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Alt 31.01.2009, 11:06
Thessa76 Thessa76 ist offline
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Standard AW: Unverständnis und Fragen....

Guten Morgen,

noch aus Stuttgart, ich fahre morgen nach Hause und bin dann fürs Erste mal dort, wenn es erforderlich wird.
Im Grunde gibt es keine wirklichen Neuigkeiten, meine Mama ist nicht erreichbar per Telefon, das drangehen hat sie bereits vor ein paar Tagen abgestellt, sondern sich bei mir gemeldet, wenn sie sprechen möchte. Das sind dann aber auch nur so 2-3 Minuten-Gespräche.

Gestern war meine Schwester auch nochmal bei der Oberärztin, die sie gefragt hat, ob man meiner Mutter sagen solle, dass sie -so hat sie es nicht gesagt, aber um abzukürzen schreibe ich es nun deutlich und weine dabei ganz furchtbar- dass sie ihre Dinge regeln soll.
Das ist ja das schlimme an der Sache: meine Mutter ist so positiv, so voller Pläne. Nicht, weil sie verwirrt ist, das ist sie gar nicht. Aber sie denkt wirklich, das wird wieder.
Meine Schwester sagte, das kann sie nicht alleine entscheiden, sondern will das im Geschwisterverbund tun. Ich denke noch darüber nach, vor allem auch in die Richtung: was könnte sie noch zu erledigen haben? Wen würde sie sehen wollen? Was ist noch unerledigt auf der Agenda?

Mir fällt nichts ein. Auf der anderen Seite die Überlegung: würde es sie vielleicht in ein psychisches Tief stürzen? Ich weiss es nicht. Wir entscheiden das morgen, mal sehen, ob es da was gibt, ohne dass man sich fühlt als wenn man über sie hinwegentscheidet.

Ganz schlimm war es, gestern mit meiner Omi zu sprechen. Eine Mutter soll nicht ihr Kind beerdigen müssen, das ist nicht richtig.

Am Montag gucke ich mir in Hannover ein Hospiz an, wobei ich mir momentan nicht sicher bin, dass sie nochmal aus dem Krankenhaus kommt.
Das ist ein ganz kleines Haus, eine Station mit 12 Zimmern, liebevolle Schwestern, Mama hat ein grosses Zimmer direkt im Wald, sie fühlt sich dort unglaublich wohl. Kein riesiges Klinikum, sondern eher ein Sanatorium.
Wenn ich mal an das Schlimmste gedacht habe, dann immer daran "nicht im Krankenhaus". Aber nun, es ist nicht schlimm. Die Familie fühlt sich wohl dort, ich kann das so annehmen. Es ist fast immer jemand da, wobei, da sie ja nur schläft, merkt sie das gar nicht so sehr.

wisst Ihr, ich habe mich immer gefragt, wie sich das anfühlt, in mir, wenn es mal ernst wird. Jetzt sind wir mittendrin und es ist wie in einer Seifenblase. Man kriegt nicht wirklich etwas mit, ab und an kommt es dann wieder ganz dicke, so wie im Moment.

Aber das einzige, was ich mir vom Herrgott wünsche, ist: eine gute Zeit. Mama hat ja null Schmerzen. Sie bekommt Hustenlöser ACC, Cortison und irgendwas gegen Blähungen. Das wars. Ach so, im Hustenschleim sind Bakterien, also noch ein Antibiotikum. Sie schläft und schläft und schläft.

Ganz natürlich und normal.

Ich möchte den Weg bis zu Ende mit ihr gehen und vor allem eines immer präsent halten: die Liebe, mit der sie uns erzogen hat und zu dem gemacht hat, was wir heute sind. Meine Mama ist eine vielgeliebte Frau. Ihr das zu zeigen, ist die wärmste Wärme, die wir ihr jetzt anbieten können. Wir lieben sie. Und trotzdem ist es der schlimmste Schmerz, den ich jemals erleiden musste. Die Angst ist übermächtig und wie es weitergeht.... das weiss der grosse Mann ganz oben. Auf den wir bauen.

Liebe Grüsse

Eure Thessa
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Meine Mutter, ED 03/08 Adenokarzinom nicht operabel; T4N3M0.
Chemokonzept: seit 03/08 Carboplatin/ Vinorelbine, Umstellung aufgrund von Versagen von Carboplatin auf Taxotere am 22.07.08. Letzte Chemo am 27.11.08 - nun watch and wait.
14.01.: Lunge fast tumorfrei, multiple Hirnmetastasen, 10 Ganzhirnbestrahlungen ab dem 22.01.
am 09.02.2009 in unseren Armen eingeschlafen
1946 - 2009
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