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Alt 14.07.2003, 23:46
Gast
 
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Standard wie kann ich moralisch unterstützen?

Liebe Diana,

vielleicht hast du inzwischen gelesen, was ich in den letzten Wochen unter "Diagnose Lungenkrebs" geschrieben habe. Ich habe mich eigentlich aus dem Forum zurückgezogen. Aber Christa hat mich auf diesen Thread aufmerksam gemacht, und so möchte ich dir ein paar Zeilen schreiben. Ich hoffe, dass ich nichts falsches sage.

Meine Mutter starb vor zwei Wochen. Davor ging es ihr einige Monate und vor allem die letzten Wochen sehr schlecht. Das lag aber auch mit daran, dass sie eine sehr seltene Art des Lungenkrebses hatte, der Unmengen Schleim produziert, und das ununterbrochen.

Ich kann dir deine Verzweiflung nachfühlen. Obwohl ich die Hoffnung bis zuletzt nicht aufgegeben hatte, gab es Momente, in denen mich eine Gewissheit überkam, dass meine Mutter sterben würde. Aber dieser Gedanke war so ungeheuerlich, so unvorstellbar, dass ich ihn nicht weiter denken konnte.

Meine Mutter hat das Thema Tod nie direkt angesprochen. Ich fürchtete, dass sie das tat, um mich zu schützen. Doch ich traute mich auch nicht, von selber das Thema anzuschneiden, denn vielleicht wäre das genau verkehrt gewesen.
Ich stelle es mir unwahrscheinlich schwer vor, die tatsächliche Prognose vor deiner Mutter geheimzuhalten. Aber du und dein Vater, ihr müsst wissen, ob ihr das für den richtigen Weg haltet. Ihr kennt deine Mutter und könnt euch vielleicht ausmalen, wie ihre Reaktion wäre. Ehrlichkeit um jeden Preis... ich dachte mal, dass müsse so sein. Doch inzwischen denke ich anders.
Ihr müsst deiner Mutter nicht heile Welt vorspielen. Dass sie nicht gesund ist, weiß sie selbst am besten, und selbst wenn man ihr die ganze Wahrheit verschweigt, kann sie sich bestimmt einiges denken.
Ich kann nur sagen: wenn deine Mutter nicht von selber, vielleicht auch nur durch Anspielungen, das Thema Tod anspricht, solltet ihr es auch nicht tun. So empfinde ich das. Deswegen musst du aber nicht mit Dauerlächeln bei ihr sitzen.
Ich habe in den Monaten, als meine Mutter krank war unheimlich viel geweint. Ich hatte solche Angst!
Ich bin aber auch ein Stückchen über mich hinausgewachsen, glaube ich. Besonders in den letzten Wochen ihres Lebens, als meine Familie sie gepflegt hat.
Was ich damit sagen will: Du hast jetzt bestimmt oft das Gefühl, alles ist zuviel. Du fragst dich: wie soll ich das schaffen?
Glaub mir, irgendwie WIRST du alles schaffen. Ich habe auch manches mal gedacht, mir müsste das Herz brechen; ich könnte es ncht ertragen, Mama so leiden zu sehen. Aber ich konnte mich nicht verkriechen und traurig sein, denn meine Mutter hat mich gebraucht.

Ich entnehme deinem Beitrag, dass du dich auf den Abschied von deiner Mutter vorbereiten musst. Glaub mir, wenn das passieren sollte, wirst du auch das irgendwie schaffen. Das ist dir jetzt sicher kein Trost...wäre es für mich vor einigen Wochen auch nicht gewesen.
Es ist sicher ganz gut, wenn du etwas zur Beruhigung nehmen kannst. Aber was fast noch wichtiger ist: vergiss dich selber nicht. Wenn du jemanden zum reden hast, erzähl dort, wie schlecht es dir geht. Und wenn nicht, dann schreib es hier auf. Die ganze Situation, und vor allem das Schweigen über die Prognose scheinen dich außerordentlich zu belasten. Mach das nicht mit dir selbst aus!

Liebe Diana, ich habe dir aus meiner Sicht geschrieben. Ich sage nicht, dass alles richtig ist, aber es ist mein subjektives Empfinden.
Vielleicht hilft es dir wenigstens ein bißchen.

Vorerst alles Liebe und Gute!

Katrin
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