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Alt 24.11.2007, 17:55
Benita Benita ist offline
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Standard AW: Meine Mutter hat ein GBM!

Hallo Speedy,

auch mein Mann ist an einem Glioblastom Multiforme IV erkankt. Die Diagnos wurde im Juni 2005 gestellt. Es folgte OP, Bestrahlung und Chemo. Mein Mann war zu dem damaligen Zeitpunkt gar nicht in der Lage, das Gesagte zu verarbeiten. Mit mir hatte der Neurochirurg offen gesprochen und mir eine Frist von höchstens 14 Monaten genannt. Unser Hausarzt empfahl mir, mich nach einem Hospizplatz umzuschauen. Mein Mann war damals 55 Jahre alt und ich war vollkommen verzweifelt. Wir machten eine schwere Zeit durch und auch ich wußte zunächst nicht, ob ich ihm die Wahrheit sagen sollte, zumal wir bei den vielen Nachuntersuchungen immer wieder andere Ärzte hatten und einige von denen sprachen offen darüber, dass ich jedesmal zusammenzuckte und erschreckt zu meinem Mann blickte. So kamen Stück für Stück mehr Fakten auf den Tisch, so dass mein Mann nach und nach erkannte, wie seine Zukunftsprognose aussah. Also habe ich mich darauf beschränkt, den Ball flach zu halten und nach den Arztgesprächen meinen Mann immer wieder aufzubauen und daran zu glauben, dass er es schaffen kann, egal was die Ärzte sagen (auch wenn ich immer mehr den Mut verlor).
Inzwischen hat mein Mann die 21. Chemo, verschiedene weitere Eingriffe und nun noch eine Metastase einer weiteren Krebserkrankung hinter sich gebracht.
Es geht ihm den Umständen entsprechend gut, unser Hausarzt ist vollkommen sprachlos und wir versuchen ein so normales Leben wie möglich zu führen.

Vielleicht kann ich dir den Rat geben, dass es besser ist von deiner Seite aus nichts zu sagen. Steh deiner Mutter zur Seite und mach ihr Mut zu kämpfen. Die heutige Chemotherapie mit Temodal ist gut verträglich und inzwischen hoffe ich darauf, dass man vielleicht weitere Therapien entwickelt werden (z.B. Nano) die dann helfen, wenn wir mit Temodal am Ende sind. Mein Mann und ich, wir geben nicht auf und ich denke, für ihn ist es gut, dass er niemals einen Zeitpunkt genannt bekommen hat. Daran wäre er verzweifelt.

In unserem Umkreis gab es einige Leute, die meinen Mann und sein Schicksal bedauerten und dann selbst nach Krankheit oder Unfall verstarben. So versuche ich meinem Mann immer damit zu trösten, dass wir alle sterben müssen, niemand bleibt hier, doch wann, das bestimmt jemand anderes als wir und die Prognosen der Ärzte sind eben nur Prognosen und keine Weissagungen. Auch Ärzte sind nicht allwissend.
Wichtig ist, seinem geliebten Angehörigen vorbehaltlos beizustehen und zu versuchen miteinander zu LEBEN. Mittlerweile habe ich gelernt, einiges zu verdrängen und mir nicht mehr immer nur die Todesgefahr vor Augen zu halten. Daran geht man kaputt. Klar gibt es immer wieder Tage, da fühlt man sich ganz unten, doch dann tun wir, was zu tun ist und gut ist.
Man muss sich selbst und seinen Agehörigen schützen. Mit dieser Krankheit klarzukommen ist ein Lernprozess.

Ich wünsche dir und deiner Mutter ganz viel gemeinsame Zeit. Zeit zum Leben, Lachen, Weinen und Miteinandersein. Laßt euch von diesem Teufel nicht unterkriegen sondern kämpft gegen ihn. Jeder Tag ist ein Gewinn. Mach deiner Mutter Mut zu kämpfen. Sie weiß, dass sie keinen Schnupfen hat und wenn sie es genauer wissen will, dann wird sie fragen. Und zwar genausoviel wie sie wissen will und wie sie es ertragen kann. Ich denke man sollte ihr nichts überstülpen, was sie nicht will.

Nun hab ich soviel geschrieben, dass ich hoffe, du verstehst, was ich damit sagen wollte. Ich wünsche dir, dass du die Zuversicht nicht verlierst.

Herzliche Grüße, Benita
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