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Alt 29.11.2007, 18:40
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mock mock ist offline
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Registriert seit: 17.05.2007
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Standard AW: Die Hilflosigkeit ist so groß

Liebe Gabi,

wie gut kann ich jeden deiner Gedanken nachvollziehen. Auch mein Vater hat sich fast komplett in sich zurückgezogen. Er liegt nun seit 10 Tagen in dem Hospiz, wo er sich (dem Anschein nach) auch nicht unwohl fühlt, wobei er heute zu meiner Mutter meinte, dass es ja wohl ganz klar wäre, dass dies sein letzter Aufenthaltsort sein wird.
Letzten Freitag wurde ich von der Hospizleitung angerufen, da man mit mitteilen wollte, dass die künstliche ERnährung eingestellt werden würde, weil mein Papa jedes Mal mit heftigstem Schüttelfrost darauf reagiert hat. Die Schwester erklärte mir, dass der Körper in diesem geschwächten Zustand nicht mehr in der Lage sein würde, die Nahrung zu verarbeiten und es ihn zusätzlich belasten würde. Jedenfall war meine Mutter wohl außer sich, sie verstand es so, dass man meinen Vater nun verhungern lassen würde....
Ich bin dann gleich nach Erlangen gefahren, wo ich meinen Vater in einem schrecklichen Zustand vor fand. Er lag wie ein Embryo zusammengerollt in seinem Bett, war zu schwach um sich mir deutlich mitzuteilen und dämmerte nur vor sich hin.
Ich vermute, dass er nicht loslassen kann, weil er auch so eine große Sorge um meine Mutter mitträgt. Ich habe dann versucht, ihm mit sanften Worten den Übergang "leichter" zu machen. Ich habe ihn beruhigt, dass wir für meine Mutter (sie wird nicht alleine bleiben können wegen ihrer Parkinsonerkrankung) eine Lösung finden werden. Ich habe ihm gesagt, dass er so tapfer gekämpft hat und dass er einschlafen dürfe, dass ich ihn unendlich liebe und ihn immer in meinem HErzen tragen werde.....
Als ich gegangen bin, dachte ich - es bleiben ihm nur noch STunden. Das ist nun fast eine Woche her.
Inzwischen finde ich es fast unerträglich, ihn in diesem Zustand zu wissen. Er war zwar am nächsten Tag wieder ein wenig mehr bei Kräften, aber er muss auch oft sehr große Mengen erbrechen (ich vermute, dass wohl nichts mehr durch den MAgen in den Darm weitergeht) und das schwächt ihn zusätzlich.
Seltsamerweise wollte er vor ein paar Tagen keine Schmerztabletten mehr nehmen. Ich habe in einer Broschüre von dem Hospiz gelesen, dass das oft in den letzten Lebenstagen vorkomme .
Ich HOFFE, dass mein Vater (er ist wieder vollkommen klar bei Verstand), diesen Zustand nicht genauso schlimm empfindet wie ich es tue. Auch er hat keinerlei Interesse mehr an seiner Umwelt. Lediglich bei meiner Mutter spricht er noch ein paar Sätze. Wenn ich bei ihm bin, sage ich ihm, dass er ruhig schlafen solle, ich will nur dasitzen und seine Hand halten und bei ihm sein.
Was mag in solchen Menschen vorgehen? Diese Frage stelle ich mir dauernd. Ich habe ihn auch schon gefragt, ob er viel in der Vergangenheit sei, aber das verneint er .
Ich muss gestehen, dass in mir der Wunsch immer stärker wird, dass er einschlafen soll. Ist das egoistisch von mir, weil ich die Situation kaum noch ertrage? Vielleicht möchte mein Papa ja TROTZDEM noch leben ?!
Nächsten Mittwoch hat mein Sohn GEburtstag. Seine Sorge wird immer größer, dass es an diesem Tag passieren könnte. Auch ich fürchte mich davor.

Liebe Gabi, lieber MArkus, liebe Bianca und wer sonst noch in dieser Situation ist - ich wünsche unseren Lieben inneren Frieden und Schmerzfreiheit, und uns allen Kraft ohne Ende!

Elke
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