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Alt 08.02.2008, 19:39
Liskatze Liskatze ist offline
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Standard AW: Völlige Verleugnung des Brustkrebs

Hallo in die Runde,

ich hatte schon befürchtet, ich würde für meine Einschätzung zur beruflichen Tätigkeit meiner Freundin hier zerrupft werden, gut, daß dem nicht so ist. Inzwischen gehe ich mit meiner Einschätzung noch weiter und bezeichne das, was meine Freundin in ihrer Praxis betrieben hat, als absolut grenzwertig und teilweise kriminell. Bedingt durch die Krankheit haben sich inzwischen viele "Verflossene" meiner Freundin gemeldet und nachgefragt, wie es ihr geht.

Bei den Gesprächen kam dann heraus, warum meine Freundin so irre viele "Verflossene" hat, ich hatte mich immer gewundert, warum so viele Freunde sich oft nach kurzer Zeit von ihr abgewendet haben. Jetzt ist klar, was da gelaufen ist, die haben sich fast alle bei mehr oder weniger großen Zipperlein von ihr beraten lassen und teilweise auch zu "Behandlungen" drängen lassen, es gab immer dann Streit, wenn jemand den Weg zum Arzt vorgezogen hat... Bei ihr und mir geht das wohl nur deswegen seit Jahren gut, weil wir das Thema klar gestrichen haben und sie meine Grenzen und meine Einstellung pro Medizin kennt und im wesentlichen toleriert hat.


@Eleve - natürlich hat meine Freundin sich als Sterbende nicht "gefälligst anders zu benehmen", wie Du es bezeichnest, es geht um den Irrsinn, der meine Freundin in diese Situation gebracht hat. Wenn eine Heilpraktikerin ihren Brustkrebs einige Jahre lang ignoriert, sich das letzte halbe Jahr nur noch hochgeschlossen kleidet weil unzählige Karzinome an Brust und Rücken aufgebrochen sind, erst dann zum Arzt geht, als sie aufgrund der Flüssigkeitsansammlungen durch Metastasen auf dem Rippenfell bedingt fast erstickt ist, dann bezeichne ich diesen Weg sehr wohl als selbstzerstörerisch - vor allem wenn sie klar und fest sagt, sie habe den Weg ganz bewußt so gewählt, schließlich weiß jeder, daß an Krebs nie geschnitten und nie behandelt werden darf, daß der Krebs nach außen "von selber aus dem Körper raus wachsen und abfließen muß" und das sie ja so froh sei, daß jetzt alles (?) endlich draußen ist und ablaufen kann, sie hätte nicht früher zum Arzt gehen wollen, weil der Krebs dann nicht ungestört hätte rauskommen können... Was bitte ist das, wenn nicht selbstzerstörerisch????

Natürlich, Eleve, gibt es keine Vorschriften, wie sich ein Sterbender zu verhalten hat, wenn aber inzwischen sich herausstellt, daß meine Freundin diese Schmarrn auch anderen Menschen im Rahmen ihrer Praxis verzapft hat, dann finde ich diesen Teil ihres Schaffens schlicht gemeingefährlich und kann die vielen, vielen Menschen verstehen, die sich im Laufe der Jahre alle von ihr abgewendet haben - wie gesagt, mit mir hat sie es nie versucht, weil ich jederzeit klar meine Grenzen aufgezeigt habe... Allerdings bin ich eben dadurch auch nicht früher hinter dieses komische Treiben gekommen...

@Marion - aber es ist wohl so, wie Du sagst, wer an diese Wege glaubt, den kann man vermutlich nicht von abbringen. Vor allem wäre es jetzt in dieser Situation so überflüssig und so unnötig! Nachdem heute klar ist, daß der Krebs meiner Freundin Hormonrezeptoren hat, hätte sie laut Auskunft der Ärzte vor ein paar Jahren sehr gute Chancen gehabt, das habe ich inzwischen von ihrem Mann erfahren. Leider hat sie selbst sich in einen derart weit fortgeschrittenen Zustand gebracht, daß niemand mehr eine Heilung für möglich hält.



Inge, Marion und Ani,

ja, wir alle, die wir mit ihr Kontakt haben und sie begleiten, wir lassen sie in dem Glauben, daß sie wieder gesund wird. Was die anderen genau sagen weiß ich nicht, aber mein Mann und ich halten es mit der Formulierung "keiner weiß, wo dein Weg hinführt..." - damit habe ich alles zugelassen, ihre Träume offen gelassen und gleichzeitig den schlimmsten Weg nicht abgestritten. So komme ich am besten mit der Situation klar.

Jetzt ist sie erst mal aus dem Krankenhaus entlassen worden, sie hat beschlossen, sich ein paar Tage Erholung in einem sehr guten Hotel zu gönnen, das finde ich sehr gut und habe ihr dazu auch Mut gemacht. Eine Lösung zur Versorgung der vielen schrecklichen Wunden hat sich auch gefunden, die Ärzte im Krankenhaus haben ihr eine ambulante Betreuung in der Nähe des Hotels vermittelt. Eine Kur hat meine Freundin abgelehnt, auch das kann ich verstehen, ich denke mal, daß sie in ihrem bitter weit fortgeschrittenen Zustand sich unter gerade erst operierten oder therapierten Frauen mit jeder Menge Hoffnung wohl eher nicht wohlgefühlt hätte und dort wohl auch mit ihren Ansichten ziemliche Probleme bekommen hätte...

Außer mir gibt es inzwischen nur noch eine flüchtige Bekannte, die sich ab und zu sehen läßt, alle anderen sind weg - außer natürlich Mann und Kinder. Der Vater versucht alles mögliche, um die Kinder auf einem halbwegs klaren Weg zu halten... Aber die Kinder riechen natürlich diesen verwesungsartigen Geruch der nekrotisierenden offenen Stellen und lassen sich von ihr nichts mehr vormachen - auch denen fällt es immer schwerer zu begreifen, daß ihre Mutter sich etwas in die Tasche lügt. Aber zumindest zuhause mit dem Vater können die beiden klar sprechen und immer wieder von neuem die Kraft schöpfen für einen Besuch bei der Mutter.

Ach Ihr Lieben hier, es ist so furchtbar, das alles miterleben zu müssen... Mir ist klar, daß vermutlich bald jede Menge Wut und Aggression uns allen um die Ohren fliegen werden, aber ich glaube inzwischen, alles ist leichter auszuhalten, als dieser Blödsinn, den meine Freundin im Moment um sich herum verbreitet.

Liebe Grüße an alle und ein HOCH auf die geniale Kunst aller Mediziner!

Silvia