geburtstag, der auch unser 42. Hochzeitstag ist, ohne Dich feiern. Nein, nicht feiern! Irgendwie überstehen. An unserem 41. Hochzeitstag im letzten Jahr warst Du noch bei mir, aber wir wussten schon, dass es das letzte Mal war. Du hast mir - wie immer in all den Jahren - wunderschöne Rosen geschenkt. Wir wussten, dass es die letzten sein würden und haben geweint.
Es ging Dir schon schlecht damals. Du warst so tapfer, hast mir Mut gemacht für das Leben ohne Dich, das unausweichlich und bedrohlich immer näher kam. Du hast fest darauf vertraut, dass ich es packe. Ich habe Dir versprochen, dieses neue Leben irgendwie zu meistern. Ich habe es Dir versprochen, damit uns der schreckliche Abschied ein ganz klein wenig erträglicher werden sollte. Schon damals ahnte ich, dass es unendlich schwer sein würde, aber, Du weißt, dass ich Versprechen, die ich Dir machte, immer gehalten. habe. Ich wusste nicht, wie weh es tut und wieviel Kraft es kostet, dieses neue Leben aufzubauen und auszuhalten.
Wir waren so dankbar für unsere vielen gemeinsamen Jahre, für unsere Liebe, für unsere fabelhaften Kinder, unsere lieben Enkekinder, für das Glück, das wir so oft im Leben hatten.
Sicher, es gab auch Sorgen und Probleme. Aber wir waren einfach ein super Team, und haben immer einen Ausweg gefunden, Du und ich gemeinsam unschlagbar! Bis zu diesem schrecklichen Tag im März 2005, als wir endgültig wussten, dass es für Dich keine Heilung mehr geben wird und unsere Welt aufhörte, sich zu drehen.
Ich will nicht undankbar sein, denn ich habe in diesem Forum Schicksale kennen gelernt, die viel schlimmer sind als unseres. So viele junge Menschen, die nur wenige gemeinsame Jahre erleben durften, Eltern, die ihre Kinder hergeben mussten.
Aber, ist es nicht immer zu früh, wenn der Mensch, den man am meisten liebt, gehen muss? Wir hatten noch so viele Träume. Waren wir zu alt für Träume, mit 65 und 61? Ich weiß es nicht, ich habe Dir unsere Träume mit auf Deine letzte Reise gegeben. Vielleicht träumen wir sie gemeinsam zu Ende, wenn auch für mich der Vorhang fällt und wir wieder zusammen sind.
Du fehlst mir so sehr, immer und jeden Tag und ganz besonders heute. Trotzdem bist Du in meinem Herzen immer bei mir - meine Gedanken und meine Liebe sind bei Dir.
Hilf mir, das Leben ohne Dich anzunehmen, hilf mir den Schmerz und die Trauer auszuhalten.

Ich liebe Dich,
Dein Schatz

Der 30.10. war wirklich ein schwieriger Tag für mich, der mit vielen Tränen begann. Gute Freunde riefen mich an, und wir weinten gemeinsam ins Telefon. Hat aber irgendwie auch gut getan.
Ich will nicht Einzelheiten erzählen, nur so viel: Dank meiner Familie, die mir eine liebe Überraschung bereitete, ging dieser, von mir so gefürchtete Tag doch noch heiter zu Ende. Am Wochenende wollen wir dann die eigentliche "Feierung" (Ausspruch meiner Tochter aus Kindertagen) machen.
Es geht mir inzwischen wieder etwas besser. Gestern Abend war ich mit Freunden im Kino und anschließend essen.
Ich mach mich jetzt auf die Socken, muss einiges einkaufen für morgen, dann Kuchen backen. Das Trauertier bleibt hoffentlich auf Distanz.
Das wünsche ich Euch und mir für die kommenden Tage. Denkt an die Kerzen und an die Schokolade (vielleicht auch ein Gläschen Wein) und kommt gut durchs Wochenende.
Liebe Grüße an alle
Eure Anemone