AW: Mein geliebter Vater...
Liebe Regina.
Ich freue mich immer darüber, wenn ich Menschen bewegen kann, die dann auch noch sagen: ging mir grade auch so durch den Kopf.
Ich bin kein großer Redner – eher der Schreiberling. Ich neige allerdings auch zu einer blühenden Fantasie, daher versuche ich auch, mir die Zeit nach Papas Tod mit solchen Sachen „schön“ zu reden, z. B. dass er bei mir ist, wenn die Sonne meine Seele wärmt.
Ich bin allerdings von diesen Dingen auch überzeugt – auch wegen der Tatsache, dass sie mir niemand widerlegen und somit meinen Luftballon zerstören kann.
Für mich sehr praktisch – so kann ich doch selbst dafür sorgen, dass es mir gut geht, ob Sommer, Winter, kalt oder warm.
Mir tut es unglaublich gut, in diesem Forum Mitglied zu sein.
Ich kann wenige Ratschläge geben und brauche – zum Glück – keine Tipps zu Krankheitsverläufen/Behandlungen von anderen Menschen.
Ich möchte mich einfach mitteilen, austauschen.
Solche Menschen wie Du und die lieben Anderen in deinem Thread – wir teilen mit sehr vielen hier das gleiche Schicksal: den Verlust eines geliebten Menschen... egal, ob es der Partner, der Vater, die Mutter, die Oma, der Opa, die beste Freundin, das Kind war...
Mir fällt der Austausch auf dieser Ebene viel leichter, als wenn mir Menschen gegenüberstehen würden.
Beim Schreiben habe ich mich eher unter Kontrolle als beim persönlichen Gespräch – da tröppeln ständig meine Tränen über die Wangen, weil ich emotional werde, meine Stimme zu zittern beginnt und mein Herz rast.
Beim Schreiben müssen sich meine Hände und mein Kopf anstrengen – meine Tränen laufen (das stört nicht) und sprechen muss ich auch nicht, kann also die Mundwinkel komplett nach unten hängen lassen...
Stell dir vor, wir würden uns treffen und uns wäre klar, dass jeder von seinem Schmerz berichten soll/darf/kann – nicht muss.
Ich glaube, ich würde nicht den Anfang machen und mich allgemein verbal auch ziemlich zusammenreißen... persönlich stellt man seine Trauer doch meist hinter die der anderen, weil das Erlebte vielleicht kurz und relativ schmerzlos einherging, der Tod schon länger zurückliegt oder der Mensch sein schön gelebtes Leben in einem prächtigen Alter verlassen hat...
Die Anonymität dieses Forums macht es mir leichter, von mir zu erzählen.
Ich gehe immer davon aus, dass jemand, dem ich mit meinen Erzählungen zu Nahe treten könnte oder meine Geschichte jemanden nicht interessiert, meinen Beitrag nicht lesen muss.
Niemand wird „gezwungen“, was zu lesen, wonach ihm nicht der Sinn steht.
Wenn dir jemand gegenübersteht, würdest du das „Augen-rollen“ oder tiefe Seufzen merken... das tut schon weh.
Ich schreibe hier, weil ich meine Gedanken oft nur rauslassen muss.
Ich will, dass andere Menschen von unserer Erfahrung profitieren, dass andere Menschen sehen: bei ihr wars auch so schlimm – ich schaffe das auch!
Ich denke, jeder, der hier schreibt, kann merken (wenn er es zulässt), wie gut es tun kann, sich einfach nur mitteilen zu können... ohne direkte Ansprache, ohne Erwartungshaltung... ich z. B. muss meine "Dinge" oft einfach nur "aussprechen" bzw. rauslassen - dann gehts mir besser.
Und sowas wünsche ich dir und den anderen lieben Menschen auch.
Den Mut zum Schreiben, zum Austauschen - muss ja nicht immer im Forum sein, viele ziehen persönliche Gespräche vor bzw. sind darauf angewiesen (gesundheitlich). Jeder so, wie ers mag und braucht.
Aber überhaupt darüber zu sprechen oder zu schreiben - das erfordert schon Mut, den nicht jeder hat.
Und wenn sich dann noch sehr nette Bekanntschaften entwickeln... warum nicht?!
Immerhin teilt man hier Dinge miteinander, die oft die besten Freunde nicht wissen (nicht böswillig, aber wegen oft fehlendem Verstehen/Nachempfinden).
Dicken Drücker für dich!
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Alles Liebe.
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Papa, für immer in meinem Herzen - 31.12.2007
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