Ich weiß jetzt gar nicht, ob es albern ist, dir hier zu antworten. Andererseits, warum mit lieben Gewohnheiten brechen
Der Schmerz reicht nicht mehr zum Weinen. Ja, hin und wieder wundere ich mich auch, wo denn die Tränen hin sind. Und dann ganz unverhofft, sind sie wieder da. „Lache, wenn`s zum Weinen nicht reicht“ Grönemeyer) ein Ratschlag von einem, der weiß, wovon wir hier reden. Und ich denke, so ist es doch ganz häufig seit dem Tag X.
Robert ist so viel mehr als sein letzter Lebensabschnitt. Warum also mit Macht diese dunkle Zeit im Detail bewahren? Ist das notwendig? Nein, du wirst sie niemals vergessen, die Verzweiflung um das, was geschehen ist, wird dich immer wieder einholen. Was sollte so gut daran sein, die einzelnen Schreckensdaten noch im Gedächtnis zu haben? Es ist die Zeit, sie wird dich immer wieder zurückbeamen, wann genau was war, nein, das ist nicht wichtig.
Aber da waren 15 Jahre davor, Erinnerungen an einen besonderen Jungen, der dich glücklich gemacht hat, der eure Familie komplett gemacht hat. Sein Lachen, seine Augen, die unstreitig „deine“ sind, sein Charakter, positiv zu denken, keinen Streit vom Zaun brechen, wenn das Problem sowieso von alleine gelöst wird (z.B. ein nerviges Kind in seinem Zimmer) das ist der Robert, den du bei uns hast lebendig bleiben lassen.
Der Wunsch jeden Vaters, wenn der Sohn mal alt genug ist, ein Bier mit ihm zu trinken. Und nun? Das Lebensbuch wollte es anders, auf beiden Seiten. Da ist der Sohn, der nicht mehr lebt, keine Zeit mehr für ein Treffen am Tresen, einfach nicht mehr da. Keine vertane Zeit, einfach keine gehabt. Und da ist der Vater, der gehen musste, bevor die Zeit gekommen war, mit dem Jüngsten auf ein Bierchen loszuziehen. Da ist der Mann, dessen eigenes Kind niemals mehr all diese Dinge mit ihm machen wird, die er sich erträumt hat, da ist ein Kind, dessen Vater keine Gelegenheit mehr hatte, ihn erwachsen werden zu sehen. Und da treffen sich diese beiden, vom Schicksal betrogen, wie schön, dass sie gegenseitig die Chance nutzten, den Weg des jeweils Verstorbenen weiterzugehen. Als Sohn und Vater, immer genau wissend, dass eigentlich ein anderer an der eigenen Stelle sein sollte. Dieses Wissen tut oft sehr weh, aber vielleicht ist genau das der Sinn des Lebens?
Nein, auch ich glaube nicht, dass es einfach vorbei ist. Zu nah sind sie uns, seltsamer Weise auch die beiden Sterne, die ich nie habe kennenlernen dürfen. Ich halte Zwiesprache mit ihnen, nicht nur mit Claus.
Für mich ist Gott die Liebe, unsichtbar aber immer da. Man sieht sie nicht, aber die ganze Seele ist erfüllt damit. Auf so unterschiedliche Weise. Ehepartner, Kinder, Eltern, Geschwister, und klar besondere Freunde. Überall ist die Liebe und sie ist das Band, das auch der Tod nicht durchtrennt. Und die Seele ist für mich wiederum was anderes als das Herz, denn das Herz wird eines Tages seinen Dienst verweigern, nur die Seele wird überleben…Und du trägst Robert tief in deiner Seele.
LG
Andrea