Seid gegrüßt, Ihr Lieben,
nun ist schon der Tag des Heiligen Michael angebrochen, und ich bin fester denn je entschlossen, mir diesen Anlaß zunutze zu machen und des siegreichen Drachenkampfes zu gedenken. Außerdem habe ich Mosi versprochen, diesen Tag zu begehen.
Es ist sicherlich nicht jedermanns Sache – und ich bitte diejenigen, denen ich hiermit in irgendeiner Weise zu weit abdrifte, großmütig darüber hinweg zu sehen – aber mir helfen Symbole und Exempel mitunter sehr. Und der Kampf der Erzengels mit dem Drachen (nach Offenbarung 12,7ff) beziehungsweise die daraus enstandene Legende, daß Michael den gegen Gott aufbegehrenden Engel Luzifer aus dem Himmel gestürzt und somit den künftigen Satan in seine Grenzen verwiesen habe, kann ein ermutigendes Bild sein, wenn man selbst gerade einen Kampf auszufechten hat.
Das ist übrigens das erste Mal, daß ich hier von Kampf spreche, glaube ich. Ich bin mit diesem Wort im allgemeinen sehr vorsichtig, was vermutlich daran liegt, daß ich in einem äußerst friedliebenden Haushalt aufgewachsen bin, wo Wasserpistolen bereits zum Kriegsspielzeug zählten usw.. Aber das, was in diesem Forum üblicherweise unter kämpfen verstanden wird, ist ja etwas, was auch in meiner Familie großgeschrieben wurde, nämlich: sich für etwas voll einsetzen, mit aller Energie, die man aktivieren kann, mit allem, was man hat und ist.
Dabei muß der symbolische Kampf des Guten gegen das Böse ja nicht immer nur auf große Aktionen bezogen werden. Schließlich ergeben sich täglich auch kleinere Drachenkämpfe und sei es nur, daß der berühmte innere Schweinehund sich mal wieder drachenhaft gebärdet.
Der barocke Mystiker Johannes Scheffler, der sich den Namen Angelus Silesius gab, faßte seinen „Geistlichen Drachenkampf“ in folgende Verse:
Wenn Du aus Dir verjagst all Unruh und Getümmel,
So wirft Sankt Michael den Drachen aus dem Himmel.
Bei meiner letzten Chemo hatte ich eine Postkarte dabei, auf welcher die Michaels-Skulptur der Jenaer Stadtkirche zu sehen ist: Der Erzengel steht mit Lanze und Schwert so ruhig und siegesgewiß auf einem Drachen, der schon recht angegriffen wirkt. Ich habe mir vorgestellt, daß mein EK inzwischen auch schon entsprechend mitgenommen ist und es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis er dem Carboplatin endgültig erliegt.
Übrigens: Wie man auf dem Bild unten sieht, gelingt es am besten, die Teufelsdrachen in die Tiefe hinabzustürzen, wenn man eine ganze Schar Engel im Rücken hat (aber wem sage ich das?)
Soweit meine kleine mitternächtliche Meditation.
Viel Kraft für erfolgreiche Drachenkämpfe wünscht Euch
Eure Linnea