Einzelnen Beitrag anzeigen
  #150  
Alt 26.01.2009, 17:53
Stefans Stefans ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 425
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo Andrea,

sorry, eben verpasst, daher ein neues posting.

Zitat:
Zitat von AndreaS Beitrag anzeigen
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass dies mal wirklich Thema bei uns war. Außerdem denke ich du weißt sehr wohl, dass dieser Vergleich etwas hinkt. Denn die Hilflosigkeit eines Kindes wird begleitet von der berechtigten Hoffnung, dass es nur ein begrenzter Zeitraum ist, dass es sich nach vorne entwickelt.
Natürlich. Wer unterhält sich schon über sein Kleinkindalter. Und klar wächst man als Kind über diese Phase heraus. Aber deswegen hinkt der Vergleich doch nicht. Weil beides zum Leben gehört. Als Kind ist dieser Zeitraum der Hilflosigkeit begrenzt. Als Sterbender ist er es auch. Nur endet er mit dem Tod, nicht mit dem Erwachsenwerden.

Was unterscheidet diese beiden jeweils temporären Zustände? Bzw. was macht es so schlimm, wenn Opa Stefan in seiner letzten Phase das Gleiche tut wie Kleinkind Stefan früher? Ist diese Frage verständlich?

Zitat:
Für einen Menschen, der sein Leben lang der Fels der Familie war, bedeutet dieser Zustand der Hilflosigkeit (bei vielen jedenfalls) sehr wohl Würdeverlust für sich selbst.
Selbstverständlich. Für mich ist es eine grauenhafte Vorstellung, die grundlegendsten und intimsten Dinge irgendwann nicht mehr allein und selbständig verichten zu können. Das ging meiner Frau genauso. Weswegen sie hier auch öfter nachts allein mit aller Kabelage vom Infusionssystem auf den WC-Stuhl gegangen ist, statt mich vorher anzurufen. Aber: der Würdeverlust liegt doch in der Hilflosigkeit dieses Menschen - und zu einem Gutteil darin, wie mit einem so hilfebedürftigen Menschen umgegangen wird - nicht darin, dass darüber gesprochen wird. Weiss doch eh' jeder, dass es es häufig so ist.

Zitat:
Und ich bin sicher, dass mein Mann dich nicht daran hätte teilhaben lassen wollen.
Die Bemerkung ist dumm, die hättest du dir sparen können. Ich will weder am Sterbeprozess von anderen Menschen als meiner Frau teilnehmen, noch lechze ich danach, möglichst viele solcher Berichte von Angehörigen zu lesen. Darum ging es auch gar nicht. Es ging darum, dass du meinst, im Fall deines Mannes hätte es seine Würde verletzt, wenn du darüber geschrieben hättest. Hast du nicht, musst du auch nicht, völlig OK. Mir geht es um etwas anderes (zum x-ten mal): dass ich nicht verstehen kann, wieso das Sprechen über etwas, das völlig normal ist und zum Leben gehört, posthum die "Würde" desjenigen verletzen kann, der aus dem Leben geschieden ist.

Und in dem Zusammenhang ist mir nach wie vor suspekt, wenn Hinterbliebene posthum die Würde des Verblichenen bemühen, um ihr Handeln / über etwas Sprechen (oder eben nicht) zu rechtfertigen. Sicher hat es die Würde meiner Frau verletzt, dass sie ihre letzten Tage gewindelt werden musste. Das war nun leider so. Aber es verletzt ihre Würde ganz sicher nicht, wenn darüber gesprochen wird, dass es ihr damit genau so ging wie hunderttausenden von Menschen in D in Pflegeheimen.

Diesen Begriff von Würde (= nicht über etwas zu sprechen, was andauernd passiert und völlig normal ist) verstehe ich nach wie vor nicht. Für mich ist es einfach infantil, Dinge zu tabuisieren, die im Leben halt nicht so schön sind.

Ich mach' die Augen zu, dann sieht mich keiner ?!?!

Viele Grüße,
Stefan
Mit Zitat antworten