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Alt 12.08.2003, 13:14
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Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo Ihr Lieben,
heute schreib ich mal was, egal ob ich dabei schwitze wie ein Schwein *g*
Zuerst einmal, liebe Claudia, zum Thema neue Frau an Papas Seite. Als meine Mama starb und mein Vater so furchtbar gelitten hat (die beiden haben sich unendlich geliebt), habe ich mir nichts sehnlicheres gewünscht, als dass er wieder glücklich wird und mir geschworen, dass ich nichts gegen eine andere Frau sage, die ihn glücklich macht. Mein Vater hat nun diese Bekannte, deren Mann zwei Tage vor meiner Mama ebenfalls an Krebs starb. Beide liegen auf dem Friedhof nebeneinander und meine Eltern und dieses Ehepaar waren recht gut befreundet. Mein Vater hat am Anfang sehr stark getrauert, viel geweint und alles rausgelassen. Dadurch konnte er sich aber auch wieder recht schnell in seinen Alltag allein einfinden. Natürlich gibt es immer noch Tage, an denen er schlecht drauf ist und traurig ist, im großen und ganzen aber hält er sich supertapfer. Diese Frau des verstorbenen Bekannten macht gerade das Gegenteil. Sie hat alles supercool genommen am Anfang (mit Hilfe von Tabletten). Sie hatte zu ihrem Mann ein schlechtes Verhältnis und hat die Krankheit als Einbildung abgetan. Vermutlich hat sie deshalb ein schlechtes Gewissen und auch deshalb, wie sie ihn behandelt hat. Jedenfalls unternimmt mein Vater viel mit ihr, weil er denkt, er kann ihr helfen. Sie zieht ihn aber jedesmal runter, macht auf hilflos und ist einfach nicht gut für ihn. Er ist in seiner Trauerarbeit schon einen Schritt weiter. Es geht aber auch um alltägliche Dinge wie z.B. Kauf von Fahrrad o.ä. Muss sie da ausgerechnet meinen Vater zu Hilfe bitten? Sie hat auch zwei Kinder und eine große Familie, die sie um Hilfe bitten könnte. Auch in vielen anderen Dingen nutzt sie meinen Vater aus. Das möchte ich jetzt gar nicht alles wiedergeben, aber es geht auch manchmal gezielt ums Bezahlen beim Essengehen usw. Das ärgert mich dermaßen. Und er meint noch, er tut ihr gutes, wenn er hilft. Mein Vater ist ein großzügiger und gutmütiger Mensch, ein Macher. Es gibt ihm ein gutes Gefühl, wenn er anderen gutes tun oder ihnen eine Freude machen kann. Das hat er immer bei meiner Mama gemacht. Ich sehe nicht ein, dass diese Frau ihn deshalb ausnutzen muss. So sehr ich mir auch eine neue Frau an seiner Seite wünschen würde - keine neue Mutter, die wird es nicht für mich geben, aber jemanden, der ihm in seinen einsamen Stunden nicht allein läßt, denn wir als Kinder können nicht alle Lücken schließen -, aber so habe ich mir das nicht vorgestellt. Ich weiß noch nicht mal, ob er Gefühle für sie hat (wahrscheinlich wird er mich auslachen, wenn er wüßte, dass ich das von ihm denke), aber solche Frauen schaffen es immer wieder, die Männer für sich zu gewinnen. Und damit komme ich auch zum nächsten Thema: Grabstein.
Wir haben bei einem Steinmetz etwas ganz besonderes für unsere Mutter anfertigen lassen, ein Unikat, der Steinmetz fertigt keine gleichen Steine an. Wir haben diesen Stein bei ihm gesehen und wußten sofort, das ist unser Stein. Er ist so besonders, wie meine Mama es war. Wir haben ihn fotografiert und auch die Bepflanzung darauf abgestimmt. Ich gehe immer wieder auf den Friedhof, um den schönen Stein zu betrachten. Er ist ein Ruhepol für uns alle und gibt uns ein gutes Gefühl. Nichts, das schmerzt, sondern das beruhigt und Freude über das Schöne hervorruft.
Und nun kommt diese Frau und will sich genau beim gleichen Steinmetz ebenfalls einen Stein anfertigen lassen, obwohl sie vorher ganz andere Vorstellungen hatte. Das macht mich echt wahnsinnig. Unserer Stein ist nichts besonderes mehr, wenn direkt nebendran ein Stein vom gleichen Künstler steht, auch wenn er anders ist, die Handschrift eines Künstlers ist immer dieselbe. Ich bin also noch mal zum Steinmetz gefahren und habe mit ihm gesprochen. Er hat mir auch gesagt, es ist sein Wunsch, wenn seine Kunden so um ihren Stein kämpfen wie ich das tue. Das zeigt, dass sie eine Beziehung zum Stein aufgebaut haben, dass sie bereit sind, mit diesem Stein zu trauern. Er sagte mir auch, dass er bei der Bekannten das Gefühl nicht hatte. Sie wisse nicht, was sie wolle und sie sei nicht gekommen, um einen Stein auszusuchen, weil sie nun bereit dafür sei, sondern weil es Zeit wäre. Und das macht mich noch wütender. Dann kann sie sich auch was anderes aussuchen. Meinen Vater habe ich auch darauf angesprochen, er sieht das nicht so wie ich. Für ihn ist der Stein was besonderes, egal, was nebendran steht. Ich versteh das nicht. Ich habe ihn gefragt, ob er nicht wolle, dass seine Frau einen besonderen und ausgefallenen Stein auf dem ganzen Friedhof hat, denn sie war eben auch was besonderes. Das will er schon, er sieht aber nicht, dass das nicht mehr gegeben ist, wenn ein ähnlicher ausgefallener Stein daneben steht. Somit wird er auch nicht mit ihr reden (traut sich womöglich auch gar nicht) und das ärgert mich um so mehr. Ich bin so sauer, ich weiß gar nicht, was ich noch sagen soll. Egal, sorry, dass ich Euch das alles hier erzähle, ihr werdet vermutlich denken, das das alles unwichtiger Kram ist, aber es beschäftigt mich sehr und ich möchte doch ruhigen Gewissens auf dem Friedhof trauern können und nicht mich dauernd ärgern müssen, das die Frau nebendran alles nachgemacht hat (die Bepflanzung hatte sie schon einmal nachgemacht).
In jedem Fall solltet Ihr beim Grabstein das fühlen, was der Steinmetz mir gesagt hat. Der Stein oder die Platte soll erst dann kommen, wenn man bereit dafür ist, den Namen darauf zu lesen und bereit ist, mit diesem Stein zu trauern. Denn es ist endgültig. Nicht, weil es Zeit ist und andere nebendran ihren Stein schon haben, sondern wenn man es selber möchte. Denn es soll ein gutes und beruhigendes Gefühl geben, ein Ruhepol, wo man sich gern aufhält und man sich am liebsten nicht mehr losreißen möchte.

Liebe Grüße
Kiki
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