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Alt 05.01.2009, 13:35
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Summer 175 Summer 175 ist offline
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Standard AW: Vor 12 Jahren Mundboden-Ca - und jetzt "aus heiterem Himmel" Lungen-Ca

Liebe Diana,
es war wieder mal ein ziemlich frustrierender Vormittag .. Manchmal würd ich aus der Uniklinik gern eine Achterbahn machen

Als erstes hatte ich in der Nuklear angerufen und gefragt, ob der Befund vom Szinti gleich mit dem Patienten besprochen bzw. ein Kurzbrief für den HA mitgegeben würde. Ja, es wäre natürlich ein Arzt dabei, der auch "kurz mit dem Patienten spricht, bevor er ihn entlässt ..." (was auch immer das im Klartext bedeuten mag ... Ich würde ja gern mitfahren - aber erstens bin ich schwer erkältet, hab einen ganz dicken Kopf, da mag ich nicht acht oder neun Stunden so eng mit meiner Mutter beisammen sein und sie vielleicht anstecken - und zweitens ist da unser Hund, den ich nicht so lange allein lassen möchte. Vier, fünf Stunden sind kein Thema - aber es wäre etwa die doppelte Zeit (1 1/2 Std. hin, 3 1/2 - 4 Std. für die Untersuchung, Warten auf den Arzt, Gespräch, 1 1/2 Std. zurück), mein Mann hat Rufbereitschaft, kann also nicht daheim bleiben, meine Tochter muss auch wieder arbeiten. Einige denken jetzt vielleicht (zu Recht!) "ist doch nur ein Hund" - aber für mich ist er sehr wichtig, fast wie ein vierbeiniges Enkelkind , und grad jetzt gibt er mir soviel, lenkt mich ab, wenn ich traurig bin, fordert (wie jetzt) einen erneuten Gassigang - klar, bei DEM Schnee draußen ... Bei einem Viecherl kann man sich so gut ausheulen ... Mein Vater hat jetzt schon gemeint, dann solle halt ich mitfahren, und er würde daheimbleiben - aber da hat meine Mutter ganz traurig geguckt, das geht einfach nicht. Ich hab jetzt zumindest meinen Vater soweit, dass er meiner Mutter nicht von der Seite weicht - bei der Untersuchung von Kindern dürfen die Eltern auch dabei sein, also muss das auch bei schwerhörigen (vor allem, wenn sie medizinisch etwas schwer von Begriff sind) Patienten gehen.

Dann kam ein Anruf meines Vaters in der Lungenambulanz: Es würde schon ein paar Tage (!?) dauern, bis der Befund vom Szinti dort vorläge, ein früherer Termin als der abgesprochene am 15. würde da wenig Sinn machen. Es folgten einige (für meine Ohren) recht schnippische, eingeschnappte Bemerkungen, weil meine Mutter das Schädel-CT abgelehnt hat - dann wäre doch nur der halbe Körper untersucht, das wäre doch dann auch nichts wert usw. Mein Vater hat eben erläutert, warum meine Mutter gar nicht wissen will, was evtl. im Schädel vor sich geht, weil sie keine Kopfbestrahlungen wünscht. Das sollte doch auch das Klinikpersonal akzeptieren und respektieren, oder??? Das müsse sie mit dem Arzt besprechen, er würde gleich zurückrufen. Was folgte, war ein Rückruf der Ambulanzschwester: sie würde dem Arzt eine Notiz hinlegen, und er würde wie abgesprochen am 15. das Ergebnis des Szintigramms mit uns besprechen und auch noch mal wegen dem Schädel-CT ... Anscheinend sind eigene Meinungen und Entscheidungen in dieser Klinik nicht so erwünscht, habe ich den Eindruck ... Auch das Problem mit dem Kontrastmittel wurde heruntergespielt - die Patienten bekämen dann halt vorher ein paar Tropfen, und gut wär's ... Klasse, bei meiner Mutter sind die Werte jetzt zum Glück wieder in Ordnung - und dann spielen wir wieder an der Schilddrüse rum? Nee, nicht wirklich! Wahrscheinlich gelten wir jetzt als renitent und therapie-resistent - was soll's? In der Uni kann man meiner Mutter definitiv nicht mehr helfen - zur Not finde ich auch eine andere Möglichkeit, wenn noch einzelne Metas bestrahlt werden können - aber anhand der Schmerzen über den ganzen Körper denke ich, dass es schon zu viele sind. Und für eine weitere Behandlung gibt's den HA, mehrere (in meinen Augen gute und menschliche!!!) Internisten in der Umgebung und für den Fall des Falles noch das Julius-Spital mit der angegliederten Palliativstation. Ich hab meiner Mutter versprochen, dass sie definitiv nicht mehr stationär in die Uni müsste - und dieses Versprechen werd ich halten! Also gehe ich davon aus, dass der Termin am 15. eh der letzte dort oben ist - da muss ich nicht mehr unbedingt die Füße still halten und zu allem ja und amen sagen, wenn meine Mutter nichts davon hat ...

Dann ging's um die Infusionen (Bisphosphonat). Die erste hat meine Mutter ja in Würzburg bekommen (da war grad ein Infusionsplatz frei), der Arzt hatte aber gemeint, dass selbstverständlich auch der HA die Infusionen geben könne - er würde das extra in den Brief schreiben. Das war am 18. Dezember - heut ist der 5. Januar, noch kein Brief da ... Dem HA wär's natürlich lieber, er hätte ein Rezept von Würzburg, da dieses Medikament so teuer sei - verständlich, aber die Würzburger rücken kein's raus - Zitat "Nein, das machen wir auf keinen Fall ..." Okay, wenn wir am 15. eh dort sind, könnte meine Mutter die Infusion dort bekommen (das wären genau vier Wochen), aber wer weiß denn, ob zu der Zeit ein Infusionsplatz frei ist? Es sind (meine ich) nur drei oder vier, und die Chemo's brauchen ja auch ihre Zeit. Meine Mutter ist eh platt genug, da muss sie nicht noch zusätzliche Zeit in der Ambulanz umeinandersitzen und auf einen Infusionsplatz warten ... "Dienst am Patienten" verstehe ich anders - nicht eine solche Arroganz. Grad bei Krebspatienten sollte man doch etwas einfühlsamer sein ...

