Einzelnen Beitrag anzeigen
  #116  
Alt 25.05.2007, 18:06
Benutzerbild von lufti
lufti lufti ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 05.07.2006
Ort: Westfalen
Beiträge: 4
Standard AW: Chemotherapien bei Darmkrebs

Hallo Leidensgenossen/innen,

habe mich mal durch die ganzen Beiträge durchgelesen und möchte mal meine eigenen Erfahrungen kundtun:

Ich habe nach der Diagnose Rektumkarzinom (T3,N1,M0) in 12/2005 erst eine neo-adjuvante Radio-Chemotherapie mit 5 Wochen Bestrahlung und in Woche 1 und 5 Dauerinfusionen mit 5FU bekommen(02-03/2006). Dadurch hat sich der Tumor stark zurückgebildet und war bei der OP in 04/06 "nur" noch T2,N0,M0 .
Die operierenden Ärzte im St.-Josef-Hospital in Bochum sind übrigens echte Fachleute, so dass mein Prof. hier in Münster mich lieber dorthin verwiesen hat.Die haben auch die Vorbehandlung initiiert und mich somit vor einem lebenslangen Stoma bewahrt. Der Tumor saß nämlich Anfangs so nah am Schließmuskel, dass man ihn nicht hätte erhalten können. So hatte er sich aber fast 2 cm zurückgebildet und der Prof in BO hatte genügend Sicherheitsabstand für die Totalresektion. Ich bekam nur ein vorübergehendes Dünndarmstoma und behielt es auch während der nachfolgenden Chemotherapie nach dem FOLFOX-Schema. Die ging mit 12 Durchgängen von 06-12/2006 und die Nebenwirkungen hielten sich anfänglich in Grenzen. Übelkeit war dank Kevatril und Dexamethason nicht vorhanden. Nur das Oxali hat mir mächtig mitgespielt. Nach der Infusion bin ich immer wie eine Marionette herumgestolpert und wenn ich dann auf dem Sofa lag, zuckten meine Waden und Zehen völlig unkontrolliert. Kälteempfindlich waren die Hände , die Nasenspitze und die Lippen. Neben dem Kühlschrank lag immer der Grillhandschuh für die kalten Sachen. Dieses Kribbeln etc. ging nach etwa drei Tagen zurück, dafür kam dann der Durchfall (Stomabeutel sei Dank!) und mächtige Geschmacksveränderungen. Etwa 3-4 Tage schmeckte mir nur extrem süßes, alles andere schmeckte wie Gaslaterne ganz unten . In den letzten 3 Tagen vor dem nächsten Durchgang war ich immer topfit. Allerdings habe ich mich nie hängen lassen und bin sogar 2 x in Urlaub gefahren. Im Juli 10 Tage nach Dänemark und im Oktober 10 Tage nach Österreich, alles mit dem Wohnwagen. Das gab immer neue Kraft.
Die richtigen oxali-bedingten Ausfälle kamen erst im Januar 07. Taube gefühllose Finger und Füße, und pelziges Gefühl in den Waden bis zum Knie.
Auch diese "Elektroschocks" in Händen und Füßen habe ich. Etwas Abhilfe hat in der Reha-Klinik das Vierzellenbad gebracht.
Jetzt gehe ich wieder arbeiten, habe aber -bedingt durch 9 Monate Stoma- seit der Rück-OP Ende 01/07 leichte Funktionsstörungen beim Stuhlgang, weil mir ja das Rektum fehlt. Aber so langsam kommt eine Regelmäßigkeit, nach der es sich gut leben läßt. Sogar so gut, dass ich mein Hobby "Heißluftballonfahren" seit 6 Wochen wieder ausüben darf und kann. Das tut besonders gut, wenn man nach 18 Monaten Krankheit seinen Pilotenschein wieder in der Hand hält.
Also, allen betroffenen wünsche ich einen so guten Heilungsprozess wie bei mir, so gute Ärzte wie ich sie hatte (und habe) und gaaaanz viel Kraft, auch die Tiefen zu überstehen. Denn wenn man ganz unten ist, gibt es nur einen Weg: "bergauf".

Alles Gute
Lambert