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Alt 09.09.2007, 00:07
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Behandlung fertig.. Ansichten einer Schwiegermutter

Hallo Christel,

du heisst wie meine Frau - der Vorname ist ja gar nicht soo häufig ;-) Und du kommst auch noch von da... meine bessere Haelfte stammt von der schwaebischen Alb.

Zitat:
Zitat von Mary-Lou Beitrag anzeigen
Das heißt wir brüllen uns nicht an, weil wir respektvoll miteinander umgehen. Ist wahrscheinlich Erziehungssache wie man miteinander umgeht.
Ja. Oder "Erfahrung", "Sozialisation", oder wie immer man es nennen will. Ich habe mich 15 Jahre lang anbrüllen lassen, bis ich mir zum ersten mal 'ernsthaft' das Leben nehmen wollte. Dann habe ich weitere 20 Jahre sinnlos mit endlosen und aufreibenden Versuchen verbracht, mit meinen Eltern zu kommunizieren. Keine Chance. Erst seit ein paar Jahren brülle ich zurück. Und das klappt. Weil das das einzige ist, was sie verstehen. Mir macht das keinen Spass, ich mag meine Eltern nicht, und deswegen gehen wir uns weitmöglichst aus dem Weg. Von mir aus lebenslang. Sie sind es, die immer mal wieder ankommen. Ich lege da keinerlei Wert drauf. Wenn's nach mir ginge, würde ich die das nächste mal bei ihrer Beerdigung sehen.

Aber das ist mein persönliches Ding und soll weiss Gott keine Empfehlung für Engel sein. Ich hoffe, das ist auch nicht so angekommen.

Zitat:
Zitat von Purzel 54 Beitrag anzeigen
Ist das ein Hovawart auf dem Bild?
Ein halber :-) Er ist ein "reinrassiger Mischling" aus Hovawart und Schäferhund. Ausserdem ist er der beste Hund der Welt. Und auch, wenn es mit diesem thread und Forum rein gar nichts zu tun hat, erzähle ich es trotzdem - so eine schöne, positive Geschichte kann ja sicher nicht schaden. Immer noch besser als Stress mit Verwandten...

Wir haben ihn aus dem Tierheim, wo ihn die Vorbesitzer abgegeben haben, nachdem er von Geburt an 4 Jahre lang völlig isoliert im Zwinger und an der Kette gelebt hat :-( Deswegen war er völlig asozial, verhaltensgestört und hospitalisiert, als wir ihn bekommen haben. Kannte kein Auto, keine Treppenstufen, keine Hunde, keine anderen Menschen, kein gar nichts. Einfach nichts. Im Tierheim durfte er nichtmal mit den anderen Hunden auf den Auslaufplatz, weil er da sofort über den Zaun gesprungen ist und sich dünne gemacht hat (was er hier nie getan hat, obwohl unser Zaun für ihn kein Probelm wäre).

Es hat Monate gedauert, bis er überhaupt mal Blickkontakt zu uns aufgenommen hat. Und draussen (wir haben ein großes Grundstück, fast 5.000 m²) ist er immer nur hospitalisiert seine 5 m hin und zurück, hin und zurück gelaufen - als ob er noch an der unsichtbaren Kette hängen würde. Und er ist anfangs wirklich 10 Stunden am Stück hektisch rumgelaufen, ohne sich einmal hinzusetzen...

Mit anderen Hunden kann er immer noch nichts anfangen - er kläfft sie an, schnüffelt... und dann wendet er sich ab und 'spielt' lieber mit dem, was er kennt: wehende Laubblätter, Mücken, Schmetterlinge - Hauptsache kein Mensch oder Artgenosse :-(

Ja, natürlich waren wir in der Hundeschule, mit xx Einzelstunden und allem. Aber er wird wohl niemals so normal werden, dass wir ihn draussen von der Leine lassen können.

Umso erstaunlicher: meine Frau und mich hat er vom ersten Augenblick an in's Herz geschlossen (eigentlich etwas zu sehr, weil er jeden Menschen ausser uns beiden sofort beisst). Und wir brauchen keine Klingel und kein Türschloss mehr - der "Hofwächter"-Hovawart regelt das schon ;-)

Noch erstaunlicher war aber unser Besuch damals im Tierheim. Das Tierheim hier ist ein Ort des Jammers - Dutzende von großen Hunden (die kleinen, "Wohnungs-tauglichen" gehen ja sofort weg) in Zwingern, die einen alle ankläffen. Bis auf _ihn_ :-) Als ich vor seinem Zwinger stand, hat er das Kläffen eingestellt und mich angeschaut. Und ich ihn. Und ich habe dann (wobei meine Frau und die Tierheimmitarbeiterin fast einen Herzklabaster bekommen haben, weil man sowas ja niemals tun darf)) völlig "instinktiv" meine dicken Flossen durch das Gitter zu ihm reingesteckt.

Und Hündchen kam sofort an - und hat mich nicht gebissen, sondern mir die Finger abgeleckt. Und von dem Zeitpunkt an war uns beiden (mir und Hündchen, nicht mir und meiner Frau) völlig klar: von jetzt an gehören wir zusammen, ein Leben lang. Ich werde nie die halbe Stunde Heimfahrt vom Tierheim nach Hause vergessen, bei der Hündchen mit seinen 40 kg auf mir lag und mich unentwegt abgeschleckt hat :-)

Und seither ist Hündchen unser bester und treuester Freund. Er weicht mir nicht von der Seite (wobei: inzwischen darf ich sogar schon ohne ihn auf's Klo gehen!), und er beschützt und verteidigt meine Frau und mich mit Zähnen und Klauen. Abends liegt er neben meinem Bett - zumindest, bis ich eingeschlafen bin. Dann verzieht er sich nach unten auf die kühlen Fliesen im Flur, wo es nicht so heiss ist. Aber bis ich eingeschlafen bin, bleibt er treu bei mir und bewacht mich :-)

Und wenn man bedenkt, wie sehr die Menschen diesen Hund von Geburt an fast ein Drittel seines Lebens gequält und vernachlässigt haben... dann kann ich ihm nur mit großem Respekt begegnen, wenn ich sehe, wie halbwegs "normal" er sich heute trotzdem verhält.

Und ich glaube, das spürt er auch. Mit seinen paar asozialen Macken können wir leben - und wir werden in seinem Alter nicht mehr an ihm herum erziehen, wo es eh keinen Erfolg verspricht. Er darf so sein, wie er ist, und wir lieben ihn trotzdem. Schließlich sind wir auch alt und asozial - da passt er doch bestens zu uns...

Viele Grüße,
Stefan

Geändert von Stefans (09.09.2007 um 00:10 Uhr)
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