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Alt 17.07.2008, 12:38
teich1 teich1 ist offline
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Standard AW: Diagnose GLIOBLASTOM IV

Hallo Mirjam,

bei uns ist Papas Tod nun fast sechs Wochen her. Also alles noch relativ frisch und trotzdem für uns schon wieder - das Erlebte - so weit weg.

Es war alles so schlimm und er ist so elendig (3 Tage hat er gekämpft und wir haben vom Arzt erst am letzten Tag zum 1. Mal Morphium bekommen)gestorben, dass wir dachten, wir -meine Mama und ich - drehen durch.

Wir haben uns am Ende wirklich nur noch für Papa gewünscht, dass er sterben kann und ich habe ihm gesagt:" Papa es wird alles gut. Wir passen auf
Mama auf, Günter (mein Mann) auf mich, und Sabine (Freundin meines Bruders) auf Dirk und seine Kinder." Kurze Zeit später ist er eingeschlafen
und seine Hand, die ich hielt wurde gefühlsmäßig für mich richtig schwebend.
In dem Moment bin ich überzeugt worden, dass im Bett wirklich nur noch Papas Hülle liegt und er jetzt "woanders" ist - wo auch immer.

Ich habe trotz dieses schrecklichen Abschieds eine innere Ruhe und Gewißheit gefunden, dass es ihm nun gut geht, erklären kann ich es nicht. Und wenn ich morgens zur Arbeit fahre, schaue ich in den Himmel und sage immer laut im Auto: "Guten Morgen, Papa." Oder wenn ich an seinem Fischteich bin oder am Friedhof, sage ich immer: " Hallo Papa". Dabei bin ich nie traurig, wie gesagt, ich habe so eine Gewißheit in mir, dass es ihn dort irgendwo gibt.

Es gibt Momente, da bekommt man natürlich die Krise und weint und weint, und es gibt aber auch schon Momente -selbst mit meiner Mama -, in denen wir schon wieder schmunzeln. Man kann das halt nicht steuern. Wenn es an bestimmten Tagen regnet - wie an seinem Geburstag am 10.07., denken wir, das Papa weint, weil wir nicht zusammen feiern können und er traurig ist...
Dann blutet uns wieder das Herz...

Andererseits wenn die Sonne scheint sagen wir uns, dass er Spaß mit seinen verstorbenen Verwandten (meine Oma, mein Opa, Papas Bruder und sonstige)
hat und uns zeigen will, dass es ihm gut geht. Dann sind auch wir beruhigt.

Man lernt mit den traurigen und glücklichen Momenten umzugehen, man kann lachen und weinen, so wie vorher auch. Es ist einem nur bewußter, dass man lacht oder weint. Und wenn wir mal lachen, haben wir auch kein schlechtes Gewissen, denn mein Papa war immer fröhlich und hat noch z.B. Mitte April an einer Feier (da konnte er noch selber laufen und sprechen, hatte aber schon Probleme das Wasser zu halten und oft schlimme Anfälle und bestimmt auch schlimme Schmerzen) so herzlich gelacht (ich habe noch ein Foto davon), dass ich weiß, er will uns wieder glücklich sehen....

Man lebt vielleicht nicht mehr ganz so unbeschwert, aber viel intensiver. Den Verlust kann man nicht vergessen, aber sich mit Erinnerungen und vielen Fotos an schöne Zeiten trösten...

Du wächst in die Situation und wirst mit den Anforderungen an Dich -die leider immer höher werden - stark und tapfer, und auch wenn Du glaubst, Du kannst das alles nicht mehr ertragen und am liebsten wegrennen möchtest, dann wirst Du feststellen, dass Du das alles schaffst....

Alles Liebe und bleibe so tapfer

Petra

P.S.
Wir wollten meinem Papa auch noch alles schöne ermöglichen -aber am
konnte er einfach kraftmäßig nicht mehr - hat aber selber nie was gesagt
und alles mit sich machen lassen- Wenn Deine Mam nicht mehr kann, dann lass sie, quäle sie nicht z.B. aus dem Bett und schone sie einfach, lass sie ruhen, es ist das Beste für sie... Mein Papa hat noch bis einer Woche vor seinem Tod sich in den Rollstuhl hiefen lassen, damit wir ihn mit auf die Terrasse zu uns nehmen konnten, er hat das glaube ich, nur für uns getan.
Selber wäre er wahrscheinlich einfach am liebsten im Bett geblieben...
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