Liebe 
Regina, 
die Blume ist sehr schön fotografiert. Ich dachte zuerst, es sei Hibiskus, aber ich glaube, ich liege wohl meilenweit daneben, die haben doch einen großen Stempel in der Mitte ? Ich habe auch oft an Anna-Karin gedacht, aber leider blieben, wie sicher auch bei Dir, die PNs unbeantwortet. Ich wünsche mir auch dass es ihr gut geht. Wo immer sie ist. 
Liebe 
Annika, 
leider hast Du ja keinen eigenen Thread, deswegen möchte ich hier (sorry ich hoffe das ist ok für Euch) kurz auf Deine Sorgen eingehen. 
Meine waren die gleichen. Wie Du weißt kam der Tumor bei meiner Mutter ja in weniger als drei Monaten zurück. Wir sind aber nicht davon ausgegangen. Und soll ich Dir was sagen? Es war eine wundervolle Zeit. Unheimlich, ja. Nicht wissend - vielleicht doch? Ja, sicher. Auch ich hatte im Kopf dass die Kontrollen viel zu weit auseinander liegen. Dann wurden im Januar durch meine Mom Metas ertastet. Da war er wieder. Später stellte sich heraus, er war schon viel länger wieder aktiv. Rückwirkend auf den Bildern klar erkennbar. Nur hingeschaut hat niemand. 
Sauer war ich. Konnte nicht begreifen wie das passieren kann. 
Aber ganz ehrlich, heute überwiegt ganz eindeutig die Dankbarkeit für die schönen Monate. Für unbeschwertes Lachen in dieser Zeit, ein Weihnachtsfest, ein Sylvester. Ich habe für meine Mutter und ihren Mann am Rhein ein Feuerwerk gestartet zu ihrem 1-jährigen Hochzeitstag (i know, ist verboten, aber so schön). Wir haben zu zweit gleichzeitig verschiedene Battalione gezündet. 
Schön liebe Annika. Diese Zeit war wertvoll. Sie war eine Atempause die Kraft gegeben hat für die folgende Zeit. Sie war eine Atempause für die Seele, den Körper. Sie war eine Atempause von der Krankheit in der man wieder gelebt hat. So richtig meine ich. 
Wenn ich heute zurück denke und überlege, was wäre anders wenn es früher entdeckt worden wäre? Dann weiß ich das nichts anders wäre. Die Chemo hätte genauso gut oder schlecht angeschlagen. Das Austesten hätte ebenso statt finden müssen. 
Aber wir wären um zwei unbeschattete Monate ärmer gewesen. Zwei unbeschattete Monate in über einem Jahr Marathon. 
Ich wollte Dir dies erst per PN schreiben, aber ich denke und hoffe dass ich damit vielleicht ein bißchen Ruhe reinbringen kann. Vielleicht auch für andere denen es in Ihrer Sorge ähnlich geht. Ich kann Dir von meiner Seite zu dieser Untersuchungsfreien Zeit nur sagen dass wir in dieser Zeit abgewartet haben ob meine Mutter von sich aus darauf zu sprechen kommt. Ob sie Beschwerden schildert (besser gesagt nebenbei fallen lässt). Ansonsten haben wir versucht, wieder etwas zu unternehmen, einfach freier zu sein. Und die Zeit zu nutzen. 
Trau Dich mit ihr zu lachen und Dich zu freuen, zu genießen. Ihr habt soviele Tränen geteilt dass das Lachen zu kurz kommt. Ich weiß wie schwer dass für einen Angehörigen ist. 
 
Liebe 
Regina und all ihr lieben anderen Betroffenen, 
ich weiß, dass wir die Möven sind, den Vergleich finde ich sehr, sehr passend. Aber ich glaube auch, dass es unterschiedliche Bindungen zwischen Eltern und Kindern gibt. Und ich glaube, dass wir eine solche starke Bindung haben, dass wir gemeinsam leiden. Nicht auf die gleiche Art. und nicht mit der Konsequenz. Bei weitem ganz anders. Aber eben auch nicht "nur" als Angehörige sondern als Teil des Ganzen. Wenn ich eine Möve bin, dann wohl eine die davon abhängig ist, jetzt im Moment wie es den Muscheltieren geht. Die Flügel sind gestutzt und wachsen sicher irgendwann wieder. Niemand muss mir das erklären. Aber es ist eben auch so, dass ich weiß wie es ist. Wegzufliegen, liebe Regina käme für mich nie in Frage solange es jemanden gibt, der mir wichtig ist und dem eben diese Wahl versagt ist. Solange bin ich gebunden. Mein Pa ist ja schon am Lymphknotenkrebs gestorben. Ich bin dreißig und fühle mich zu klein für all das. Ich bin die Tochter, ja. Und es ist der Gang der Dinge das Eltern früher gehen. Ja. Aber dennoch tut es manchmal weh, "nur" als Angehörige gesehen zu werden. Obwohl ich genau weiß dass es all den lieben Betroffenen körperlich so viel schlechter und seelisch einfach so viel "anders" geht. Aber ich glaube manchmal wird auch die Angst unterschätzt die jemanden treiben kann, der in jeder Situation begleiten möchte und bleiben muss. Bitte versteht dies nicht als wehleidig, ich möchte mich nur erklären. 
Ich finde es auch schade dass wenige Betroffene hier schreiben. Und (ich glaube, es war Mouse?) es ist sicher auch so, dass Betroffene eher versuchen, ein solches Forum zu vermeiden. Viele haben sicher Angst vor dem, was sie von anderen Krankheitsverläufen lesen. So ist es jedenfalls bei meiner Mutter. Wir sprechen oft darüber. 
Dann kommt sicher noch hinzu dass die Angehörigen ja zumeist die Kinder sind, manchmal auch Ehepartner. Dadurch ist der Durchschnitt der Angehörigen wohl jünger als der der Betroffenen und das Medium Internet wesentlich vertrauter. 
Besonders schlimm finde ich es wenn ich von Betroffenen lese die alleine damit umgehen müssen. Dann bin ich immer sehr froh wenn sie den Weg hierher finden. Die letzten Wochen waren schlimm hier im Forum. Aber ich kann auch Angehörige verstehen, die auch "danach" bleiben. Es mag der gleiche Grund sein aus dem ich damals nach dem Tod meines Vaters ein FSJ auf der Onkologie verbracht habe. Man möchte etwas zurück geben von dem, was der Betroffene oder der Angehörige bekommen hat. Man möchte einfach gutes tun. Wobei auch ich hier schon Angehörige gelesen habe deren "Präsenz" ich sehr seltsam fand. Milki aber zum Beispiel bemüht sich immer dann, wenn Not am Mann ist sofort mit Rat und Tat dabei zu sein. Obwohl es sie sicher auch schmerzt und erinnert. Von der lieben Blume, die sogar jetzt im Moment versucht, zu helfen mal ganz zu schweigen. 
Ihr alle seit mir jedenfalls sehr ans Herz gewachsen. Ich möchte auch immer wissen wie es Euch geht. Ich für meinen Teil kann mir auch nicht vorstellen, "danach" einfach nicht mehr hier zu sein. Der Krebs holt mich und meine Verwandtschaft nun seit fast 15 Jahren fortwährend ein. Irgendwie gehört es zu uns, zu mir. Und mir täte es gut könnte ich ein bißchen von der Wärme zurückgeben. Sicher wird es dann weniger werden, aber so ganz brechen, nur weil die persönliche, eigene Not nicht mehr da ist? Das fällt mir im Moment noch schwer vorzustellen solange Menschen hier sind die mri wichtig sind. Und davon gibt es sehr viele hier.