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Alt 26.04.2003, 11:05
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Standard Partner bleibt allein zurück - Wer weiß Rat?

Liebe Ulli,

ich denke, dass Deine Mutter RUHE braucht und viel Liebe, aber nicht Liebe in Form von Überhäufung von Programm oder "Menschenansammlungen".
Wahrscheinlich quält sie sich mit Schuldgefühlen herum, gerade weil Deine Eltern keine harmonische Ehe geführt haben. VIELLEICHT hatte sie während der Erkrankung Deines Vaters den einen oder anderen "bösen" Gedanken im Kopf und leidet jetzt auch darunter. Es gibt viele Gründe warum man sich besonders quält und schwer tut.
Wie schon einmal gesagt, ich kann nur von meiner Perpektive sprechen. Das alles kann (muß) auf Deine Mutter nicht zutreffen.
Ich habe meinen Mann vor einem Jahr verloren. Wir waren immer sehr eng verbunden und verbrachten unsere gesamte Freizeit zusammen. Von einem auf den anderen Tag war dann die Diagnose da,- metastasierendes Magen-ca und in einem schon fortgeschrittenen Stadium. Wir fielen von dem schönsten Leben mit einem harten Knall in die Tiefe. Mein Mann lebte noch sieben Monate und quälte sich sehr.Er schlief auch nicht sanft ein, sondern starb sehr qualvoll. Dies zum besseren Verständnis. Nun hat man als Ehefrau diesen über alles geliebten Menschen vor sich, der sich derart quält und dem man nicht WIRKLICH helfen (sprich ihn gesund machen ) kann.Man "reisst" sich die Beine aus, kämpft mit unverständigen Ärzten und sieht den geliebten Menschen sterben und mit ihm das eigene Leben. Das alleine kann schon ein Trauma erzeugen.Mein Mann und ich wollten immer zusammen sein....da hilft es einem nicht, wenn Menschen sagen, er wollte, dass es Dir wieder gut geht,- man sieht das anders. Man WEISS, dass er nur mit einem zusammen sein wollte!!!Wir fehlen einander!Wir waren EINS.
Es sind unendlich viele Gedankengänge, die einen quälen...Nun schreibst Du, die Ehe Deiner Mutter war nicht sehr harmonisch...wahrscheinlich wird sie auch deshalb besonders leiden, weil sie vielleicht die Schuld für einige Dinge bei sich sucht,eventuelle "Versäumnisse" oder, wie schon gesagt, vielleicht sogar manchmal gewünscht hat, ER solle endlich "gehen"....Versteh mich nicht falsch,- das sind Spekulationen. Du solltest auch nicht in sie dringen.
Ich selbst habe Kontakt zu ein paar Menschen, die mir keine dieser platten Sprüche um die Ohren hauen, die mich reden lassen, wenn ich es möchte und sonst sehr friedlich und behutsam sind. Und sich auch zum hundersten Mal eine Geschichte aus der Vergangenheit anhören.Ich kann die Menschen auch nur einzeln ertragen und Männer meide ich, da ich auch festgestellt haben, dass sie mit großer Trauer überhaupt nicht umgehen können. Ich weiss, es ist für alle Teile sehr belastend. Nur wirst Du sicherlich nichts Gutes tun (auch für Deine eigene Beziehung), wenn Du Deine Mutter zu Dir holst. Kannst Du sie nicht eher öfter mal ALLEINE besuchen? Vor allen Dingen empfinde ich es immer als entsetzlich, wenn andere Menschen meinen, SIE wüßten, was gut für mich ist. Vielleicht bin ich ein falsches Beispiel, ich bin eher ein Einzelgänger und neige zum Alleinesein und da mein Mann mein Lebensinhalt war, bin ich jetzt wirklich einsam. Du darfst auch nicht vergessen, dass mit dem Tod Deines Vaters für Deine Mutter sämtliche Alltagsgewohnheiten verschwunden sind. Es ist nicht nur der Mensch, sondern auch die banalsten Dinge, an die man sich gewöhnt hat. Es ist ein Riesenpaket.
Vielleicht würde Deiner Mutter ein Psychotherapeut oder sogar Antidepressiva helfen. Schwer zu sagen. Aber immer nur auf ihren eigenen Wusch! Mir hat das alles nicht geholfen. Mir fehlt einfach NUR mein Mann.Mir geht es jetzt nach einem Jahr eigentlich schlechter als zuvor, da ich in den ersten Monaten eigentlich nur "betäubt" war und sich dann langsam die Erkenntnis durchsetzte, ER ist nicht mehr da.
Ich hoffe, Du findest einen Weg, Deiner Mutter zu helfen, denn Hilfe braucht man und sei es das Gespräch mit anderen Betroffenen.
Alles Gute, falls Du noch Fragen hast,- jederzeit gerne. Aber wie gesagt, es ist immer nur meine Sicht auf MEINE Situation bezogen, die aus mir spricht.
Auch DIR mein Beileid, denn auch DU als Tochter bist ja sicher traurig.
Nadine
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