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Alt 25.11.2008, 15:27
Polyglotte Polyglotte ist offline
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Standard AW: Brauche ein bisschen Hoffnung...und möchte Euch allen danken.

Liebe Diana, liebe Sanni,

Ja so unterschiedlich wie Eure Meinungen sah es auch lange Zeit in meinem Kopf aus. Ich habe mich letztlich dazu entschieden, nicht zur Beerdigung nach Hause zu fliegen. Ich habe lange darueber nachgedacht, warum ich hinwollte, habe gemerkt, es ist schon ein Wunsch nach "Abschiednehmen" da, aber irgendwo ist auch die Beisetzung ein weiterer Schritt auf einem Weg, der sich so weit erstreckt wie mir zu leben gegeben ist. Einen Abschied als solchen wird es nie geben, denn sie wird immer bei mir sein...wie sagt Groenemeyer in diesem fuerchterlich traurigen Lied? "Bis der Vorhang faellt."

Ich habe mit Hilfe meiner Mama Blumen zur Trauerfeier geschickt, mit einer Karte und einem Zitat aus einem Lied von Francis Cabrel, den wir beide so geliebt haben. So kann ich zumindest in irgendeiner Form heute bei ihr sein. Den Brief an ihren Peter habe ich gestern abgeschickt...7 Seiten sind's geworden. Im Dezember werde ich sie besuchen. Heute Abend fahren wir hinaus ans Meer, nehmen die Musik von Cabrel mit, setzen ihr Teelichter auf's Wasser. Sie sagte mir mal, sie moege es so, wenn bei Konzerten die Feuerzeuge gezueckt wuerden. Vielleicht koennen wir ihr so eine Freude machen.

Zur Ruhe komme ich heute gar nicht, habe auch staendig im Unterricht immer an die Trauerfeier denken muessen. Heute Abend ist noch bis 21 Uhr Elternabend. Manchmal habe ich das Gefuehl alles stuerzt noch ueber mir zusammen...aber es wird schon wieder werden.

Bei den Elternabenden diese und naechste Woche werden wir Karten von Amnesty International verkaufen. Das ist auf eine Initiative Brigittes hin entstanden, denn sie hat zu solchen Gelegenheiten immer UNICEF in die Schule geholt, um Karten zu verkaufen. Da wir schon Kontakte zu Amnesty hatten, haben wir sie gebeten zu kommen. Den Gewinn spenden wir dann in Brigittes Namen an UNICEF. Ich hatte ihr damals erzaehlt, dass wir Amnesty in die Schule holen und sie hatte sich sehr gefreut, dass ihre Idee auch hier weitergefuehrt werden wuerde.

Gestern habe ich auch an sie denken muessen. Im Flur kam ich mit zwei Schuelerinnen ins Gespraech, die ich eigentlich nicht unterrichte aber fluechtig kenne, da sie beide aus Deutschland kommen und mir in dem Zusammenhang mal vorgestellt wurden. Wir haben uns lange unterhalten und ich stellte fest, dass sie beide grosses Heimweh haben und es ihnen schwer faellt, hier Anschluss zu finden. Am Freitag fahre ich mit einer Gruppe Schueler nach London zum "German Film Festival". Da die beiden Maedchen (logischerweise) kein Deutsch lernen, kann ich sie eigentlich nicht mitnehmen, aber, da ich finde, dass das eine ideale Gelegenheit waere fuer sie ein paar nette Mitschueler kennenzulernen, bin ich kurzerhand zu unserem Stufenkoordinator und habe ihn gebeten, die beiden am Freitag zu beurlauben. Was er auch getan hat. Ich habe es ihnen per Email mitgeteilt und dabei fielen mir die Worte ein, die Brigitte mir damals schrieb, als ich mich mit 19 auf den Weg nach England machte:

"Umwege erhoehen die Ortskenntnisse"

und

Angst und Zweifel
Zweifle nicht
an dem
der dir sagt
er hat Angst
aber hab Angst
vor dem
der dir sagt
er kennt keinen Zweifel
(Erich Fried).

Die habe ich den Schuelerinnen auch mit auf den Weg gegeben. Brigitte hat mir immer Mut gemacht...vielleicht kann ich das ein wenig weitergeben, ueber jeglichen formellen Kontext einer Trauerfeier hinaus.

Seid mir nicht boese, wenn ich heute nicht gross auf die vielen Beitraege hier eingehe. Ich denke an Euch alle und wuensche allen hier alles Liebe und eine schoene, schmerzfreie Zeit, ohne Monster jeglicher Art.
Eure Sarah
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