Thema: Stammtisch
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Alt 08.02.2007, 21:21
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Stammtisch

Nicht mehr rausschreien wollen in die Welt? Ja, vielleicht nicht immer, aber manchmal, wenn das Fass wieder am Überlaufen ist, wo, wenn nicht hier?

Ich hatte es dir erzählt Bruni, für den Augenblick war der Druck weg, hat gut getan gestern. ABER es hört nicht auf in mir zu brodeln. Mal wieder. Und wieder ausgerechnet von meinem Vater. Wann hört er auf damit, wann lässt er seine unbedachten Äußerungen? Wann hört er auf zu versuchen, Claus aus meinem Leben zu verbannen.

Ok, ja, ich will es rausschreien, will es erzählen, was passiert ist. Vielleicht zu empfindlich? Ich glaube nicht, nein, nicht zu empfindlich, sehr verletzt ja, und nicht erst seit mein Mann tot ist. Nein, diese Verletzung was meine Liebe zu Claus betrifft dauert schon fast 30 Jahre an....

Mein Mut, trotzdem täglich aufzustehen wurde belohnt. Ich wurde gefunden. Habe einen wunderbaren Mann an meiner Seite, eine "Perle von Mann" wie Briele ihn genannt hat und ja, es stimmt. Getroffen am Tiefpunkt, verbunden im Schmerz, jeder um "etwas anderes", jeder um sein altes Leben getrauert.

Nun ist er bei uns, in unserem Leben, mit seinen und unseren Erinnerungen.

Meine Schwästerin ist heute 50 geworden. Ein magischer Tag für uns alle, den 50. hätte ihr Bruder 10 Tage nach seinem Tod feiern sollen.

Steffen, die Kinder und ich haben uns etwas besonderes für sie ausgedacht, dieses Besondere auf einem Blatt schön schriftlich und bildlich dargestellt und dann unterschrieben, so wie wir es für richtig halten, nach wie vor.

Ich habe unterschrieben mit: Andrea und Claus (immer dabei). Und das war nun Anstoß. Mein Vater hatte sich bereit erklärt, uns dieses Blatt zu laminieren, deshalb brachte Saskia es zu ihm. Er sah drauf, kein Wort zu der Gestaltung, zu Inhalt u.s.w. ABER die Unterschrift. Sein Kommentar: Wieso unterschreibt sie "Andrea und Claus"?? Stört das Steffen denn nicht? Meine Tochter schluckt zuerst und antwortete (gutes Kind, toll reagiert): Wenn Steffen damit ein Problem hätte, wäre er bei uns wohl nicht richtig.

Aber damit nicht genug. Mein "einfühlsamer" Vater meinte: Ja, aber man muss sich mal in seine Situation versetzen. Alleine, wenn man zu euch nach Hause kommt, überall stehen Bilder von Claus" Auch da reagierte Saski wirklich toll, denn sie erwiderte: Tja, Papa ist ja dort auch zu Hause, daran wird sich auch nichts ändern...

Und ich koche vor Wut, seit nunmehr 3 Tagen und es hört nicht auf. Es hat mich so tief getroffen, dass ich es nicht in Worte fassen kann. Ausgelöscht hätte er den ungeliebten Schwiegersohn am liebsten. Jetzt, da er nicht mehr lebt, könnten doch auch endlich die Bilder verschwinden, damit ihn bloß nichts mehr an meine glücklichen 28 Jahre mit diesem Mann erinnert. Nein, ich kann und will mich nicht beruhigen und ich hoffe sehr, dass ich ihn die nächsten Wochen nicht zu sehen oder zu hören bekomme, denn im Augenblick ist das Maß wirklich voll. Es reicht! Wahrscheinlich hat er tatsächlich heute vor 28 Monaten gedacht: ENDLICH bin ich ihn los!

Steffen übrigens hat mit einer Gegenfrage auf Saskis Erzählung reagiert. Er fragte sie, wie sie es denn finde, dass nun Roberts Bilder bei uns stehen...

Ja, er ist wirklich eine Perle und ich fände die Sorge meines Vaters, die ihn betreffen, sogar irgendwie nett, wenn ich nicht erlebt hätte, wie uneinfühlsam und rücksichtslos er sich 28 Jahre meinem Mann gegegenüber verhalten hat. Nein, ich glaube ihm nicht, dass es hierbei um Steffen geht. Nein, das kann ich nicht glauben.

Übrigens, trotz mehrfachem Hinweis auf den heutigen Tag, kam bei meiner "Schwästerin" heute weder eine Karte noch ein Telefonanruf von meinen Eltern an. Ja, wirklich einfühlsame, rücksichtsvolle, liebenswerte Menschen. Ach, ich habs ja vergessen: Ist ja die Schwester vom ungeliebten Schwiegersohn...

Doch Bruni, hin und wieder tut Rausschreien noch gut, nein, bin noch nicht wirklich sehr weit.

Aber: Weißt du, was mir hilft außer Schreiben? Lieben Menschen Überraschungen bereiten, wenn sich der richtige Gedanke gefunden hat. Ja, das macht mir Freude und dabei fühle ich mich auf sonderbare Weise sehr geborgen. Geduld Brunilein, Geduld

Danke fürs Zuhören

LG
Andrea
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και δεν επέστρεψες
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