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Alt 10.01.2008, 00:20
Benutzerbild von MichaelaBs
MichaelaBs MichaelaBs ist offline
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Standard AW: Adenokarzinom inoperabel

Hallo Christel und alle lieben Mitschreiberinnen und -schreiber,
Ihr mögt Romane? Gut.

Heute hat der Tannenbaum meiner Tante gebrannt und ich war dabei .

Zum Kaffeetrinken, Tannenbaum ein letztes Mal gucken und Fotos meiner Kreuzfahrt zeigen, fuhr ich nach H zu meiner Patentante. Meine Mutter war auch eingeladen. Ich bewunderte die schöne Deko, den Baum, die Krippe und noch so allerlei. Mein Onkel hat nämlich mittlerweile für die Weihnachtsgeschichte die Längsseite des Wohnzimmers in Beschlag genommen (andere Männer haben Eisenbahnen). Nachdem ich alle Figuren ausgiebig betrachtet hatte, meinte er, den Baum würden wir erst später anmachen, wenn es dämmrig würde. (Da konnte ich noch nicht wissen, wie das gemeint war...)
So saßen Mutter, Tante und Nichte (ich) im Esszimmer und schauten auf meinem Notebook jede Menge Fotos. Plötzlich hörten wir ein Geräusch, was ich gar nicht richtig beschreiben kann, etwa wie ein Rauschen oder Saugen, vielleicht auch wie Prasseln, denn ich ging zum Fenster, um zu sehen, ob es regnete oder stürmte*.

Genau kann ich es nicht sagen, aber kurze Zeit später erschien mein Onkel mit den Worten: G., Dein Baum brennt. Verdutzt rannte ich in den Flur, sah den Feuerschein durch die geschlossene Wohnzimmertür und griff zum Telefon, bedauerte aber erstmalig sehr, dass wir nicht alle noch mit Drehscheibe wählen, denn es gibt doch sehr unterschiedliche Modelle. Deshalb gelang mir das Absetzen des Notrufs nicht und ich übergab Tante das Telefon. Onkel meinte unterdessen immer noch, wir bräuchten nicht die Feuerwehr zu rufen, er hätte alles unter Kontrolle. Das Wohnzimmer voller Qualm, Onkel auf dem Balkon, Tante im Treppenhaus, Nachbarn herbeirufend, denn das Telefon wollte nicht, meine Mutter in Hut und Mantel und zu mir: "komm, ich will hier nicht bleiben und das ist gar nicht gut für Dich".
Irgendwie war das Feuer aber erloschen und ich packte in Windeseile im Esszimmer mein Zeug zusammen (frei nach dem Motto: mein Notebook und meine Maus zuerst...), musste zum Klo, drückte die Tante und sauste dann die Treppe hinunter, der Feuerwehr entgegen. So konnte ich der Vorhut sagen, "3.Stock, es brennt nicht mehr". Die nächsten kamen schon mit Atemschutz und dem dicken Schlauch, der Hahn wurde auf- doch gleich wieder zugedreht, überall gingen Fenster auf, Leute standen auf der Strasse und meine Mutter und ich hatten diesen ekelhaften Geschmack im Hals.

Ich musste wirklich noch einen Moment stehenbleiben, die Feuerwehrmänner hatten was Beruhigendes, dann fuhren wir zum Bahnhof. Dort gingen wir in die obligatorische Bahnhofskneipe und tranken einen Schnaps bevor ich nach BS und sie nach Hause fuhr. Nun sitze ich hier frisch geduscht, die Waschmaschine läuft und wäscht alles, was ich heute anhatte und ich denke mit Grausen, was noch hätte passieren können... (Es ist wohl unnötig zu erwähnen, dass dann noch zwei Polizeiwagen kamen.)

*Zu dem Geräusch habe ich direkt nach meiner Heimkehr einen befreundeten ehemaligen Feuerwehrmann befragt. Er sagt, das Geräusch hat vermutlich der trockene Baum, der in Sekundenschnelle abbrennt, gemacht, es soll tatsächlich so ein saugendes Rauschen sein.

Nun kann ich abschließend Christels Frage, ob es mir gut geht, wieder mit ja beantworten. Ich hoffe nur, dass ich gut schlafen kann, denn ich merke, dass da noch etwas Anspannung ist. Vielleicht sollte ich mir ein Gläschen Sherry gönnen?

Noch nicht ganz entspannte Grüße
Michaela