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Alt 01.06.2007, 06:02
HeikeF HeikeF ist offline
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Registriert seit: 08.02.2007
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Standard AW: Wie soll man das Leben überleben?-Diagnose:Glioblastom

Danke Ihr Lieben,
es war alles so-als ob es so sein sollte.
Denn am Samstag hatte ich Nachtwache gehalten, einfach aus einem Gefühl herraus.
Habe ihm ein Gedicht vorgelesen, seine Hand gehalten, gestreichelt und immer wieder den Schleim entfernt.
Sonntag, fragte ich auch meine Mutter ob es ok wäre wenn ich mit unserem Hund die erste Runde drehe, ich weiß nicht, warum ich dies fragte-hatte ich die ganze Zeit nicht gemacht.
Als ich kurz oben bei uns in der Wohnung war um meinen Hund zu füttern und auf unseren Teich guckte war ein wie mit dem Zirkel gemalter Schaumkreis zu sehen.
Bin dann wieder zu Papa, war alles soweit im grünen Bereich.
Dann kam der Pflegedienst, sie sprach mit mir ab, daß wir keine Nahrung anhängen sondern nur Tee, wg. Papas Zustand, sie hatte Bedenken ob er dann erbrechen könnte..
Als sie weg war, habe ich mir Papa genau angesehen und sah die leichte Fleckenbildung.
Meine Mutter hatte sich mit mir zum Spargel schälen nach draußen gesetzt, ich hatte aber keine Ruhe und setzte mich zu Papa neben sein Bett und nahm seine Hand und streichelte sie, die Atmung veränderte sich, dann auf einmal machte er einen ganz tiefen Atemzug, ich dachte das wäre der letzte gewesen und rief Mutti zu mir, ich habe nur gerufen "komm mal schnell" ich konnte meine Vermutung nicht aussprechen-ich hatte Angst, aber es war nur ein Atemaussetzer, Mutti ging auf die andere Seite des Bettes und nahm seine andere Hand, dann kamen nochmal zwei komisch/grauselig klingende Atemzüge und beim Dritten fing die Kirchenglocke neun Uhr an zu schlagen und mit diesem ist er auch gegangen.
Wir waren also wirklich bis zuletzt an seiner Seite.
Das tröstet mich ein wenig.
Es gab so viele "Zufälle" denn sein Todestag, ist der Tag an dem er meine Mutter kennen lernte, das gleiche Datum, der gleiche Wochentag.

Den ärztliche Notdienst, der den Totenschein ausfüllen sollte, mußte ich ermahnen etwas vorsichtiger zu sein, möchte nicht schildern wie er meinen Papi angefaßt hat, er wurde aber "handzahm" als der Pfarrer von uns eintraf.
Wir haben dann mit dem Pfarrer noch gebetet und der Pfarrer hat nachdem der "offizielle Teil" vorbei war, sich von Papa verabschiedet mit sehr schönen Worten. Er hat ja meine Mutter die letzten Wochen immer wieder besucht um ihr Kraft zu geben. Dann haben wir das Beerdigungsinstitut angerufen und gesagt, daß Papi erst am Nachmittag abgeholt werden soll, sie fanden das sehr schön- Denn normalerweise verlangen wohl die meisten, daß die Verstorbenen am besten noch vor 10 Minuten abgeholt werden sollen.
Wir wollten uns aber noch in Ruhe verabschieden und auch den Verwandten und Freunden die Möglichkeit dazu lassen.
Es war sehr gut so- denn so, konnte jeder sich auf seine Weise ohne Zeitdruck verabschieden.
Es tat gut, im engsten Kreise zusammen zu sein.

Dann mußten wir einen Sarg aussuchen beim Beerdigungsinstitut und um 16.20Uhr wurde er abgeholt, wir haben ihm seine Lieblingssachen anziehen lassen-keinen Anzug.
Aber beim anziehen und auch beim umbetten in den Sarg waren die Jungs vom Beerdigungsinstitut absolut liebevoll und vorsichtig.
Habe mich zweimal bei denen bedankt, sie konnten dies zwar nicht verstehen, habe ihnen dann aber die Untersuchung des "Totenscheinarztes" beschrieben,
sie sagten nur: wir machen das so, wie wie er es uns, für uns mal selber wünschen"
Alles so, wie er es gewollt hätte.
Aber als er rausgetragen wurde, es war so schlimm... ich weiß dafür keine Worte.

Dann am Abend nochmal zum Beerdigungsinstitut um Formalitäten und Karten auszuwählen.
Wir haben eine schöne Karte ausgesucht, nichts mit Kreuz oder so, die ganze Karte und auch der Totenzettel wurde von uns gestaltet: Spruch, Überschrift, Schriftart... das es auch wirklich so ist, wie er war.
Am nächsten Tag unsere Entwürfe vorbei gebracht und genau so machen lassen.

Dann kam wieder so ein "Zufall" kein Beerdigungstermin mehr für diese Woche zu bekommen. Er wird am Dienstag beerdigt. Als mein Bruder sich den Termin am Nachmittag in seinen Palm eingeben wollte, wurde er auf einmal weiß.
Papas Beerdigung ist sein Geburtstag.
Es hat wohl alles so sein sollen.

Ich habe eine sehr große Angst vor Dienstag, Kirche, Leichenhalle, Beerdigung
ich weiß im Moment nicht, wie ich das überstehen soll.
Werde mir alle legalen Beruhigungsmittel geben lassen, habe Angst sonst um zu kippen.

Im Moment bereite ich Texte für die Messe vor, daß gibt mir Kraft und Halt.

Es tut so weh ihn nicht mehr berühren zu können-Es war zwar eine Erlösung-aber es bleibt eine Leere, die wir nie mehr füllen können. Ein Stück von uns fehlt.
Er wird immer in unseren Herzen weiterleben
kann nicht mehr weiter schreiben
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Für alle die Kraft brauchen:
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Geändert von HeikeF (01.06.2007 um 06:12 Uhr)
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