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Alt 10.11.2008, 14:58
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meliur meliur ist offline
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Registriert seit: 26.02.2007
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Standard AW: Alltag nach der Darm-OP

Hallo cinderella,

willkommen hier im Forum!
Bestimmt kennen zahlreiche Leute hier das, was Du gerade durchmachst. Dieses übergenaue Beobachten des eigenen Körpers, was viele von uns machen, seit sie mit dieser Diagnose leben müssen - klar! Wenn man einmal diese schreckliche Erfahrung gemacht hat, voller Vertrauen, dass da nichts Schlimmes ist, zur Untersuchung zu gehen, quasi nur, um den worst case auszuschließen, und dann kommt man mit einem Zettel in der Hand wieder raus, auf dem eben dieser worst case dokumentiert ist - das ist ein tiefer Riss im Vertrauen, das man bis dahin in den eigenen Körper hatte. Und dieses "Misstrauen", diese Vorsicht lässt die meisten von uns nicht mehr los. Dass diese Diagnose damals durchaus was Traumatisches hatte (ohne das dramatisieren zu wollen), merke auch ich immer dann, wenn mir die Düse geht, weil wieder Nachsorge-Untersuchungen anstehen.
Die alte Unbeschwertheit kriegen wir mit so einem Riss nicht mehr hin. Aber wir lernen auch, mit diesem Riss im Vertrauen umzugehen. Der kann sich, auch wenn er wohl spürbar bleibt, trotzdem wieder ein gutes Stück schließen.
Obwohl hier im Forum oft die Wichtigkeit des Bauchgefühls betont wird (und es bleibt auch wichtig, darauf zu hören, gerade wenn es z.B. um Therapie-Entscheidungen geht) schlage ich Dir vor, hier ausnahmsweise mal auf Deinen Kopf zu hören. Du bist relativ aktuell untersucht worden, mehrfach. Zwar ist mir noch nicht ganz klar, was Deinen Knubbel zu etwas Seltenem macht, denn ein Karzinoid ist zunächst nichts anderes als eine "gutartige Schleimhautgeschwulst im Darmbereich", in der bei Dir dummerweise wohl auch noch Krebszellen entdeckt wurden - aber das haben die meisten von uns hier auch gehabt, und dann muss es noch irgendeinen weiteren Anhaltspunkt geben für die Andersartigkeit in Deinem Fall. Aber, was ich eigentlich sagen wollte: Sollte sich dieses Ding so verhalten wie "normale" Darmtumoren, dann besteht meiner Meinung nach wirklich kein Anlass zur Sorge, weil diese Tumoren relativ langsam wachsen. Wenn also bei all Deinen jüngsten Untersuchungen (und das ist echt gründlich, da wurde quasi keine Methode ausgelassen) nichts festgestellt wurde, kann da nach so kurzer Zeit (seit September) kaum was Größeres gewachsen sein.
Viel eher könnte ich mir vorstellen, dass das Kribbeln und der Druck vom Heilungsprozess kommen! Zwar habe ich direkt am After keine Narbe, aber ein Stück Darm wurde mir ja auch rausgeschnitten (also der ganze Enddarm), und, auch wenn es komisch klingt: Ich habe diese Narbe anfangs öfter gepürt, auch schmerzhaft, und gerade auch in Form eines diffusen Drucks, oft gleichzeitig verbunden mit sehr plötzlichem (manchmal aber auch Fehlalarm gebendem) Stuhldrang. Das habe ich auch jetzt noch manchmal. Das Jucken und Kribbeln am After dagegen kenne ich sehr gut als Folge der Bestrahlung und am Bauch (auf der Haut) als Folge der Wundheilung auf der Bauchdecke. (Da muss sich ja immerhin eine Narbe bilden, die Aufgeschnittenes wieder zusammenwachsen lässt, eine komplizierte, aufwändige und tolle Leistung des Körpers, wo es durchaus mal kribbeln kann !) Beides ein völlig normaler, wenn auch störender Prozess.

Wenn Du ganz unruhig bist innerlich und die Angst Dich plagt, dann wende Dich doch einfach nochmal an Deinen Gastroenterologen (oder, wenn Du da den besseren Zugang hast, zum Hausarzt) und frage ihn ganz einfach nach den möglichen Ursachen dieser Symptome! Das zuverlässigste Bild (hinsichtlich der Angst vor neuen "Knubbeln") gibt immer noch eine Koloskopie / Rektoskopie ab. Wenn Du die mühselige Abführerei auf Dich nimmst dafür, dass Du anschließend Sicherheit hast (und bei einer Rektoskopie wäre das Abführen ja noch nicht mal nötig), wäre das z.B. eine Option, und diesen Wunsch kannst Du durchaus äußern. In einer solchen Situation kann ich mir auch nicht vorstellen, dass die KRankenkasse Probleme macht.
Vielleicht ist aber auch eine psychoonkologische Beratung wohltuend in dieser Situation. Gerade was den Umgang mit der Angst angeht, die uns nach diesen Erfahrungen wirklich nicht mehr so leicht loslässt, das wieder Sortieren all der Teile in unserem Innern, die völlig über den Haufen geschmissen und durcheinandergeworfen wurden durch die Diagnose und alles, was danach kam, bringt diese Hilfe in Form von Gesprächen manchmal richtig gut weiter.
Und außerdem gibt es immer noch das Forum und uns hier, wo Du immer Ansprache suchen und auch finden kannst.

Versuch Dich zu freuen, dass Du das Ding so früh entdeckt hast. Deine Histologie klingt doch, und das meine ich jetzt wirklich nicht zynisch, eigentlich noch denkbar gut! Sozusagen das Optimum, wenn man schon Krebs hat. Damit auch, folgere ich jetzt als Laie, optimale Prognosen!

Liebe cinderella, halt uns auf dem Laufenden. Dir alles Gute!

meliur
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