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Alt 24.07.2003, 00:21
Gast
 
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Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo Ihr Lieben!

Als ich in einem der letzten Briefe von Deiner Kleideraktion las, liebe Kiki, mußte ich wirklich schmunzeln, vor allem, dass auch Deine Mutti noch einige Sachen hatte, an denen sogar noch die Etiketten baumelten. Das zu lesen ließ meine Mundwinkel nach oben wandern.

Wie ähnlich doch alles ist.
Auch ich hab mir schon ein paar schöne Sachen als Andenken ausgesucht.
Aber nur Sachen, die sie vor ihrer Krankheit trug.
In diesem einen Jahr, in dem Zeitraum von der OP bis zu ihrem Tod nahm sie sehr ab,
ihre alten „Kleider“ waren nach der OP, Chemo usw. durch die rapide Gewichtsabnahme, alle zu groß geworden.
Die Sachen, die sie in den letzten 8 Wochen getragen hat, wenn ich diese in den Händen
halte, dann sehe ich sie noch deutlich vor mir, das Gesicht soo vom Krebs gezeichnet,
so mager geworden, so traurige Augen ....
diese Pullis, Hosen haben wir zusammengelegt und sie liegen noch (nach fast einem Jahr)
im Schrank.
Keiner von uns mag sie tragen, mag sie an jemandem anderen sehen, sie weggeben
bringen wir aber auch nicht übers Herz, noch nicht.

Meiner lieben Oma, ihr haben wir auch ein paar Pullover, Blusen, Shirts von meiner Mami geschenkt. und wenn ich dann scherze, Omi, du siehst gleich 10 Jahre jünger aus, dann muß sie lachen und ich genieße es.

Liebe Katrin,
immer wenn ich etwas von Dir lese, muß ich zurückdenken.
An die Trauerfeier, als ich am Grab stand und nicht begreifen konnte, die da im Sarg liegt,
das soll meine Mutti sein ?
Ich denke bei Deinen Zeilen an meine erlebten „ersten Wochen danach“, im August letzten Jahres.
Damals war auch ich hier im Krebskompass, erst im Bereich „Bauchspeicheldrüsenkrebs“ um meiner Mutti zu helfen, im Forum „Angehörige“ und dann im Forum für „Hinterbliebene.“
In den ersten 4 Wochen danach war ich noch wie versteinert, was Tränen betraf, über
meine Gefühle konnte ich jedoch schreiben.
Doch dann blieb ich dem Krebskompass fern, am meisten aus dem Grund, zu nichts Lust zu haben, keine Lust zu schreiben, zu lesen, einfach zu nichts Lust.
Ich wollte nur noch meine Ruhe.
Wenn ich ganz ehrlich bin, konnte ich „ich wünsche dir viel kraft“ nicht mehr lesen.
Diese Wünsche kamen von Herzen, aber sie trösteten mich so wenig.

Eigentlich war ich immer tapfer, fühlte und fühle die Kraft, aus allem was passiert,
auch klein wenig zu lernen, für mein eigenes Leben.
Aber was unendlich schwer ist, ist die veränderte Situation in der Familie.

Wohnt jemand von euch auch weit weg von zu Hause (ca. 4 h Autofahrt) ?
Damaris? Du, oder ?
Ich würde so gerne abends nochmal schnell zu Papa „huschen“ und hallo sagen,
würde ihm jeder Zeit, wenn er jemanden braucht Gesellschaft leisten, jetzt wo er allein ist,
aber durch die Entfernung ist alles so schwierig.
Mir fällt es so schwer mein eigenes Leben hier zu führen, ohne nicht immer an meinen Papa
zu denken, wie einsam er ist.
Aus Angst es mache ihn traurig, erzähle ich nur ganz selten von den Dingen, die wir erleben,
was wir so machen.
Erzähle ich doch mal was, dann sagt er nur „hm“, fragt nicht nach, um näheres zu wissen,
so sind unsere Telefonate sehr eintönig geworden, ich bin die stille Zuhörerin, und jedes Mal
beim Auflegen muß ich tiel Luft holen, weil er wieder nicht einmal gefragt hat, wie’s mir so geht oder was es neues gibt.
Hab schon oft gesagt, ich möchte auch gern mal was erzählen, dann hört er zu, sagt auch diesmal nur kurz „hm“ und geht zum nächsten Thema über.
Naja ..........

nun hab ich mal wieder mehr geschrieben, als ich wollte,
aber was löschen vom Geschriebenen ?? Nee, ne ?

Beim nächsten Mal fass ich mich kürzer, versprochen.

Bis dahin,
liebe Grüße
Sandra(h)
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