Was die Müdigkeit betrifft, weiß ich halt nicht, ob's vom Krebs kommt oder eine spätere Bestrahlungsfolge ist, die Beschreibung von Fatigue trifft schon ziemlich zu. Wahrscheinlich kommt alles zusammen - seit der Diagnose bzw. dem Verdacht darauf sind ja jetzt knapp sechs Monate vergangen, und in vielen Fällen habe ich jetzt nach diesem Zeitraum von gravierender Verschlechterung gelesen, wenn keine "gescheite" Therapie möglich war.

Positiv ist aber, dass meine Mutter derzeit noch keine Atemnot hat - das Tilidin soll aber auch in dieser Hinsicht sehr wirksam sein. Vielleicht tun auch die Medikamente ihr übriges, dass meine Mutter ziemlich müde ist - andererseits versäumt sie ja nichts (spazierengehen ist derzeit eh nicht drin), und im Schlaf kann sie vielleicht ihre Kräfte noch etwas zusammenhalten.

Mein Hauptbestreben geht jetzt dahin, dass meine Mutter sich mal mit jemandem vom Palliativdienst unterhält. Sie hat ja letzt mal "palliativ" gehört und "sterben" gedacht - das alte Vorurteil halt ... Es gibt bei uns im Dekanat eine Frau, die da mitarbeitet; ich werde sie nächste Woche anrufen und mal Vorgespräche führen. Bei meiner Mutter müssen wir ja äußerst vorsichtig sein, damit sie nicht realisiert, wie krank sie ist - und sich evtl. zum Sterben auf's Sofa legt - ist nicht meine Formulierung, sondern die einer sehr netten Mitarbeiterin vom Brückenteam in Würzburg. Aber es ist schon enorm wichtig, dass sie jetzt wenigstens in Bezug auf Schmerzen, Atemnot und Angst so behandelt wird, wie es erforderlich ist. Mir wurde dann auch gesagt, dass es eine Palliativärztin gibt, die mit KK, HA und Station zusammenarbeitet und auch die Patienten (in Cooperation mit dem HA und Sozialdienst) zuhause betreuen kann, damit evtl. eine stationäre Aufnahme vermieden wird.

Mein Vater meint ja, solange es meiner Mutter so geht wie jetzt, könne er gut damit leben. Wenn sie ihre Medikamente rechtzeitig nimmt, kann sie hoffentlich schmerzfrei sein, und das ist doch viel wert - vor allem, weil sie eben noch keine Probleme mit der Luft hat. Der HA hatte heut gemeint, sie sollte das Novamin bzw. Tilidin so nehmen, dass sie schmerzfrei ist (also lieber etwas zuviel als zuwenig) - ich hab meinen Vater gebeten, aufzuschreiben, wann sie welche Dosierung von welchem Mittel bekommt, und wie's wirkt - dann kann man bei Bedarf vielleicht besser entscheiden, welche Medikation sinnvoll ist.

Am Donnerstag kommt eine MA der hiesigen Sozialstation, guckt, wo man Hilfsmittel einsetzen kann; die KK schickt einen Antrag für Pflegegeld. Irgendwie macht einem das bewusst, spätestens jetzt wird es richtig ernst - aber warum sollte mein Vater keine Unterstützung in Anspruch nehmen? Zumal die vielen Fahrten nach Würzburg ja auch ordentlich ins Geld gingen und gehen; Transportschein gibt's ja nur für Chemo und Bestrahlungen - obwohl meine Eltern bis auf den obligatorischen Eigenbetrag von allen weiteren Zuzahlungen befreit sind. Wie sollen das denn Leute bewerkstelligen, die noch weniger Rente haben (meine Mutter kriegt gar keine, mein Vater musste mit grad mal 48 krankheitshalber daheim bleiben) als meine Eltern? Sozialstaat Deutschland? Wohl nur für die, die ihn sich leisten können ... Ich krieg ja auch auf der Arbeit immer mehr mit, wie an den Menschen gespart wird ... Grad die, die's wirklich bräuchten, gehen häufig leer aus ... Da geht's meinen Eltern zumindest finanziell noch einigermaßen gut, sie beschweren sich ja auch nicht, aber soviel, dass sie z. B. auf Pflegegeld verzichten, haben sie schließlich auch nicht. Da sollte niemand ein schlechtes Gewissen haben, finde ich ...

Jetzt hoffe ich, dass der Arzt am Mittwoch etwas gesprächig ist und vielleicht sogar einen kurzen Befund für den HA rausrückt - ansonsten wird es eine sehr lange Woche bis nächsten Donnerstag.

Es ist doch mit dieser Sch...krankheit eh alles so schwer - muss es da immer noch mehr Ecken und Kanten durch Ärzte, Behörden und was weiß ich noch alles geben?

Ich wünsche euch allen einen schönen Tag, ohne Schmerzen, ohne Angst - und hoffentlich lauter guten Befunden (unser "Sarge" hat schon einen Knoten in der Rute!),
liebe Grüße, Karin
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"Das Leben ist keine Autobahn von der Wiege bis zum Grab, sondern ein Platz zum Parken in der Sonne."
(Phil Bosmans)
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