AW: Stammtisch
Guten Morgen alle zusammen!
Doch, doch täglich schaue ich noch ins KK, vermisse die Tiefe, die Diskussionen und philosophierenenden Gedanken über das (weitere) Leben. Jedoch ist es mir vielleicht zu anstrengend nach einer gewissen Zeit, sich im Forum zu so sensiblen Themen äußern, da man sein Gegenüber nicht sieht, zum großen Teil nicht kennt und nicht weiß, ob der andere es als Angriff wertet oder als das was es sein soll, eigene Gedanken... Bei so unterschiedlichen Lebensthemen, Entwicklungsständen und auch Vorstellungen, ist es sehr schwierig nicht in Diskussionen zu verfallen, die gerade in diesem Thread auf sehr, sehr sensible und „wunde Seelen“ treffen. Wir sprechen hier nicht „abstrakt“ von den Problemen, die sich ergeben, wenn ein Mensch stirbt, nein wir stecken mit all unseren unterschiedlichen Gefühlszuständen mittendrin! Und können daher nicht objektiv sein, viel zu sehr besteht der trauernde Mensch aus „wundem Fleisch“. Meist haben sich durch das Forum nach einer Zeit persönlich tiefere Kontakte zu dem einen oder anderen Menschen gebildet, das allein ist doch schon riesig viel, mehr als wir in unserer isolierten Situation erwartet haben. Da mich viele Ereignisse in meinem Leben zu einem eher tiefsinnigeren Menschen gemacht haben, fällt es mir (gerade auch in diesem Forum) nicht leicht, unverbindlich an der Oberfläche zu bleiben, was aber notwendig wäre, um keine Missverständnisse zu provozieren. Es wäre zu einfach nur zu sagen, das Leben hat uns wieder… zu gut weiß ich was ich dachte, wenn ich das gelesen habe… Ereignisse aufzählen, Begegnungen kommentieren usw. – all das sagt für mich nicht genug, kann nicht wiedergeben, was in meiner Seele vor sich geht und mich letztlich dazu befähigt wieder zu leben. Viele Gedanken stelle ich in Frage, versuche mir kleine Treppen zu bauen mit „schlauen Sprüchen“, immer ein klein wenig mehr verstanden (manchmal auch nicht für lange) und ich freue mich, wenn ich bemerke, dass ich das eine oder andere tatsächlich verinnerliche. Ich glaube der größte Sprung war für mich schon, zu beschließen, dass ich mich entscheiden muss, WIE mein Leben weiterverlaufen soll, ob ich es für wert halte mich bemühen zu WOLLEN, springen werde wenn sich positive Möglichkeiten ergeben oder ob ich in meiner Kraft- und Sinnlosigkeit aufgrund der Vergangenheit stecken bleiben will. Habe gerade heute in meinem Kalender wieder schöne Sprüche gefunden, zu welchen man z.B. eigene Gedanken/ Erfahrungen schreiben könnte :
"Keiner ist so verrückt, dass er nicht noch einen Verrückteren fände, der ihn versteht."-Heinrich Heine!
"Wer zu sich selbst finden will, darf andere nicht nach dem Weg fragen."
"Erfahrungen sammelt man wie Pilze, einzeln und mit dem Gefühl, dass die Sache nicht ganz geheuer ist." - Erskine Caldwell
"Wer immer das letzte Wort haben will, führt bald nur noch Selbstgespräche" - Hermann Hesse
"Katzen erreichen mühelos, was uns Menschen versagt bleibt: durchs Leben gehen, ohne Lärm zu machen." - Ernest Hemmingway - (Wieviel Lärm um Nichts wird gemacht und zu wievielen WICHTIGEN Dingen schweigen wir?!)
und der letzte Spruch, der sehr auf mich zu trifft :
"Welches Glück, wenn jemand dir zuhört, zu dem du zu sprechen wagen darfst, als sprächest du zu dir selbst!" - Aelre von Rievaulx
Nein nicht, dass ich keine andere Meinung hören will, nichts über andere Erfahrungen wissen möchte - jedoch sehe ich mich immer noch als Suchende... Manchmal möchte ich nur aussprechen, über das aus meinem eigenen Mund Gehörte nachdenken, es zur "Entlastung" ausgesprochen haben... Manchmal wird es genau zum Augenblick der Aussprache gegenstandlos, bekommt Flügel und ist unwichtig, obwohl es mich vielleicht sogar bedrückte... Wenn es dann einmal geschrieben hier steht, wird es schwierig sich selbst noch zu erklären, zu viele Mißverständnisse, manchmal im "echten" Leben schon schwierig genug sie wieder "gerade zu rücken". Und doch, wenn ich mir wieder Leben am Stammtisch vorstellen könnte, dann zum Beispiel indem man über diese Dinge spricht, Erfahrungen, Gedanken zu „schlauen Sprüchen“, losgelöst vom Alltags-hick-hack, Gedanken, die alles aus der Vogelperspektive zeigen, uns erkennen lassen und mir endlich leeren würden, gelassen schweigen zu können und zu betrachten…schwebend über den Dingen aus der Vogelperspektive….
Ja ich habe mich wieder in meinem Leben "eingerichtet", habe mich wieder zu einem großen Teil zurück (auch verändert) bekommen, verstanden (manchmal mehr, manchmal weniger), dass es MEIN "Film" wird und ich der Regisseur bin, abhängig natürlich auch von weiteren Darstellern, "Wetter" (soll heißen : natürlichen Gegebenheiten wie Gesundheit) usw. ... ich werde entscheiden müssen, ob der Film sehenswert bleibt, ich ihn in die Tonne trete oder langweilig bis zum Ende je nach Lust und Laune der Darsteller, des Wetters und der Komparsen "ausschleichen" lasse. Langweilig und eine Zumutung für alle Beteiligten. Sollte ich den Film weiterdrehen "FÜR" jemenden, weil es von mir "ERWARTET" wird? Nein, ICH kann es nur schaffen, wenn ICH es von mir ERWARTE, dass ich nicht für die nächsten 30-40 Jahgre eine graue, traurige Rolle in meinem Lebensfilm spiele. Ich habe mich schon mal gefragt "Was möchte ich was von mir bleibt, was meine Kinder zu erzählen haben?". Sollen sie sagen können "...es war eine große Liebe und sie ist nie mehr die geworden die sie war, sie ist zerbrochen...!" - klingt toll, sehr dramatisch, romantisch...-aber entspricht es dem was ich von mir erwarte? Welche Hoffnung könnte ich hinterlassen, für die, die auch irgendwann im Kummer, Schwierigkeiten und Trauer feststecken werden? Auch ich habe mich umgesehen und gefrag "Wie haben diese Menschen diesen Schmerz überlebt, sind wieder aufgestánden und können wieder Freude fühlen...- nach all dem Unglück?" Und gerade merke ich wieder, dass ich evtl. heftigen Protest provoziere, wollte konnte ich das am Anfang meines einsamen "Filmdrehs" verstehen, hören und umsetzen? Nein, mit Sicherheit nicht, ich konnte UND wollte es nicht können wollen. Und so befreie ich euch jetzt von meinem Geschreibsel, mit meinem heutigen „schlauen Spruch“ vom Kalender:
„Und war der Tag nicht dein Freund, so war er doch zumindest dein Lehrer.“ – unbekannt
Also dann… - Petra
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