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Alt 29.04.2003, 12:56
Gast
 
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Standard Partner bleibt allein zurück - Wer weiß Rat?

Liebe Ulli,

der Tod Deines Vaters liegt noch sehr kurz zurück und schon deshalb wird es nicht möglich sein die Trauer , den Schmerz und die schrecklichen Bilder, die sich in Euch festgesetzt haben zu vergessen. Schau, mein Mann ist im März LETZTEN JAHRES "von mir gegangen", und ich bin schlechter dran an zuvor. Auch ICH habe immer noch und jeden Tag diese Bilder vor Augen, wie er sich quälte und mich mit großen Augen um Hilfe bat. Er wurde zu meinem "Kind", und ich selbst, damals schon gesundheitlich angeschlagen wurde zur" Löwenmutter" um ihr "Kleines" vor den "bösen Ärzten" und der Krankheit zu beschützen. Ich habe versagt! Du siehst, nach einem Jahr immer noch, immer mehr Gedanken, Schuldgefühle etc. Du kannst nicht erwarten, dass Deine Mutter sich so schnell erholt. Und es ist schön, wenn Du ihr viel hilfst und ihr bei behördlichen Angelegenheiten zur Seite stehst. Aber erledige nicht alles für sie,- hilf ihr nur,- sonst wirst Du womöglich aufeinmal feststellen, dass nur noch DU die Verantwortung für das Leben Deiner Mutter trägst. Es ist grausam,- ich weiss. Auch ich habe Angst und Panik bezgl Dingen, die mich früher nicht aus der Ruhe gebracht hätten (ich habe immer alles in unserem Privatleben organisiert und erledigt, und wenn mein Mann nachhause kam, war alles schön für ihn..). Ich habe keine Kinder und stehe alleine da (außer meinen Eltern, die zwar noch leben, jedoch betagt sind, und die ich mit meinen Problemen nicht belasten kann) und muß entweder alles alleine regeln oder mich ins Bett legen und an die Decke "starren". Deine Mutter hat Dich und damit geht es ihr schon mal besser als mir. Aber sie darf auch DICH nicht überfordern, und wenn ich Dich richtig verstanden habe, will sie das ja auch nicht. Ich glaube, es gibt keinen Weg, sie aus dieser momentanen Situation "herauszureissen". Zeig ihr, dass Du ihr zuhörst, für sie da bist und lass sie auch mal alleine. Eine einzelne Person, der sie sich anvertrauen könnte wäre schön für sie,- könnte ich mir vorstellen. Aber da sie auch den PC ablehnt.....Weisst Du, ich bin, wie ich schon sagte ein Einzelgänger, und Du kannst das wohl verstehen, da es Dir ähnlich geht und normalerweise machte es mir nichts aus alleine zu sein (mein Mann war beruflich viel unterwegs), aber diese Situation jetzt ist EINSAMKEIT und nicht mit alleine sein zu verwechseln. Auch mir fehlt noch die Akzeptanz des Verlustes meines Mannes,- ich denke immer noch, er kommt morgen wieder.... Auch das wird bei Deiner Mutter so sein. Sie braucht Ruhe (denke ich) und keine Überforderung egal in welcher Hinsicht, auch nicht in Bezug auf wohlgemeinte ständige Besuche von allen möglichen Leuten. Das ist jetzt wieder meine Sichtweise! Es ist einfach schwer zu raten, wenn man den Menschen und seine Geschichte nicht kennt. Manche "möbelt" es förmlich auf unter Menschen zu gehen. Wenn ich mir aber Deine Beschreibung durchlese, glaube ich nicht, dass das auf Deine Mutter zutrifft. Auch mir ist der "Appetit" vergangen...Du mußt Dir vorstellen, alle "Anforderungen" sind jetzt wie ein Berg, den man meint nicht mehr erklimmen zu können...und man kann es in dieser Situation auch nicht. Ich nehme nachts Beruhigungsmittel (damit ich wenigstens ein Bisschen zur Ruhe komme) aber auch mein Magen "jault" vor Entsetzen darüber.
Lass Deine Mutter momentan einfach in den Tag hinein leben (das tue ich nach einem Jahr noch..)soweit das möglich ist. Sie muß ihren Ablauf selbst bestimmen.
Und auch DIR würde ich jemanden wünschen, dem Du vertrauen kannst. Man braucht so jemanden. Ich weiss, wovon ich spreche,- mein Mann war mein einziger Vertrauer und mit ihm ist auch mein "einziger" Mensch in meinem Leben gegangen...Aber dieser anonyme Weg hier im KK bietet doch die Möglichkeit über Gefühle zu schreiben, die man sonst nicht äußern würde.
Du mußt auch ein wenig an Dich denken, Deine eigene Trauer verarbeiten, Dir nicht noch mehr aufhalsen und selbst erst mal mit dieser neuen Situation klarkommen. Ich sagte ja schon, es gibt für mich nur noch ganz wenige Menschen, mit denen ich es "aushalte",- alles Frauen, die durchaus ihr eigenes Familienleben haben, sich aber von Zeit zu Zeit ein paar Stunden nur für mich nehmen um sich ganz mit mir zu befassen.Und dann sprechen wir über meinen Mann und alte Zeiten,- obwohl auch das weh tut... Außerdem gibt es eine junge Frau, die mir im Laufe dieses Jahres eine gute Freundin geworden ist, und die ich hier im KK kennengelernt habe, die mir immer wieder ihr "Ohr" leiht, auch wenn ich noch so jammere. Sie hat mir in dieser Zeit sehr geholfen und manches Mal wäre ich in meiner Einsamkeit (trotz Einzelgänger sein) fast verzweifelt, wenn sie mich nicht mit ihren mails aufgefangen hätte.Ich habe ihr viel zu verdanken.
Lass auch Dir ein wenig Zeit, diese ganzen Belastungen zu verarbeiten. Ich drücke Dir ganz fest die Daumen für ein gutes Ergebnis bezgl Deiner Untersuchung. Ich kenne das, in dieser Gemütsverfassung sieht man nur noch SCHWARZ.
Viele Grüße, Nadine
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